Das Porträt eines 35-jährigen Boxers, der noch einmal an seinen zehn Jahre zurückliegenden Gewinn der Deutschen Meisterschaft anknüpfen will, dabei trotz Rückschlägen unerschütterlich an sich selbst glaubt, hart trainiert und tatsächlich zum großen Kampf in die USA reist. Lakonisch erzählter Dokumentarfilm als aufmerksam gestaltetes Zustandsgemälde, das mit ausgesuchten Kameraeinstellungen und einer präzise strukturierten Erzählung überzeugt.
- Ab 14.
Comeback (2007)
Dokumentarfilm | Deutschland 2007 | 78 Minuten
Regie: Maximilian Plettau
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2007
- Produktionsfirma
- Loopfilm/BR/HFF
- Regie
- Maximilian Plettau
- Buch
- Maximilian Plettau
- Kamera
- Maximilian Plettau
- Musik
- Dominik Schauer
- Schnitt
- Jörg Adolph · Maximilian Plettau
- Länge
- 78 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
Heimkino
Diskussion
Jürgen ist ein alter Boxer. Obwohl erst 35, liegen seine goldenen Zeiten fast zehn Jahre zurück. Aber Jürgen „The Rock“ Hartenstein gibt nicht auf. Er träumt davon, an seinen Erfolg von 1998, den deutschen Meistertitel, anzuknüpfen – oder wenigstens wieder kämpfen zu dürfen. Regisseur Maximilian Plettau, Jahrgang 1973, legt mit „Comeback“ seinen Abschlussfilm an der Münchner Filmhochschule HFF vor. „Comeback“ ist das Porträt eines Verlierers, der trotzdem und unerschütterlich an sich selbst glaubt. Diese Diskrepanz macht einen wesentlichen Bestandteil vieler Boxerfilme aus – Sieger siegen zu sehen, ist einfach langweilig. Die Geschichte vom Jungen von der Straße, aus ärmlichen Verhältnissen, der sich ganz nach oben kämpft, schwingt immer mit in den Mythen, die die archaische Sportart aufladen. „Boxen ist ein komischer Sport, ehrlich,“ räsoniert Markus Kone einmal, Jürgens Trainer. Zwei lakonische Typen hat Plettau da gefunden, die beide nicht viele Worte machen. Der Regisseur und Kameramann versteht es, ihre Persönlichkeiten in Bildern einzufangen, er ist ein ausgezeichneter Zustandsmaler. 2008 wurde Plettau für seine „unprätentiöse Bildsprache“ der Deutsche Kamerapreis verliehen. Es gibt keine Interviews, keinen Kommentar aus dem Off; und doch erfährt man über die Bilder mehr übers Boxen und die damit verbundenen Hoffnungen, als es Interviews je hätten leisten können.
Am Anfang trainiert Jürgen in einem staubigen Münchner Speicher auf dem Gang vor den Holzverschlägen, fahles Licht fällt durch die Dachfenster. Später boxt er in schäbigen Hallen. Plettau misst in ruhigen Totalen das Umfeld aus. Bei der ärztlichen Untersuchung vor dem finalen Kampf in Amerika, auf den alles hinausläuft, sind an der Wand des spartanischen Raums viele Farbausbesserungen zu erkennen. Plettau hat keine Scheu, seinen Protagonisten zu inszenieren – in der Enge mancher Räume hätte es sonst zu statischen Einstellungen auch kaum kommen können. Die bewusste Ruhe in den Bildern, die ausgesuchten Einstellungen gehen mit der strukturierten Erzählung eine harmonische Verbindung ein. Immer wieder steht Jürgen in Telefonzellen und ruft in Amerika an, er will diesen einen, seinen ersten Profi-Kampf nach zwei Jahren ohne Manager, nach drei Jahren, in denen er nicht im Ring, sondern als Türsteher vor einem Club stand. „Here is Jürgen, the German boxer,“ stellt er sich in der Regel vor. Am Ende bekommt er tatsächlich die Zusage und fliegt mit Trainer Markus nach New York, sie nächtigen dort in einer Absteige mit Stockbetten, dem „American Dream Hostel“. Von dort geht es mit dem Bus nach Philadelphia, hier wird der Kampf gegen einen viel jüngeren afroamerikanischen Boxer stattfinden. Jürgens Comeback ist zum Greifen nah.
Deckung hoch, nach vorne gehen, aber das Denken dabei nicht vergessen; das ist im Wesentlichen alles, was Markus seinem Schützling mit auf den Weg in den Ring gibt. Ein Jahr lang hat Plettau die beiden begleitet, er ist mit Jürgen zu dessen Großmutter in die Pfalz gefahren, die ihrem Enkel erst mal erklärt, wie er die Wäsche sortieren muss. Er war dabei beim harten Training und schließlich beim entscheidenden Kampf in Amerika. Es ist dem Regisseur gelungen, dem schüchternen, zurückhaltenden Boxer sehr nahe zu kommen und diese Nähe auch zu vermitteln. Mittlerweile lebt Jürgen glücklich verheiratet in Philadelphia, erzählt Plettau im Presseheft. Der Regisseur und der Boxer mailen sich täglich.
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