Unsere Erde - Der Film

Dokumentarfilm | Großbritannien/Deutschland 2007 | 99 Minuten

Regie: Mark Linfield

Eine filmische Reise vom Nordpol gen Süden, bei der Schlaglichter auf die Artenvielfalt von Flora und Fauna geworfen und unterschiedliche Lebensräume vorgestellt werden. Dabei legt die Dokumentation, die u.a. mit eigens konstruierten Kameras fotografiert wurde, mehr Wert auf den visuellen Eindruck als auf detaillierte Sachinformation und verdichtet sich zum optisch beeindruckenden Naturfilm, der die Schönheiten der Erde feiert. - Sehenswert ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
EARTH
Produktionsland
Großbritannien/Deutschland
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Greenlight/BBC
Regie
Mark Linfield · Alastair Fothergill
Buch
Alastair Fothergill · Mark Linfield · Leslie Megahey
Kamera
Richard Brooks Burton · Andrew Shillabeer
Musik
George Fenton
Schnitt
Martin Elsbury
Länge
99 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
Genre
Dokumentarfilm | Tierfilm

Heimkino

Die Standardausgabe hat keine erwähnenswerten Extras. Special Edition (2 DVDs) und BD enthalten indes einen Audiokommentar mit Co-Regisseur Mark Linfield , ein ausführliches "Making Of" (59 Min.) und Interviews mit den Machern (67 Min.). Die BD bietet zusätzlich noch ein interessantes Bild-im-Bild Feature ("Entdecker-Modus") mit Hintergrundinformationen zu den gezeigten Tierarten. BD und Special Edition sind mit dem Silberling 2008 ausgezeichnet.

Verleih DVD
Universum (16:9, 1.78:1, DD5.1 engl./dt., dts dt.)
Verleih Blu-ray
Universum/UFA (16:9, 1.78:1, dts-HDMA engl./dt.)
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Diskussion
Unsere Erde wertzuschätzen, ist eine Voraussetzung dafür, dass man sich überhaupt für ihren Erhalt einsetzt. Der Film von Alastair Fothergill und Mark Linfield geht dabei den richtigen Weg: Er ist sinnlich, ungewöhnlich lustvoll im Vergleich zu anderen Filmen des ökologisch bewussten Genres, in denen dem Zuschauer alltägliche Zerstörungsmechanismen in einem voyeuristisch-schaudernden Blick vorgehalten werden. Über solchen Bildern schwebt ständig der moralische Zeigefinger. „Unsere Erde“ hingegen erwähnt den Klimawandel zunächst gar nicht. In einer eindringlichen Exposition schwebt man über der Erde, wird über die Rhythmik aus der Bewegung der Natur, der Montage und der elegischen Musik in das Fließen der Wolken im Gebirge, in das Streifen des Windes und in das flimmernde Aufscheinen der Sonne hineingezogen. Dazu erklärt die OffStimme – in der deutschen Fassung Ulrich Tukur –, dass vor fünf Milliarden Jahren ein Asteroid auf die Erde aufschlug, durch den dem blauen Planeten seine Ausrichtung zur Sonne verliehen und damit die klimatischen Bedingungen möglich wurden, sodass Jahreszeiten und Leben entstehen konnten. Der Film preist dieses Leben, indem er bei einer Reise vom Nord- zum Südpol den ewigen Kreislauf aus Geburt und Tod, das natürliche und zugleich fragile Wechselspiel aus Jägern und Gejagten zeigt. Leben heißt für Fothergill und Linfield vor allem das Beobachten von Tierkindern und ihren fürsorglichen Müttern. Für das „Knut-verwöhnte“ deutsche Publikum mag es da besonders ansprechend sein, dass das Symbol für das harte Überleben am Existenzminimum von einer Eisbären-Familie verkörpert wird. Der Film arbeitet hier über die Off-Stimme, die mehr Märchenerzähler als Biologielehrer ist. Sie erklärt das Verhalten der Tiere im menschlichen Kontext. Ausgehungerte Mütter und ihr beschwerlicher Weg zu besseren Jagdgründen bilden das Leitmotiv für die südwärts gewandte Reise: Es geht über die Taiga und Tundra, hinweg über tausende von Karibus, über Laubwälder mit fast ausgestorbenen Amur-Leoparden bis hin zum Äquator, wo ein Paradiesvogel mit einem Konkurrenten um die Wette balzt. Eine Elefantenherde zieht mit ihren Jungtieren durch die Kalahari-Wüste zum Okavango-Becken, wo es Wasser geben soll. Dabei kommt es zu einer der spannendsten Szenen des Films, wenn sich an einem Wasserloch Elefanten und Löwen Auge in Auge gegenüber stehen. Eine andere spektakuläre Sicht auf die Leistungen der Tiere – und zugleich eine atemberaubende Aufnahme der Unermesslichkeit der Natur – stellt die Episode am Himalaya dar, wo Kraniche versuchen, die höchste Gebirgskette der Welt zu überqueren. Von den Elefanten wird übergeleitet zu den Lebenskreisläufen im Meer, zu denen Regisseur Fothergill nicht zuletzt seit seinem Welterfolg „Deep Blue“ (fd 36 335) ein besonderes Verhältnis pflegt. Neuartige Technik ermöglichte es in diesem Film, einen weißen Hai in einer neuen, ungeahnten Präzision bei seinem räuberischen Sprung aus dem Wasser zu filmen. Die extreme Zeitlupe, in der auch schon die Geschwindigkeit eines Geparden gebannt wurde, entwickelt einen großen Sog. Die Reise endet wieder am Nordpol bei einem Eisbär, der trotz seines Überlebenskampfs verhungert ist. Erst hier wird der Film explizit aktionistisch. Indem er die tierischen Protagonisten ins Verhältnis zu dem aktuellen Wandel der Umwelt setzt, wird das Ausmaß des drohenden Verlustes anschaulich, sodass es selbst hart gesottene Betrachter treffen wird – wohl weniger wegen des Off-Texts, der die Tiere anthropomorphisiert; vielmehr sind es vor allem die Bilder, die intensive Form- und dynamische Raumwahrnehmungen schaffen. Vielleicht ist dies die effektivste Variante, über einen Film ökologisches Bewusstsein zu schaffen: indem man das sinnliche Potenzial der Natur mit jenem von filmischen Bildern kombiniert und daraus einen neuen Erfahrungsraum schafft.
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