Mach doch, was du willst - Elf Kurzfilme zum Wandel der Arbeit

- | Deutschland 2007 | ca. 95 Minuten

Regie: Karsten Wiesel

Elf Kurzfilme, die sich mit der Arbeitsmarkt-Situation in der Bundesrepublik Deutschland sowie der Befindlichkeit der Arbeitnehmer auseinandersetzen. Dabei reflektiert die spannende Zusammenstellung in mannigfaltigen Formen und Genres den Wandel der Arbeit in Deutschland und verdichtet sich zur erfrischend mutigen Analyse des Arbeitsmarkts in einem Land, dessen findige Bürger die desolaten Zustände nicht mehr nur erschreckt realisieren und bejammern, sondern mit einem lachenden und einem weinenden Auge in Eigenregie unterlaufen. - Titel der einzelnen Filme: 1. "Die Neue Zeit" (2 Min.); 2. "Mit Pferden kann man nicht ins Kino gehen" (10 Min.); 3. "Eine Schauspielerin versucht zu weinen" (3 Min.); 4. "Bus" (10 Min.); 5. "Deutschland - Ein Herbstmärchen" (17 Min.); 6. "Recycled Planets" (Schweiz 2007, 2 Min.); 6. "Wirtschaftswunder" (17 Min.); 8. "Peters Prinzip" (4 Min.); 9. "Waldmeister" (9 Min.); 10. "Outsourcing" (6 Min.); 11. "Wie ich freier Reisebegleiter wurde" (15 Min.) - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Kulturstiftung des Bundes/ZDF-ARTE/KurzFilmAgentur
Regie
Karsten Wiesel · Anna Wahle · Arne Bunk · Jens Schillmöller · Lale Nalpantoglu
Buch
Karsten Wiesel · Anna Wahle · Arne Bunk · Jens Schillmöller · Lale Nalpantoglu
Kamera
Andreas Köhler · Bettina Herzner · Steph Ketelhut · Jochen Hick · Christoph Manz
Musik
Pit Przygodda · Gerrit Lucas · Simon Glauser · Haifaboys · Philipp E. Kümpel
Schnitt
Oscar Loeser · Jan von Rimscha · Mary Mack · Benjamin Ikes · Jochen Hick
Darsteller
Julia Nachtmann · Michael Schreiner (Chef) · Elke Bludau (Anhalterin) · Ulrike Prager (Golf-Fahrerin) · Markus Mischkowski
Länge
ca. 95 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.

Diskussion
Wenn ein Staat seine Regisseure im Rahmen eines Wettbewerbs dazu auffordert, Drehbücher über ein Problemfeld einzureichen, das in den letzten Jahren viele Bürger zur Verzweiflung und an die Wahlurnen trieb, dann scheint es weder um den Gegenstand selbst noch um das bisherige politische Engagement der Kunstszene besonders gut zu stehen. Unter dem Arbeitstitel „Mach doch, was du willst“ rief die Kulturstiftung des Bundes gemeinsam mit ZDF/ARTE und der KurzFilmAgentur Hamburg 2006 besagten Wettbewerb ins Leben, der seinen Fokus auf den Wandel der Arbeit in Deutschland legen sollte. Herausgekommen ist eine faszinierende Zusammenstellung bundesdeutscher Befindlichkeiten aller Altersklassen – von den schon in zartem Alter furchtsam auf den Arbeitsmarkt schielenden Schülern in Anna Wahles „Mit Pferden kann man nicht ins Kino gehen“ bis hin zu den Bewohnern eines Altenheims im von Andreas Teuchert porträtierten „Wirtschaftswunder“. Ein spannendes Kurzfilm-Sammelsurium von semi-fiktionalen Dokumentationen, Animations- und Spielfilmen, deren Protagonisten allesamt versuchen, aus der misslichen Lage das Beste zu machen. Sie beginnen ihr Glück selbstständig anzupacken, suchen sich erfindungsreich Beschäftigungsnischen, anstatt desillusioniert auf der Couch zu hocken. So lassen Jens Schillmöller und Lale Nalpantoglu einen „Bus“ voller Guerilla-Arbeiter mit ihrem überstrotzenden Gestaltungswillen auf unfreiwillige Arbeitgeber los, denen die Butterstulle am Rastplatz mit Live-Musik, Kerzen und Gedeck ebenso versüßt wird, wie der Toilettenbesuch, der durch eine Fototapete und große Pflanzen ein völlig neues Freiheits-Flair bekommt. Ein Ansatz zur ästhetischen Weltverbesserung in bester, rabiater „Fight Club“-Manier (fd 33 963) – nur konstruktiver und selbstredend gegen Bezahlung. Auf Selbsthilfe sind auch die zwei überqualifizierten Ein-Euro-Jobber in „Waldmeister“ angewiesen, einer amüsanten Studie von Markus Mischkowski und Kai-Maria Steinkühler über die Sinnlosigkeit der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Als die beiden Arbeitslosen aufgrund ihrer geringen Effizienzquote beim Sammeln von nicht vorhandenem Müll zur Fall-Psychologin geschickt werden und diese ihnen wie zwei dummen Schuljungen erklärt, dass sie doch bitte ihren Müllwert erhöhen und ihre Freizeitquote senken sollten, beschließen sie, vor ihren Arbeitsstunden bereits entsorgten Müll wieder auf Wald und Wiesen zu verteilen – und kommen bei ihrer Leistungssteigerung den „illegal“ arbeitenden Pfandflaschensammlern in die Quere. Ausbeutung ohne angemessene Bezahlung muss auch Esther, die Mutter dreier Kinder, in einer schmucken Familienhaussiedlung erfahren. Beim gemütlichen Frühstück im Kreis der Lieben findet sie ein Schreiben vor, in dem ihr das bisherige Beschäftigungsverhältnis als Hausfrau und Mutter aufgekündigt wird – einstimmig vom Familienrat beschlossen. Um die Effizienz der Familienwirtschaft zu steigern, wird ihre Küche geschlossen, ihr Auto konfisziert und Esther selbst mit der kleinsten Tochter zur Schwiegermutter abgeschoben. Dreimal die Woche dürfe sie noch für Wäsche und Wischen auf Ein-Euro-Basis vorbeikommen, dann könne sie auch die Kinder sehen, sagt ihr Mann. Den witzigsten und ironischsten Beitrag liefert ein Animationsfilm. Kathrin Albers und Jim Lacy lassen ihre Knetfiguren erbaulich „Peters Prinzip“ frei nach dem kanadischen Soziologen Laurence Peter veranschaulichen. Hiernach neige jeder Beschäftigte dazu, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen, wobei besonders inkompetente Mitarbeiter immens begehrt sind – vor allem im höheren Management. So erstürmt ein Krokodil, das sich durch seine Zähne als Eintrittskartenlocher verdient gemacht hat, in einer Schwimmringfabrik die Karriereleiter bis in die Chefetage, um dort mit katastrophalen Folgen den unfähigsten seiner Untergebenen als Stellvertreter zu ernennen. Insgesamt erweist sich die Kurzfilmrolle als erfrischend mutige Analyse des Arbeitsmarkts in einem Land, dessen findige Bürger die desolaten Zustände nicht mehr nur erschreckt realisieren und bejammern, sondern mittlerweile ernüchtert mit einem lachenden und einem weinenden Auge in Eigenregie unterlaufen.
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