Dokumentation über die Erben der legendären Ballett-Truppe „Ballets Russes“ von Sergej Diaghilev, die von den 1930er- Jahren bis in die frühen 1960er-Jahre die Tradition des renommierten Ensembles fortsetzten und internationale Erfolge feierten. Anhand von Interviews mit ehemaligen Tänzerinnen und Tänzern, die trotz ihres mittlerweile hohen Alters durch ihre Lebensfreude und Grazie bestechen, und mittels Archivbildern werden subjektive Erinnerungen an ein faszinierendes Kapitel Ballettgeschichte lebendig.
- Ab 12.
Ballets Russes
Dokumentarfilm | USA 2005 | 123 Minuten
Regie: Dayna Goldfine
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Filmdaten
- Originaltitel
- BALLETS RUSSES
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2005
- Produktionsfirma
- Geller/Goldfine Prod.
- Regie
- Dayna Goldfine · Dan Geller
- Buch
- Dayna Goldfine · Dan Geller · Celeste Schaefer Snyder · Gary Weimberg
- Kamera
- Dan Geller
- Musik
- Todd Boekelheide · David Conte
- Schnitt
- Dan Geller
- Länge
- 123 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 12.
- Genre
- Dokumentarfilm | Tanzfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Diskussion
Mit den Ballets Russes verbinden Ballettfreunde wohl jene legendäre Truppe russischer Exilanten, die 1909 von dem Impresario Sergej Diaghilev ins Leben gerufen wurde und in den folgenden Jahren mit Stars wie Wazlaw Nijinski und Anna Pawlowa und in Zusammenarbeit mit Komponisten wie Satie oder Strawinsky und Künstlern wie Picasso, Macke oder Cocteau zur Speerspitze des modernen Tanzes avancierte: Bühnenbilder und Musik partizipierten an den Strömungen der europäischen Avantgarde, und die Choerografien (vor allem Nijinskis legendäre Arbeiten zu „Le sacre du printemps“ und „L’ apres-midi d'un faun“) bewegten sich weg vom traditionellen „danse d’ecole“ hin zu einer freieren, bisweilen abstrakteren Körpersprache. An dieser Tanz-Revolution sind die Dokumentaristen Dan Gellar und Dayna Goldfine jedoch nur am Rand interessiert: Ihr Film beschäftigt sich mit den Erben der 1929 aufgelösten Diaghilev-Truppe, die in den frühen 1930er-Jahren unter Leitung von René Blum und Colonel de Basil mit einigen der alten und vielen neuen, zunächst ebenfalls russisch-stämmigen Stars die internationalen Erfolge der Truppe als „Ballets Russes de Monte Carlo“ bis in die frühen 1960er-Jahre fortsetzten. Aufhänger ist ein Treffen ehemaliger Tänzerinnen und Tänzer der Truppe, das im Juni 2000 in New Orleans stattfand. Die Filmemacher filmten diese erste offizielle Reunion und führten im Vorhinein zahlreiche Interviews mit den ehemaligen Mitgliedern, von denen die meisten auch im hohen Alter noch auf die eine oder andere Weise ihrer Kunst verbunden sind und deren Agilität, Grazie und Lebensfreude manchen 20-Jährigen vor Neid erblassen lassen könnte.
Alicia Markova, Mia Slavenska, Nini Theilade, Natalie Krassovska, Yvonne Chouteau, Frederic Franklin, Marc Platt, George Zoritch und viele andere kommen zu Wort und tragen Facetten zu dem vielseitigen Gesamtbild bei: Erinnerungen an Erlebnisse und Anekdoten werden mit Archivmaterial von diversen Auftritten aus etwa drei Jahrzehnten sowie einem Off-Kommentar zu einem kurzweiligen Porträt kompiliert und mit Eindrücken vom gegenwärtigen Leben und Wirken der Protagonisten ergänzt. Auf eine Aufarbeitung und Einordnung der Arbeit der Truppe als Teil der (Ballett-)Geschichte des 20. Jahrhunderts wird dabei weitgehend verzichtet; im Vordergrund steht das persönliche Erleben: Triumphe und Animositäten, Eitelkeiten, Intrigen und Enthusiasmus sowie das alltägliche Leben zwischen Bühnen-Glamour und miesen Gagen. So ergibt sich eine spannende Zusammenschau bewegter Biografien eigenwilliger Künstler und der nicht minder wechselvollen Geschichte der Truppe, die sich 1938 aufgrund von Differenzen zwischen Colonel de Basil und dem Star-Choreografen Leonide Massine teilte, wobei Massines Truppe (deren Management Sergej Denham anvertraut wurde) den Namen „Ballets Russes de Monte Carlo“ übernahm.
Meist bleibt die Dokumentation ganz der Theaterwelt verhaftet; der Zusammenhang zum historischen Kontext bricht sich nur selten Bahn, etwa wenn berichtet wird, wie die konkurrierenden Ballets-Russes-Nachfolgetruppen wegen des Zweiten Weltkriegs ihre Zelte in Europa abbrachen und nach Übersee emigirierten oder wie das erste afroamerikanische Mitglied der einen Truppe, Raven Wilkinson, bei Auftritten im amerikanischen Süden gegen Übergriffe des Ku-Klux-Clans geschützt werden musste. Dabei bleiben zwar einige nicht ganz nachvollziehbare Lücken (warum wird unterschlagen, dass René Blum, immerhin ein Mitbegründer der neuen Ballets Russes, auch an der Massine-Denham-Truppe beteiligt war und 1942 in Auschwitz ums Leben kam?); trotzdem werden Ballettliebhaber die fast zweistündige Zeitreise in diese glanzvolle Ära der Tanzkunst in vollen Zügen genießen.
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