Wie aus dem Ei gepellt steht die neue Englischlehrerin vor ihren Schülern, die bislang vornehmlich gelernt haben, nicht allzu viel vom Leben zu erwarten. Es sind fast durchweg Jugendliche aus den armen Familien von Long Beach, und was ihnen an Hoffnung fehlt, scheint Erin Gruwell mit falschen Illusionen ausgleichen zu wollen. Im Kollegium wird ihr Enthusiasmus für den integrativen Ansatz der Schulbehörde bestenfalls belächelt und schlimmstenfalls als Verrat an den Kindern, die etwas lernen wollen, abgetan. Gruwells Vorgesetzte macht keinen Hehl daraus, dass sie weder Geld noch Mühe auf die hoffnungslosen Fälle verschwenden wird. Also nimmt die junge Pädagogin eine zweite und dritte Arbeit an, um Bücher, Hefte und sogar einen Ausflug aus eigener Tasche zu bezahlen. Nach und nach gewinnt sie das Vertrauen ihrer Schüler, streicht Homer und Shakespeare von der Tafel und setzt stattdessen die alltäglichen Ängste und Konflikte des Ghettolebens auf den Lehrplan. Sie zieht eine Linie quer durchs Klassenzimmer und lässt die Jugendlichen auf Zuruf in die Mitte treten: Auf wen bereits geschossen wurde, wer Verwandte und Freunde im Bandenkrieg verloren hat. So lernen die Jugendlichen, dass sie zwar durch Herkunft und Hautfarbe verschieden sind, aber ähnliche Erfahrungen teilen.
Zu Beginn von „Freedom Writers“ mag sich Erin Gruwell wie eine Ein-Frau-UN-Mission vorkommen, wenn sich die Gegensätze der amerikanischen Gesellschaft eins zu eins in ihrem Klassenzimmer abbilden. Die Schüler verteilen sich wie auf einer Weltkarte im Raum, und die einzige Brücke zwischen den Kontinenten ist das täglich gepflegte Vorurteil. Am Ende hat sie die feindseligen Gruppen mit Hilfe des Tagebuchs der Anne Frank zu einer großen Familie geformt, die selbst zum Stift greift, um ihre „Kriegserlebnisse“ zu dokumentieren. Diesen Weg aus der Misere erzählt der Autor und Regisseur Richard LaGravenese mit gebührendem Respekt vor dem realen Vorbild seines Films, vor allem aber mit einem Gespür für die richtige Dosis erzählerischen Pathos'. Schließlich gehört „Freedom Writers“ zu jener Sorte Kino, in dem man gemeinhin Hollywoods schlechtes Gewissen pochen hört. Statt überlebensgroßer Helden schiebt die Traumfabrik gewöhnliche Menschen ins Rampenlicht, um durch ihren Mut ein anspornendes Beispiel zu geben. Das kann dann leicht in Sozialkitsch enden, weil der gute Wille jedes ästhetische Feingefühl beiseite schiebt und sich die Wirklichkeit mit jeder Drehbuchfassung den Genrekonventionen weiter angleicht. Ganz ist man davor auch in „Freedom Writers“ nicht gefeit. Wenn LaGravenese die Ehe der Protagonistin auf dem Altar der guten Tat opfert oder zwei Schülerinnen über einen Mordprozess zusammenfinden lässt, dann gibt er etwas zu leicht dem Zwang zur wohlfeilen Dramatisierung nach. Insgesamt gehört sein Film jedoch zu den gelungenen Werken dieses inoffiziellen Genres: Hilary Swank trifft als Lehrerin genau die Mitte zwischen Idealismus und Bodenständigkeit, und LaGravenese tut zum Glück gar nicht erst so, als hätte er das pädagogische Patentrezept gegen die Gewalt an amerikanischen Schulen entdeckt. Eines wird in seinem Film aber auf bewundernswerte Weise deutlich: Ohne persönliches Engagement und eine Perspektive für die Jugend wird man das Problem nicht in den Griff bekommen.