Ein zurückgezogen lebender deutscher Diplomat in Georgien nimmt sich eines zwölfjährigen Mädchens an, das ihn bestehlen wollte. Schon bald erweckt er das Misstrauen seiner Umwelt, die glaubt, ihn nun als Pädophilen einordnen zu müssen. Das Drama um die Annäherung zweier einsamer Menschen lässt trotz der versierten Kameraarbeit eine überzeugende Umsetzung der Geschichte vermissen. Ganz auf den vorzüglichen Hauptdarsteller zugeschnitten, krankt der Film an der plakativen Zeichnung des Umfelds.
- Ab 16.
Der Mann von der Botschaft
- | Deutschland/Georgien 2006 | 100 Minuten
Regie: Dito Tsintsadze
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland/Georgien
- Produktionsjahr
- 2006
- Produktionsfirma
- Tatfilm/Sanguko Films/ZDF/arte
- Regie
- Dito Tsintsadze
- Buch
- Dito Tsintsadze · Zaza Rusadze
- Kamera
- Benedict Neuenfels
- Schnitt
- Katja Dringenberg
- Darsteller
- Burghart Klaußner (Herbert Neumann) · Lika Martinova (Sashka) · Marika Giorgobiani (Nana) · Irm Hermann (Frau Speck) · Roland Schäfer (Botschafter)
- Länge
- 100 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 16; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Veröffentlicht am
14.11.2007 - 16:02:57
Diskussion
Ein Film, der eigentlich nur einen Hauptdarsteller hat, braucht zwangsläufig einen Schauspieler, der fähig ist, diese gewichtige Rolle zu tragen und mit vielen Facetten auszufüllen. Mit Burghart Klaußner hat der georgische Regisseur Dito Tsintsadze einen solchen Schauspieler gewonnen: einen, der dazu fähig ist, Nebenrollen so mit Leben zu füllen, dass er oft sogar die Hauptdarsteller in den Hintergrund drängt. Seine Spezialität ist der Rollentyp des eigentlich sicher im Leben verankerten Mannes. Ob als reicher Geschäftsmann in „Die fetten Jahre sind vorbei“ (fd 36 796) oder als liebevoller, aber hilfloser Vater in „Requiem“ (fd 37 501): Klaußner ist dazu in der Lage, seinen Rollen Standhaftigkeit, aber auch Unschuld und Nachdenklichkeit – manche nennen das Melancholie – beizumischen. In „Der Mann von der Botschaft“ führt er als Herbert Neumann, deutscher Diplomat und Referent für entwicklungspolitische Zusammenarbeit in Georgiens Hauptstadt Tbilissi, ein einsames und monotones Leben. Einen wirklichen Zugang zu den Menschen in diesem Land findet er mit seiner zurückhaltenden Art genauso wenig, wie die Georgier mit seinen deutschen Manieren etwas anfangen können. Einen sexuellen Bestechungsversuch lehnt er rundheraus ab. Auch das gemeinsame Trinken mit Geschäftsleuten und Politikern ist nichts für ihn. Seine Einsamkeit vertreibt er sich mit Computerspielen und einer Affäre mit einer Botschaftsangestellten.
Die von Kameramann Benedict Neuenfels spröde eingefangenen Bilder der Stadt und des Landes erscheinen trist und beinahe hoffnungslos, als wäre dies kein Ort zum Leben. Diese Hoffnungslosigkeit liegt auch in dem Charakter des kleinen Mädchens Sashka. Zunächst bestiehlt es den Diplomaten. Der fängt die Kleine und übergibt sie der Polizei – um sie dann wieder aus der Hand der Polizei zu befreien. Dies ist der Beginn einer ungewöhnlichen Freundschaft. Der einsame Diplomat nimmt Sashka mit in seine teure, übergroße Wohnung. Er gibt dem in einem Lager nahe der Stadt lebenden Flüchtlingskind zu essen und zu trinken – und seit langem scheint etwas wie Freude in sein Leben zu kommen. Die Freundschaft zwischen dem älteren Mann und dem 12-jährigen Mädchen weckt allerdings schon bald das Misstrauen der Umgebung, und das geradlinige Leben gerät aus der Spur. Heimat, Unwohlsein und Verlorenheit in der Fremde sind die einen Themen dieses Films – zentrale Elemente sind aber auch Misstrauen und Intoleranz. In beidem zeigt sich die Unvollkommenheit der Menschen: Selbstverständlich ist der schon immer etwas sonderbare Diplomat ein gefundenes Fressen für Unterstellungen – jetzt kann man ihn endlich einordnen; so einer ist er also.
So sehr sich Regisseur Tsintsadze auf die Ausgestaltung der stark angelegten Hauptrolle konzentriert, vernachlässigt er die Bildsprache in seinem Film. Zwar hat er mit Neuenfels einen versierten Kameramann an seiner Seite, vermag aber trotzdem auf visueller Ebene keine Akzente zu setzen. Das einfache, spröde Abfilmen, auch um die Monotonie und Einsamkeit hervorzuheben, reicht nicht, um weitere Deutungsebenen zu integrieren oder die Geschehnisse plastischer zu machen. Die Chance, mit der Kamera einen notwendigen technischen Nebendarsteller einzubauen, auch um die Hauptfigur etwas zu entlasten, wurde vergeben. So ist der Film ein einziger Glanzauftritt von Burghart Klaußner – mit einer manches Mal leider zu plakativen Zeichnung des Umfelds.
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