Zehn Kurzfilme zum Thema Fußball, die nicht das Spielgeschehen, sondern Randerscheinungen in den Mittelpunkt stellen bzw. die Perspektive des Beobachters umkehren. Die einzelnen Beiträge der Kurzfilmrolle fallen dabei recht disparat aus. In der Summe dennoch recht unterhaltsam. Interessant ist die Häufung religiöser Bezüge in dem ansonsten eher prosaischen Zusammenhang. Titel der Filme: 1. "Wir sind dir treu", 2. "Leben, Tod und Fußball (La Vie, la Mort & le Foot)", 3. "Bloody Footy", 4. "The Soccomatic", 5. "Der Geist von St. Pauli", 6. "La Barriera", 7. "Jamila", 8. "Indirekter Freistoß (Libre Indirecto)", 9. "Spielerfrauen", 10. "Höchststrafe (Maxima Pena)".
- Ab 12.
Kurzpässe
- | Deutschland/Schweiz/Belgien/Australien/Großbritannien/Italien/Niederlande/Spanien 1997-2005 | 85 Minuten
Regie: Michael Koch
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland/Schweiz/Belgien/Australien/Großbritannien/Italien/Niederlande/Spanien
- Produktionsjahr
- 1997-2005
- Regie
- Michael Koch · Sam Garbarski · Dean Chircop · Loyd Price · Christopher Sadler
- Länge
- 85 Minuten
- Kinostart
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- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 12.
- Externe Links
- IMDb
Diskussion
„Die Wahrheit liegt auf dem Platz“, hat der deutsche Europameister-Trainer der griechischen Fußballnationalmannschaft Otto Rehagel einmal gesagt. Ungeachtet dessen versuchen fußballinteressierte Filmemacher seit jeher das Gegenteil zu beweisen: Die eigentlichen Dramen ereignen sich abseits des Spielgeschehens. Davon gehen auch die Kurzfilmemacher aus, deren Beiträge zur „wichtigsten Nebensache der Welt“ die KurzFilmAgentur Hamburg im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft zu einer Fußball-Kurzfilmrolle zusammengestellt hat. Zehn Filmemacher aus acht Ländern kehren dem rollenden Ball konsequent und teilweise buchstäblich den Rücken zu.
Im Schweizer Beitrag „Wir sind dir treu“ richtet Michael Koch die Kamera während eines Erstligaspiels neun Minuten lang ausschließlich auf die Fans des FC Basel und ihren Megafon-„Vorsänger“. Das Off rückt so ins On, und der dramaturgische Hauptakt fällt aus dem Bildrahmen, schlägt sich aber indirekt im Spiegel der Gesichter nieder. Diese um 180 Grad verdrehte Perspektive, die sich von der Aktion ab- und der Reaktion zuwendet, ist konzeptionell originell, hat ihren strukturellen Reiz allerdings schnell aufgebraucht. Den Zuschauern beim Zuschauen zuzuschauen, erweist sich über neun Minuten als recht zähe Angelegenheit. Nach dem Prinzip des zurückgespiegelten Blicks funktioniert auch der deutsche Beitrag „Spielerfrauen“, in dem Martin Walz drei Ehefrauen von Bundesliga-Profis in ihrer Stammkneipe beobachtet, wie sie sich ein Spiel ihrer Männer im Fernsehen anschauen. Walz bedient das Klischee der dumm-eitlen Spielerfrauen auf dem mäßigen Niveau eines zu lang geratenen TV-Comedy-Sketchs. In „Höchststrafe“ verwandelt der spanische Regisseur Juanjo Giménez den Spielfeldrand in eine Theaterbühne, auf der ein Kreisligatrainer die Hauptrolle spielt, der lieber seine Mannschaft betreut als zur Beerdigung seines Vaters zu erscheinen. Neben solchen formalen Spielereien und eher verunglückten Fingerübungen finden sich kurzweilige, amüsante und hintergründige Filme. Im Dokumentarfilm „Jamila“ begleitet die niederländische Regisseurin Ingeborg Jansen ein 16-jähriges muslimisches Mädchen. Jamila trägt ihr Kopftuch auch auf dem Fußballplatz. Vorläufig hat sie gegen ihren Vater durchgesetzt, in Shorts spielen zu dürfen. „Jamila“ zeichnet ein spannendes, intimes Kulturdokument; der einzige Beitrag einer Frau, der auch deshalb aus dem Rahmen fällt, weil er nicht versucht, lustig zu sein. Komisch, aber auch tragisch geht es im australischen Kurzspielfilm „Bloody Footy“ zu. Vito, ein italienischer Einwanderer, will seine Fußballleidenschaft unbedingt mit seinem Sohn teilen. Mario aber begeistert sich mehr für Football als für Soccer. Der Generationen-Kulturkonflikt ist vorprogrammiert, glücklicherweise aber greift Jesus höchstpersönlich schlichtend ein. Eine religiöse Metaphorik deutet sich in mehreren Filmen an und bringt ironisch schmunzelnd zum Ausdruck, dass Fußball für Fans eben auch ein Glaubensbekenntnis darstellt. In „Leben, Tod und Fußball“ treffen sich zwei Rabbiner zum Fußballspielen im Himmel, und auch „Der Geist von St. Pauli“ ist ein Fan, dessen Fußballliebe den Tod überdauert.
Insgesamt fallen die Beiträge sowohl in ihrer Länge (zwischen zwei und 15 Minuten) her als auch mit Blick auf ihre Qualität höchst unterschiedlich aus. Neben eher schwerfälligen Experimenten findet man unterhaltsame, handwerklich überzeugende Filme. Ein Meisterwerk ist nicht darunter. Ob „The Soccamatic“, in dem Wallace seinen Hund Gromit knapp zwei Minuten lang mit einer automatischen Ballmaschine traktiert, höheren Ansprüchen genügt, muss offen bleiben: Auf der Sichtungs-DVD, die dieser Rezension zugrunde liegt, taucht der Film aus urheberrechtlichen Gründen nicht auf. Alles in allem will der Funke nicht so recht überspringen. Wer sich fragt, was Millionen Menschen wohl an einer Sportart finden, in der 22 Männer oder Frauen einem Ball hinterher jagen, wird das auch nach „Kurzpässe“ noch immer nicht begreifen.
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