Unter ihrem Fenster

- | Slowenien 2003 | 91 Minuten

Regie: Metod Pevec

Eine 30-jährige, allein lebende Tanzlehrerin fühlt sich von einem Verfolger bedroht, der in ihre Wohnung eindringt und sich als liebeskranker junger Mann entpuppt. Beide nähern sich jedoch an, wobei die Beziehung zur Emanzipation von bisherigen Bindungen, Zwängen und Regeln führt. Sympathisches Plädoyer für die Kraft der Liebe, das zunächst mit kriminalistischen Motiven spielt und sich dann zur leisen, bisweilen skurrilen Komödie fügt. Die finale Auflösung mindert allerdings den Charme des Films beträchtlich. (O.m.d.U.) - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
POD NJENIM OKNOM
Produktionsland
Slowenien
Produktionsjahr
2003
Produktionsfirma
E-motion
Regie
Metod Pevec
Buch
Metod Pevec
Musik
Aldo Kumar
Schnitt
Janez Bricelj
Darsteller
Polona Juh (Dusa) · Marjana Brecelj (Mutter Vanda) · Sasa Tabakovic · Robert Prebil (Boris) · Zlatko Sugman (Großvater)
Länge
91 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.

Diskussion
Die knapp 30-jährige Tanzlehrerin Dusa beobachtet ein altes Ehepaar, dessen zärtliche Umarmung sie zu Tränen rührt. Wieder einmal wird ihr der Zustand ihres eigenen Lebens bewusst: die auf Dauer eher unbefriedigende Liaison mit einem verheirateten Mann, der sich nicht scheiden lassen will; die ungestillte Sehnsucht nach einem Partner, der ganz für sie da ist; die Angst vor der Einsamkeit, die sie nur jenem Astrologen anvertraut, mit dem sie jeden Abend telefoniert. Dusas Mutter Vanda ist ihr nicht unbedingt ein leuchtendes Vorbild: Auch sie lebt allein und behilft sich aus sexuellen Nöten, indem sie jüngere Liebhaber anschleppt, was regelmäßig zu Verstimmungen führt. Aber es gibt auch einen konkreten Anlass, weshalb sich Dusa unwohl fühlt: Irgendwas stimmt nicht in ihrer Umgebung; jemand verfolgt und beobachtet sie, dringt in ihre Wohnung ein, hinterlässt sogar einen Rucksack mit Videokassetten, auf denen sie zu sehen ist – eine Konstellation, die von fern an Michael Hanekes etwa zeitgleich gedrehten Film „Caché“ (fd 37 433) erinnert. Regisseur Metod Pevec nutzt einschlägige Spannungselemente, um seine Geschichte in Gang zu bringen. Nicht nur in Dusas Wohnung wird eingebrochen, sondern auch in das Tanzstudio, in dem sie arbeitet. Begleitet von bedrohlicher Musik, traut sich Dusa daheim kaum, die Tür zu öffnen; ihr Blick ins Waschbecken, der Kameraschwenk in den Ausguss suggeriert, dass jeden Moment Blut aus der Tiefe schießen könnte. Andere Momente zu Beginn des Films, etwa die Königscobra, die ihr von einer Indienreise kommender Vater per Paket anliefern lässt, deuten hingegen eher eine skurrile Komödie an, die der Film dann tatsächlich zelebriert. Der Fremde, der sie verfolgt, erweist sich als schüchterner junger Mann. Irgendwann erzählt er ihr, dass er als Kind vermeintlich seine Eltern im Bett filmte, die Frau sich aber als Geliebte des Vaters herausstellte und der Sohn daraufhin zu einem Psychologen abgeschoben wurde. Inzwischen interessiert sich der Vater, ein emeritierter Professor, nur noch für die slowenische Vogelwelt, ist auf der Suche nach dem Moorhuhn und hat darüber fast vergessen, dass der Sohn längst ein Eigenleben führt. Pevec skizziert die Annäherung der beiden Protagonisten, ihre Emanzipation von alten Zwängen und Verstrickungen mit vorwiegend leisen, dezent melancholischen Tönen. Dabei fällt die Wandlung Dusas, die dem Fremden zunächst vollkommen ablehnend gegenüber steht, naturgemäß heftiger aus. Schon als sie den liebeskranken und schwer betrunkenen Jungen, der in ihrem Flur eingeschlafen ist, mit einer Decke umhüllt, beginnt ihr Zorn zu verfliegen; der Glaube an die Kraft der Liebe, den sie längst verloren wähnte, kehrt nach und nach zurück. Die Nachricht, dass sie von ihrem verheirateten Freund schwanger ist, unterstützt Dusas Selbstfindungsprozess: Wenn dieser sich nicht für sie entscheiden kann, muss sie sich eben von ihm trennen. Dass „Unter ihrem Fenster“ solche dramaturgischen Treibmittel bemüht, die außerhalb der eigentlichen Liebesgeschichte liegen, ist legitim. Negativ fällt hingegen ins Gewicht, dass Pevec am Schluss alle Handlungsfäden fein säuberlich aufdröselt, keine Lücke und kein Geheimnis lässt und seinem Film mehr Bravheit auferlegt, als es nötig gewesen wäre. Polona Juh als Dusa spielt nachdenklich, mit leiser Trauer um Augen und Mund; sehr schön ist ihr nächtliches Tanzen im Ballettraum des Studios, das symbolische Balancieren auf dem weißen Strich vor dem Spiegel. Sasa Tabakovic als Junge blickt treuherzig wie ein Reh; seine Sensibilität wird noch dadurch unterstrichen, dass er in der Lage ist, auf dem Klavier sanfte Lieder zu spielen.
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