Jackie Chan hat die 50 bereits überschritten. Auch seine letzten Filme („Das Medaillon“, fd 36 190; „Shanghai Knights“, fd 36 280) deuteten darauf hin, dass der große Mann des Martial-Arts-Kinos müde geworden ist. Gerade deshalb ist „New Police Story“, der bis auf den Titel und den Hauptdarsteller nichts mehr mit den vergangenen „Police Story“-Teilen gemein hat, eine Überraschung: Denn solch ausgefeilte und sorgsam inszenierte Actionsequenzen, die fast gänzlich auf Computereffekte verzichten und die Kunstfertigkeit der Stuntmen in den Vordergrund stellen, sind nicht nur in Jackie Chans Kino zur Seltenheit geworden. Als wolle er wettmachen, was sein Publikum bei seinen amerikanischen Produktionen vermisste, turnt Chan umher, als wäre er noch Mitte 20: er seilt sich in einem atemberaubenden Stunt an einer Hochhauswand ab, agiert in flüssig und trickreich choreografierten Kampfszenen und auf einem Bus, der durch die Häuserschluchten der Millionenmetropole Hongkong rast. Die beeindruckenden Schauwerte lassen die banale Rachestory vergessen: Chan als der gute Hongkonger Polizist Wing verliert bei einem Einsatz neun Untergebene an ein Verbrecherquintett, das Banken ausraubt und dann die Polizei herbeiruft, um die verhassten Ordnungshüter abzuschlachten. Als gebrochener Trinker wird er ein Jahr später von einem jungen Mann in der Gosse aufgelesen, der ihn wieder in den Dienst holt, um das Quintett endlich dingfest zu machen und seine Truppe zu rächen.
Chan stand noch nie im Verdacht, ein guter Schauspieler zu sein, und so wirken die melodramatischen Szenen seines gesellschaftlichen Absturzes und vor allem die Rehabilitierungszeremonie am Schluss des Films (die Hongkonger Polizei steht Spalier, um ihren Helden zu feiern) in ihrer Überzeichnung fast komisch. Auch den Tätern kauft man ihre Motive nicht so richtig ab; sie entsprechen eher dem in Interviews geäußerten Misstrauen Chans in die Jugend: es sind verwöhnte Kinder reicher oder zumindest einflussreicher Eltern. Der Anführer der Bande ist der Sohn des Polizeichefs, der seinen Spross – wie eine Rückblende die Motivation des Polizistenmörders zu erklären versucht – bereits als Kleinkind quälte. Allesamt sind sie Anhänger extremer Sportarten und Fans von Computerspielen. Den Einsatz, bei dem Chan seine Truppe verlor, setzten sie als Internet-Spiel um; nur so kommen Chan und sein junger Kollege den Tätern auf die Schliche: vor Selbstbewusstsein strotzend, hat die Bande ihre zukünftigen Schritte ins Spiel eingebaut – in einem Internetcafé erspielt sich das Polizistenduo die Hinweise, die zur finalen Auseinandersetzung führen. Und siehe da: die Jugendlichen, die zuvor kichernd Polizisten mit Sturmgewehren ermordeten, erstarren vor Schreck beim Eintreffen ihrer Eltern.
Er wolle endlich ernsthaftere Rollen spielen, betonte Chan mehrfach, und so reduziert sich der Humor, den er sonst hauptsächlich in die Kampfsequenzen einfließen ließ, auf ein Minimum, ohne dass Chan seinem erklärten Ziel wirklich nahe kommen würde. Doch dass sich Jackie Chan hier wieder auf den Kern seiner artistischen Kunstfertigkeit konzentriert und nicht mehr als Stichwortgeber für mediokre Gags fungiert, macht „New Police Story“ zu einem eindrucksvollen Spektakel, dessen Geschichte nur dazu zu dienen scheint, die furiosen Actionsequenzen plausibel zu machen.