500 Nationen - Geschichte der Indianer

Dokumentarfilm | USA 1995 | 394 Minuten

Regie: Jack Leustig

Die achtteilige Doku-Serie fasst den Begriff "Indianer" weit: Indianer sind Azteken im Süden ebenso wie Eskimos im Norden und die nordamerikanischen Ureinwohner. Damit wird versucht, das Geschichtsbild der meisten Amerikaner zu korrigieren, das gewöhnlich mit Columbus bzw. der Ankunft der Pilger von der "Mayflower" einsetzt. Der Film weist darauf hin, dass schon vor Columbus Gemeinschaften mit hoch entwickelter Kultur bestanden. Dass die parteiliche Perspektive dieser Geschichtsbetrachtung allzu gern und oft zu Superlativen greift, scheint in der Logik derartiger Unternehmen zu liegen. Brisanz und Qualität der einzelnen Folgen sind unterschiedlich; insgesamt aber vermittelt die Serie durchaus neue Erkenntnisse, geht es doch um eine Geschichte, die in Amerika noch längst nicht abgeschlossen oder "bewältigt" ist. - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
500 NATIONS
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1995
Produktionsfirma
Tig Prod./Patway Prod./Santa Barbara Studios
Regie
Jack Leustig
Buch
Roberta Grossman · Jack Leustig · Lee Miller · W.T. Morgan · John Pohl
Musik
Peter Buffett
Schnitt
Rick Blue · Edgar Burcksen · Susan R. Crutcher
Länge
394 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Dokumentarfilm

Heimkino

Verleih DVD
Warner (FF, DD2.0 engl./dt.)
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Diskussion
Um Missverständnissen vorzubeugen: Die achtteilige Serie „500 Nations – Die Geschichte der Indianer“ befasst sich nicht mit der wirklichen Geschichte der Indianer im Gegensatz zu den Bildern, die uns das Kino über die Jahrzehnte hinweg von ihnen vermittelt hat. Ein solcher Vergleich wäre hochinteressant und aufschlussreich. Die von Kevin Costner co-produzierte Serie enthält jedoch kein einziges Filmzitat. Lediglich in der Moderation der siebten Folge „Besiedlung des Westens – Mord und Vertreibung“ erwähnt Costner einmal kurz die Filmindustrie, die sich thematisch fast ausschließlich auf das Schicksal der Indianer des nordamerikanischen Westens beschränkt habe. Die Serie fasst den Begriff „Indianer“ wesentlich weiter. Indianer sind hier die Azteken im Süden gleichermaßen wie die Eskimos im Norden und natürlich auch die nordamerikanischen Ureinwohner. Damit wird versucht, das Geschichtsbild der meisten Amerikaner zu korrigieren, ein Geschichtsbild, das gewöhnlich erst mit Columbus bzw. der Ankunft der Pilger von der „Mayflower“ einsetzt. „500 Nations“ reicht tiefer in die Vergangenheit zurück und weist darauf hin, dass schon vor Columbus Gemeinschaften mit einer hoch entwickelten Kultur bestanden haben. Dass die parteiliche Perspektive dieser Geschichtsbetrachtung allzu gern und allzu oft zu Superlativen greift, scheint in der Logik derartiger Unternehmen zu liegen. Erzählt wird allerdings wirklich eine andere Historie, zumindest wird der Verlauf der Geschichte aus einer anderen Perspektive betrachtet. So wird beispielsweise der Bürgerkrieg konsequent aus indianischer Sicht geschildert, wobei durchaus mit kräftigen Pinselstrichen gearbeitet wird: Die Christianisierung der Indianer durch puritanische Engländer erscheint beispielsweise als ein Vorgang, an dessen Ende die Ureinwohner vor der Alternative standen, „entweder beten oder erschossen zu werden“. Und die Internierungslager, in denen rebellische Indianer festgehalten werden, nennt man ohne Scheu Konzentrationslager. Die Brisanz der einzelnen Folgen ist unterschiedlich. Liegt es am Zuschauer, dass jene Teile, die sich mit den durch viele Filme relativ vertrauten Vorgängen im 19. Jahrhundert befassen, weitaus spannender sind als die Folgen, die vor Jahrhunderten spielen? Mag sein, dass hier auch die „Quellenlage“ weitaus günstiger war. Die Frühzeit wird durch einige wenige Bilder dokumentiert – begleitet von Aufnahmen menschenleerer Landschaften, die die Zoomkamera immer und immer wieder abschwenkt. Später dann ergänzen viele großartige Gemälde und schließlich bewegende Fotos die Bilder der Landschaften und die Aussagen der indianischen Nachkommen, die etwas einfallslos stets in derselben Kameraperspektive gefilmt wurden. Die ersten Folgen wirken vielleicht etwas langweilig, wie sie allzu schematisch-einfallslos gestaltet sind. Insgesamt vermittelt „500 Nations“ den Zuschauern jedoch durchaus neue Erkenntnisse. Denn natürlich geht es hier um eine Geschichte, die in Amerika noch längst nicht abgeschlossen oder „bewältigt“ ist. Auf Schritt und Tritt stößt der Besucher des Landes auf diese Geschichte. Auch in den USA gilt noch heute: „Misstraut den Grünanlagen!“. Die Indianer sind zum Gewissen Amerikas geworden. Am Ende der Serie heißt es dementsprechend, dass die Auswanderer und Pioniere einst auf der Suche nach Freiheit und Toleranz nach Nordamerika kamen. Sie fanden das Gesuchte, nahmen es aber denen, die dort in Freiheit und Toleranz gelebt hatten.
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