Tor zum Himmel (2003)

Liebesfilm | Deutschland 2003 | 92 Minuten

Regie: Veit Helmer

Eine junge Inderin, Putzhilfe auf dem Frankfurter Flughafen, träumt von einer Karriere als Stewardess; ein aus seiner Heimat geflohener Russe versteckt sich mit anderen Illegalen in den Katakomben des Flughafens und möchte gerne Pilot werden. Beide verlieben sich ineinander und setzen gegen alle Widerstände ihren Traum von einer gemeinsamen Zukunft durch. Unbekümmert fabulierende, betont naive Liebesgeschichte, die auf dem schmalen Grat von Wirklichkeitsbeschreibung und ihrer Übersteigerung durch Gesang, Tanz und skurril-absurde Einfälle eine "rebellische" Utopie formuliert. Trotz Schwächen in der dramaturgischen Ausbalancierung sowie der nivellierenden Synchronisation sympathische Unterhaltung. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2003
Produktionsfirma
Veit-Helmer-Filmprod./ZDF/arte
Regie
Veit Helmer
Buch
Gordan Mihic · Veit Helmer
Kamera
Joachim Jung
Musik
Robert Jäger · Salim & Sulaiman · Österberg & Söderberg · Johannes Koeniger · Schiller
Schnitt
Silke Botsch · Hansjörg Weissbrich
Darsteller
Masumi Makhija (Nisha) · Waleri Nikolajew (Alexej) · Anthony Okungbowa (Amadou) · Sotigui Kouyaté (Togo) · Miki Manojlovic (Dak)
Länge
92 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Liebesfilm
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
absolut Medien (1:2.35/16:9/Dolby Digital 5.1)
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Diskussion
Für die meisten ist ein großer internationaler Flughafen eine Art „Tor zur Welt“, ein aufregender Ort des Reisebeginns, des Aufbruchs und der (nicht immer nur) räumlichen Veränderung. Um das Funktionieren eines solch gigantischen Apparates zu gewährleisten, existiert hinter den Kulissen ein wahrer Dschungel aus labyrinthischen Röhren, Räumen und Netzwerken, das, von der Flugsicherheit bis zur Gepäckverladung, ein extremes Maß an Kontrolle und Logistik verlangt. Zugleich ist der Flughafen aber auch noch etwas anderes, was die eher dunkle Seite des Reisens und Grenzüberschreitens verdeutlicht: ein Hort für Gestrandete, Flüchtlinge und Asylsuchende, die in tristen Unterkünften auf die Erfüllung ihres Schicksals warten. Dies sind die ernüchternd realistischen Koordinaten im Netzwerk von Veit Helmers Film, der ansonsten von ganz anderen Stimmungen angetrieben wird: „Tor zum Himmel“ spinnt die Flughafenszenerie zu einem märchenhaften Ort aus, als Szenerie einer von Sehnsucht, Träumereien und dem lustvoll-naiven Spiel mit der Illusion geprägten Welt, wie sie sich allein im Kino zu konstituieren vermag. Klischees und Weltflucht verbinden sich zur „rebellischen“ Utopie, dass etwas, was man es sich wirklich wünscht, entgegen aller Wahrscheinlichkeit doch möglich wird.

Bei Helmer wird Kino zu einem Stück Traumfabrik zwischen Hollywood und Bollywood: unterschiedlichste Kulturkreise verbinden sich zur Liebesgeschichte zweier Menschen, die sich auf der „verborgenen Seite“ des Frankfurter Flughafens begegnen. Die junge Inderin Nisha arbeitet in der Putzkolonne des Flughafens und träumt davon, Stewardess zu werden. In ihrer Heimat wartet zudem ihr dreijähriger Sohn, den sie unbedingt nach Deutschland holen will. Heimlich stiehlt sich Nisha nächtens in abseits geparkte Flugzeuge, schlüpft in eine „geborgte“ Stewardessen- Uniform und spielt ihre ersehnte Rolle – so intensiv, dass die Illusion gelegentlich zur schönsten Gesangs- und Tanz-„Realität“ gerinnt. Gestört wird sie eines Nachts von Alexej, der auch einen großen Traum hat: er will Flugkapitän werden. Doch der Russe, der vor einem drohenden Einsatz im Tschetschenien- Krieg flüchtete, jobbt mit anderen Illegalen aus aller Herren Länder in der unterirdischen Gepäckverladestelle. So sind Nisha und Alexej nicht nur Seelen- und Schicksalsverwandte – bereits der erste Blick verdeutlicht, dass sie als Liebespaar für einander bestimmt sind. Angesichts der schnöden Wirklichkeit mit ihren Kontrollen und Gesetzen, ihrer (Geld-) Gier und den vielen Zwängen ist es nicht leicht, die Liebe von Nisha und Alexej zum Happy End zu geleiten – dazu bedarf es wahrlich herkulischer Drehbuchanstrengungen, vieler Abenteuer, Zufälle, Unwahrscheinlichkeiten und ein wenig schwarzer Magie, die in der Gestalt eines afrikanischen „Heilsbringers“ wirksam wird, der, entrückt glücklich und seltsam unbehelligt, durch alle Bereiche des Frankfurter Flughafens flaniert.

Bereits mit dem betörenden Beginn, dem Flug über atemberaubende schöne Wolkenformationen, gibt Helmer Lesart und Stimmung vor: Er hebt förmlich ab von der Realität, die er durchaus registriert, die er aber immer wieder mit viel Chuzpe in Frage stellt und mit „magischen“ narrativen Mitteln konterkariert. Wie in seinem ersten langen Kinofilm „Tuvalu“ (fd 34 315) kreiert er ein spezifisches „Niemandsland“ als Heimstatt entwurzelter und bedrohter Menschen, die mit der utopischen Kraft ihrer Träume, aber ebenso mit Mut und Liebe alle Willfährnisse überwinden. Das ist eine durchweg sympathische, in vielen Details sogar bezaubernde Erzählweise, die im deutschen Kino so gut wie keine Tradition hat; indirekt karikiert Helmer gelegentlich sogar gängige Formen des politischen Betroffenheitskinos deutscher Provenienz, etwa wenn er Hanns Zischler als selbstgefälligen Einwanderungsbeamten Gesetze deklamieren lässt. Diejenigen, die ein wenig ins indische Bollywood- Kino geschnuppert haben, und Kino prinzipiell ohnehin als einen schillernden Ort des Illusionären akzeptieren, werden Helmers Gratwanderung nachvollziehen; zugleich werden sie aber wohl auch bedauernd zur Kenntnis nehmen, dass der Film die ganz große – und letztlich entscheidende – erzählerische Kraft für eine solche Kino-Utopie nicht aufbringt. Gerade in der rhythmischen Ausbalancierung hakt es mitunter, und die Dichte der Erzählung verpufft mehrfach im etwas zu hektischen Wechsel zwischen Action, Liebe, Dramatik und Komödie. Auch angesichts der arg steifen, die unterschiedlichen Sprachen der Protagonisten unangenehm glättenden und nivellierenden Synchronisation spürt man, dass Helmer womöglich zur Hälfte seines eigentlich sympathischen, unbekümmert-visionären Spiels mit Schein und Sein stehen bleibt.

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