Warten auf das Glück
Drama | Mauretanien/Frankreich 2001 | 90 Minuten
Regie: Abderrahmane Sissako
Filmdaten
- Originaltitel
- EN ATTENDANT LE BONHEUR | HEREMAKONO
- Produktionsland
- Mauretanien/Frankreich
- Produktionsjahr
- 2001
- Produktionsfirma
- Duo Films/Arte France Cinéma
- Regie
- Abderrahmane Sissako
- Buch
- Abderrahmane Sissako
- Kamera
- Jacques Bessé
- Musik
- Oumou Sangaré
- Schnitt
- Nadia Ben Rachid
- Darsteller
- Khatra Ould Abdel Kader (Khatra) · Maata Ould Mohamed Abeid (Maata) · Mohamed Mahmoud Ould Mohamed (Abdallah) · Nana Diakité (Nana) · Fatimetou Mint Ahmeda (Soukenya)
- Länge
- 90 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 16.
- Genre
- Drama
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Das Taxi bringt einen jungen Mann in eine kleine Hafenstadt, in der seine Mutter lebt. Dass die Stadt Nouadhibou heißt und der Mann Abdallah, ist wie viele andere Details nur der Originalfassung oder zusätzlichen Informationen zu entnehmen, ohne dass dies weiter ins Gewicht fallen würde. Abdallah will nach Europa, in der Ferne sieht man ab und zu die diffusen Umrisse gewaltiger Containerschiffe. Bis er seine Papiere zusammen hat, wohnt er bei seiner Mutter. Da er jedoch den lokalen Dialekt nicht versteht, liegt er meistens in ihrer Hütte oder steht wortlos vor der Tür. Das Mädchen nebenan hat es ihm dabei offensichtlich angetan; fast eifersüchtig registriert er die Schuhe vor seinem Eingang und bleibt manchmal wie angewurzelt stehen, wenn er unterwegs das eine oder andere Paar wiedererkennt. Unter den zahlreichen beiläufig eingeführten Figuren dieses kleinen Kosmos ragt der Knabe Kharta heraus, der den alten Maata begleitet und von ihm das Handwerk des Elektrikers lernt. Kharta redet und singt den ganzen Tag, sehr zum Leidwesen von Maata, der am liebsten schweigend vor sich hinarbeitet oder wortkarg im Schatten sitzt und Tee trinkt. Dass Maata vom Weggehen nichts hält, braucht er nicht zu betonen, auch wenn die Welt, die aus den von ihm verlegten Stromkabeln kommt, eben jene Begehrlichkeiten erst weckt. Dass er das Radio nicht mehr wiederfindet, das er unter einem Strauch im Sand vergraben hat, ist wohl kein Zufall. Auch der Tote, den das Meer anspült, gemahnt an die meist scheiternden Hoffnungen, in den reichen Ländern im Norden Fuß zu fassen. Sein Leichnam erinnert Maata auch an eine andere, letzte Reise, die irgendwann jeder für sich allein antreten muss.
So sind der Tod und das Leben stets präsent in den träumerisch-realen Alltagsbeobachtungen, die ziel- und absichtslos aneinandergereiht zu sein scheinen, insgeheim aber über einen angemessenen Umgang mit der (Lebens-)Zeit meditieren. Der Gelassenheit des Alten, der um die Unverfügbarkeit der letzten Stunde weiß, ist der Duktus der Inszenierung bisweilen etwas zu sehr verpflichtet, obwohl der Film jedem Lebensalter sei nen eigenen Rhythmus zugesteht. Das Kommen und Gehen, Reisen und Verweilen, Träumen und Sehen, von dem der poetische Realismus des Films handelt, wird in seiner Radikalität wohl erst vor dem Hintergrund „moderner“ Zeit-Erfahrung verständlich, wobei die Gegenwart oft nur noch bloßer Transitraum für eine imaginäre Zukunft ist. Im Kontrast zu dieser Form von Selbstverlust formuliert „Warten auf das Glück“ weniger eine Kritik des Uneigentlichen als ein Lob auf den Reichtum des Gegenwärtigen: indem der Film die Farben zum Leuchten bringt, kleine Gesten und Momente zelebriert und selbst bescheidenen Verhältnissen eine Selbstverständlichkeit verleiht, die aus einfachen Dinge wertvolle Gegenstände macht. Für Abdallah stellt sich am Ende zwar nicht die Frage, ob er von seinen Plänen lassen soll, doch hat ihn (und den Zuschauer) der Zwischenstopp in Nouadhibou gelehrt, sich im Vorgriff auf künftiges Glück schon jetzt auf die Schönheit jener Orte einzulassen, die die jeweilige Gegenwart begrenzen.