Ein zehnjähriger Junge und seine drei Freunde sind Straßenkinder in den Slums von Casablanca. Sie schlagen sich gerade so durch, verlieren aber nicht die Hoffnung auf ein besseres Leben. Als der Junge bei einem Kampf mit einer Kinderbande getötet wird, unternehmen seine Freunde alles, um ihm wenigstens ein würdiges Begräbnis zu finanzieren. Ein mit Laiendarstellern mitreißend inszeniertes, trotz realistischer Tragik und Sozialkritik sehr poetisches und universelles Plädoyer für Menschlichkeit, Freundschaft und Hilfsbereitschaft, das zutiefst berührt. (O.m.d.U.)
- Sehenswert ab 14.
Ali Zaoua
- | Frankreich/Marokko/Belgien 2000 | 90 Minuten
Regie: Nabil Ayouch
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Filmdaten
- Originaltitel
- ALI ZAOUA
- Produktionsland
- Frankreich/Marokko/Belgien
- Produktionsjahr
- 2000
- Produktionsfirma
- Playtime
- Regie
- Nabil Ayouch
- Buch
- Nabil Ayouch · Nathalie Saugeon
- Kamera
- Vincent Mathias
- Musik
- Krishna Levy
- Schnitt
- Jean-Robert Thomann
- Darsteller
- Saïd Taghmaoui · Mounïm Kbab · Mustapha Hansali · Hicham Moussoune · Abdelhak Zhayra
- Länge
- 90 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
Als Ali Zaoua und seine Freunde von einem Fernsehteam gefragt werden, warum sie auf der Straße leben, sagt Ali, er habe mitanhören müssen, wie ein Organhändler seiner Mutter viel Geld für seine Augen bot, da sei er lieber weggelaufen. Ali bettelt, sammelt Flaschen ein, um Pfand zu kassieren, verkauft billige Kettchen und sitzt häufig mit seinen drei Freunden Leim schniefend in einer Ecke. Er läuft in zerrissenen Kleidern herum, ist schmutzig, aber voller Lebensmut und Träume. Er möchte gerne als Seemann auf Meer fahren, freundet sich mit einem Fischer an, dem er auf dem Boot hilft, und schwärmt von einer Insel mit zwei Sonnen. Da möchte er später mal leben. Doch die Realität sieht anders aus. Zwar ist Ali recht in den Slums von Casablanca beliebt, er lacht oft und schafft es immer irgendwie, etwas zu essen zu bekommen; aber die Jungs von Dibs Bande sind alle einen Kopf größer als Ali und sehr brutal. Sie machen Ali und seinen Freunden dass Leben schwer. Als es zum Streit kommt, weil Ali vor Dib keine Angst mehr hat und ihm nicht gehorcht, wirft einer von Dibs Getreuen einen Stein auf Ali, der ihn tötet.
Die zweite Hälfte des Films schildert, wie Alis Freunde versuchen, ihm ein ordentliches Begräbnis zu verschaffen. Wenn er schon lebte wie der letzte Dreck, dann soll er wenigstens ein Begräbnis wie ein Prinz haben, meinen sie. Sie verstecken seinen Leichnam in einem Loch im Hafen, bis sie das Geld zusammen haben, ihm einen Matrosenanzug zu kaufen und einen Mann, der Gebete für Ali spricht, bezahlen können. Immer wieder kommt den drei kleinen Jungen (einer von ihnen nennt sich „Winston“, wie die Zigaretten, die er verkauft) ihr Leben in Armut in die Quere. Der Junge, der den Mut fasst, zu Alis Mutter, einer Prostituierten, zu gehen, lässt sich erst von ihr zu essen geben und sich baden, bevor er erst beim zweiten Besuch erzählt, dass Ali tot ist. Am Ende können die Freunde tatsächlich Ali ein halbwegs würdiges Begräbnis auf See verschaffen, sogar eine Fahne mit einer Landschaft und zwei Sonnen haben sie aufgetrieben.
Ayouch beschönigt nichts, sein Casablanca ist eine Hafenstadt, die überall sein könnte, seine Geschichte von Ali ist ein universelles Plädoyer für Menschlichkeit. Aber Ayouchs Casablanca ist trotz des schäbigen Lebens zugleich eine Stadt voller morbider Schönheit, die sich in malerischen Kameraansichten zeigt, die nie aufgesetzt wirken und dafür sorgen, dass die Kinder nicht resignierend in die Zukunft blicken. Der 32-jährige Franco-Marokkaner Nabil Ayouch, ein gelernter Schauspieler, hat als Regieassistent in Paris und später als Regisseur von zahlreichen Werbespots, einigen Kurzfilmen und einem Spielfilm, dem gesellschaftskritischen Krimi „Mehtoub“ (1999) sein Metier gelernt und sich so sehr in seinen Film hineingekniet, dass er drei Jahre lang mit seinen kleinen Hauptdarstellern als eine Art Sozialarbeiter mit Filmkamera in Casablanca zusammenlebte, damit sie Vertrauen fassten. Das erklärt, warum die Laiendarsteller und die Straßenszenen so natürlich erscheinen – auch wenn manches in Hinblick auf große Vorbilder umgesetzt ist: So erinnern Dibs Bande und ihre Kämpfe an die Gangs aus der „West Side Story“ (fd 11 459). Aber selbst solche Elemente fügen sich nahtlos in die soziale Realität Marokkos ein, die facettenreich beschrieben wird. Die ungewöhnlich starke Freundschaft der vier Jungen gehört dazu, denn sie ersetzt die familiäre Bindung, die sie nicht (mehr) haben, aber auch die kleinen Freuden, wenn die Kinder sich am Leim oder an Alkohol berauschen, oder es genießen, wenn die Erwachsenen ihnen einmal etwas Gutes tun – so wie Alis Mutter, die es wohl doch bereut, dass sie sich nicht um den Sohn gekümmert hat und nun dessen Freund so liebevoll behandelt. Die kindgerechte Sprache, in jeder Beziehung überzeugende Kinderdarsteller und die Balance zwischen Tragik, Trauer und Optimismus machen „Ali Zaoua“, den Sieger des Filmfestivals Mannheim-Heidelberg im Jahr 2000, trotz eines gewissen Konservatismus zu einem der besten Kinderfilme der letzten Jahre.
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