Ich, die Unwürdigste von allen

Drama | Argentinien 1990 | 105 Minuten

Regie: Maria-Luisa Bemberg

Das Schicksal einer Ordensfrau, der Dichterin Juana Inés de la Cruz, im Mexiko des 17. Jahrhunderts. Ein gesellschafts- und kirchenkritischer, feministisch akzentuierter Film, der Fragen nach der Stellung der Frau und der Freiheit des Denkens in der katholischen Kirche stellt. In der Inszenierung konventionell und nicht ohne Klischees, aber in den Hauptrollen hervorragend gespielt. (O.m.d.U.; TV-Titel auch: "Ich, die Schlechteste von allen") - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
YO, LA PEOR DE TODAS
Produktionsland
Argentinien
Produktionsjahr
1990
Produktionsfirma
Gea
Regie
Maria-Luisa Bemberg
Buch
Maria-Luisa Bemberg · Antonio Larreta
Kamera
Félix Monti
Musik
Luis Maria Serra
Schnitt
Juan Carlos Macías
Darsteller
Assumpta Serna (Juana Inés de la Cruz) · Dominique Sanda (Maria Luisa) · Lautaro Murúa (Erzbischof) · Héctor Alterio (Vizekönig) · Franklin Caicedo (Bischof von Santa Cruz)
Länge
105 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama | Frauenfilm | Historienfilm | Literaturverfilmung
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
Die neu-spanische (mexikanische) Ordensdame Juana Inés de la Cruz (1651-1695) ist eine der faszinierendsten Frauengestalten der Neuzeit: sie zeichnet sich aus durch überragende Intelligenz, politische Klugheit sowie große Attraktivität, wie z. B. die Gemälde von Juan de Miranda oder Miguel Cabera zeigen. Bedeutsam für heute ist sie, die bereits zu ihren Lebzeiten als "Zehnte Muse Amerikas" bezeichnet wurde, als Dichterin des Barocks und als Frau, "die einer Männerkirche zum Dom im Auge wird", da sie auf einem autonomen weiblichen Lebensentwurf, der gesellschaftliche und kirchliche Rollenzuweisung negiert, besteht. Unter letzterem Aspekt besitzt der Film eine brisante Aktualität.

Dem Interpretationsansatz Octavio Paz' folgend, ihn aber noch einmal aus feministischer Perspektive akzentuierend, zeichnet Maria Luisa Bemberg Sor Juana als eine Frau, die kämpft, sie selbst sein zu dürfen: Dichterin, Intellektuelle und keinem Manne unterworfen. Ein Leben als Ordensfrau war das einzige damalige gesellschaftliche Arrangement, das ihr die Chance hierzu bot. Über 20 Jahre gelang es Sor Juana dank der Protektionen der Vize-Könige von Neuspanien und deren Frauen sowie von Prälaten und Literaten. Als sich ab 1692 die Machtverhältnisse zugunsten ihrer Feinde, allen voran der frauenfeindliche Erzbischof von Mexiko-City, Francisco Aguiar y Seijas, ändern, scheitert sie nicht nur, sondern wird auch zur völligen Selbsterniedrigung gezwungen.

M. L. Bemberg beherrscht die Kunst des präzis gesetzten knappen Hinweises und der dramaturgischen Konzentration auf das Wesentliche. Sie führt in die Handlung jeweils nur das ein, was eine Situation herbeiführt und prägt; anderes, was bereits gegeben, aber (noch) nicht handlungsbestimmend ist, bleibt (vorläufig) ausgeblendet und wird zu gegebener Zeit eingeführt. Ein Beispiel. Erst als auf Grund der veränderten Machtverhältnisse aus der latenten Bedrohung Sor Juanas eine akute geworden ist, erfährt der Zuschauer, daß der bereits lange vorgestellte Pater Nunez nicht nur theologischer Berater und langjähriger Beichtvater der Dichterin ist, sondern auch der Inquisition angehört. Die Reduktion von Komplexität bei Story und Personenzeichnung auf Einsicht vermittelnde Übersichtlichkeit korrespondiert mit der Kühle und Strenge in Bildgestaltung und - aurbau. Es sind schöne Bilder, mit kaltem klarem Licht, geometrischen Kompositionen aus Figuren und sparsamem Interieur, kenntnisreichen Zitaten aus der Malerei. Die Ausstattung des Bühnenbildners Voytec muß hervorgehoben werden, ebenso die Fotograne Felix Montis.

Die Rollen, besonders die weiblichen, sind hervorragend besetzt. Assumpta Serenas brillantes Spiel betont die Modernität an Sor Juana und somit deren Aktualität. In der Rolle der Vizekönigin Maria Luisa Manrique de Lara - in ihrer Lebenssituation die weltliche Schwester der Ordensdame - Dominique Sandra, in deren kontrolliertem Spiel deutlich wird, daß die tiefe Freundschaft zwischen Maria Luisa und Sor Juana mit ihren erotischen und auch sexuellen Komponenten nur platonisch in der Poesie konkret werden konnte.
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