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In Memoriam… 2023

Erinnerungen an prägende Filmschaffende, die 2023 gestorben sind

Veröffentlicht am
13. März 2024
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Zu den Übergangsritualen ins neue Jahr gehört auch der Rückblick auf verstorbene Filmschaffende. Das ist mehr als eine pflichtschuldige Übung, die an verdienstvolle Akteure erinnert und ihnen posthum Respekt zollt. Die kleinen Wort-Stelen halten vielmehr die bleibenden Verdienste der Künstlerinnen und Künstler fest, die sich auf ihre Weise ins Reich der bewegten Bilder eingeschrieben haben. Ohne die Kunst der berühmten oder weniger berühmten Zeitgenossen wären die Leinwände ärmer und kälter geblieben. Überdies öffnet das Andenken den Raum der Filmgeschichte, ohne deren Kontexte die neuesten Werke gar nicht denkbar wären.



Christine Laurent (29.3.1944-5.1.2023)

Die Pariserin war zuerst Bühnen- und Kostümbildnerin für Theater und Oper sowie für die Filme ihres Mannes René Allio, ehe sie 1977 mit der psychologischen Studie „A. Constant“ als Regisseurin debütierte. Bis 2012 inszenierte sie fünf weitere Spielfilme und schrieb von „Die Viererbande“ (1988) bis „36 vues du pic Saint-Loup“ (2009) an den Drehbüchern der Filme von Jacques Rivette mit.


Mike Hill (1949-5.1.2023)

Gemeinsam mit Dan Hanley verantwortete der US-amerikanische Editor die Montage von über 20 Filmen. Insbesondere Ron Howard setzte auf das eingespielte Duo, beginnend mit der Komödie „Night Shift“ (1982) über die „Oscar“-gekrönte Arbeit bei „Apollo 13“ (1995) und die Showmaster-/Ex-Präsident-Konfrontation „Frost/Nixon“ (2008) bis zum Rennfahrer-Drama „Rush“ (2013).


Owen Roizman (22.9.1936-6.1.2023)

Der US-amerikanische Kameramann fotografierte einige der denkwürdigsten Kinobilder der 1970er-Jahre. Von ihm stammten der harte Straßenrealismus und die Auto/Zug-Verfolgungsjagd in „French Connection“ (1971) ebenso wie der Besessenheitshorror in „Der Exorzist“ (1973) oder die scharfe Satire von „Network“ (1976). Daneben bewies er sein Können auch bei Komödien („Tootsie“), Thrillern („Fesseln der Macht“) oder Western („Wyatt Earp“).


Hans Donat (9.12.1928-8.1.2023)

Der Sohn eines Kino-Kassenwarts begründete als Mitarbeiter der Diözese Erfurt in den 1950er-Jahren die Katholische Filmarbeit in der DDR. Er rief die „Filmbesprechungen“ ins Leben, in denen von 1954 bis zur Wiedervereinigung das Kinoangebot in der DDR systematisch rezensiert wurde. Damit trug er maßgeblich dazu bei, dass sich auch in Ostdeutschland eine katholische Filmpublizistik entfaltete. Nach der Wende erarbeitete er Lexika zur DDR-Filmgeschichte.

Ein Nachruf auf Hans Donat findet sich hier.


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Jochen Schröder (11.2.1927-9.1.2023)

Sonor und ehrfurchtgebietend klang die Stimme des Schauspielers aus Sachsen-Anhalt, der in seinen zahlreichen Hörspiel- und Synchronarbeiten auch alle anderen Schattierung zwischen Sympathieträger und Fiesling beherrschte. Neben regelmäßigen Sprecherdiensten für James Cromwell und Robert Loggia prägte er sich als deutsche Stimme das von Ralph Waite gespielten Oberhaupts der „Waltons“ (1975-81) und als Mäusevater in „Feivel, der Mauswanderer“ (1986) ein.


Melinda Dillon (13.10.1939-9.1.2023)

Die US-Darstellerin kam über die Improvisationstheater-Schmiede Second City zum Theater, wo sie unter anderem in der Broadway-Uraufführung von „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ glänzte. Ende der 1970er-Jahre nahm ihre Filmkarriere Fahrt auf. Als Mutter eines von Aliens entführten Jungen in „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ (1977) und als zu einer Verzweiflungstat getriebenen Freundin eines Unternehmers in „Die Sensationsreporterin“ (1981) wurde sie jeweils für den „Oscar“ nominiert. Eindringlich war sie auch im kanadischen Weihnachtsklassiker „Fröhliche Weihnachten“ (1983) und als Ehefrau des todkranken Moderators in „Magnolia“ (1999).


Lothar Blumhagen (16.7.1927-10.1.2023)

Seine außergewöhnlich distinguierte Stimme prädestinierte den Leipziger für den Hörfunk und die Synchronarbeit, wo er fast 70 Jahre lang rege beschäftigt war. Seine Bandbreite reichte vom Roger-Moore-Aristokraten in der Krimireihe „Die 2“ (1970/71) über Erland Josephsons Dialogscharmützel in „Szenen einer Ehe“ (1973) und den überwiegend stimmlich präsenten Whistleblower in „Die Unbestechlichen“ (1976) bis zu den süffisanten bis anrührenden Altersrollen von Christopher Plummer.


Julian Sands (4.1.1958-13.1.2023)

Der britische Darsteller mit den blonden, oft schulterlangen Haaren und den hohen Wangenknochen war für Rollen als Dandy ebenso prädestiniert wie für sardonische Schurken. Obwohl er auch in romantischen Filmen wie „Zimmer mit Aussicht“ (1986) oder „Verliebt in Chopin“ (1991) gut aufgehoben war, schätzte er das Experimentelle und Grenzüberschreitende bei Regisseuren wie David Cronenberg, Ken Russell oder Mike Figgis.


Gina Lollobrigida (4.7.1927-16.1.2023)

In den 1950er-Jahren galt die Italienerin als „schönste Frau der Welt“, deren Reize in zahlreichen nationalen wie internationalen Filmen schlicht ausgestellt wurden, ohne sie darstellerisch zu fordern. In den volkstümlichen Komödien von Luigi Comencini wie „Liebe, Brot und Phantasie“ (1953) und der Zusammenarbeit mit Regisseuren wie Christian-Jaque („Fanfan der Husar“), Carol Reed („Trapez“) und Jean Delannoy („Der Glöckner von Notre-Dame“) bewährte sie sich jedoch auch neben Stars wie Burt Lancaster und Anthony Quinn.

Die "schönste Frau der Welt": Gina Lollobridgida (imago/tagesspiegel)
Die "schönste Frau der Welt": Gina Lollobridgida (© imago/tagesspiegel)

Simone Bär (1.5.1965-16.1.2023)

Die deutsche Casting-Direktorin stieß die Karrieren von Daniel Brühl, Sandra Hüller, Vicky Krieps und vielen anderen an und betreute intime Arbeiten wie von Christian Petzold und Hans-Christian Schmid mit dem gleichen Engagement wie Großprojekte („Babylon Berlin“, „Im Westen nichts Neues“). Auch bei ausländischen Produktionen, die in Deutschland gedreht wurden oder hier spielten, kam von Quentin Tarantino („Inglourious Basterds“) bis Todd Field („Tár“) und Jonathan Glazer („The Zone of Interest“) niemand an ihrem Sachverstand und ihrem Instinkt vorbei.


Edward R. Pressman (11.4.1943-17.1.2023)

Der US-Produzent war ein unabhängiger Geist, der unkonventionelle Filmemacher unterstützte, angefangen bei den frühen Werken von Brian De Palma und Terrence Malick bis zu Arbeiten von Oliver Stone, Kathryn Bigelow und Abel Ferrara. Aber auch Wagnisse mit aufwändigen Produktionen ging er ein, was sich mal auszahlte wie bei der Comic-Adaption „Conan der Barbar“ (1982), mal im Desaster endete wie beim pannengeplagten Dreh von „DNA – Die Insel des Dr. Moreau“ (1996).


Wolfgang Draeger (9.1.1928-23.1.2023)

Der Berliner Schauspieler war in eigener Gestalt im Kino nur in einigen Märchenfilmen der 1950er-Jahre zu sehen, doch hochpräsent war er als Synchronsprecher. Als deutsche Stimme von Woody Allen fand er einen unnachahmlichen Tonfall zwischen nervös und verschmitzt, für den ihm das „Original“ selbst höchstes Lob zollte. Daneben übernahm er viele weitere komische Rollen, war Stammsprecher des jungen Jean-Pierre Léaud sowie (in Neu-Synchronisationen) des energiegeladenen 1930er-/1940er-Stars James Cagney.


Sylvia Syms (1.6.1934-27.1.2023)

Von ihrem Debüt Mitte der 1950er-Jahre an war die britische Schauspielerin in ambitionierten Filmen zu sehen und brachte Intelligenz und komplexe Gefühlswelten in das realitätsnahe Drama „Die Frau im Morgenrock“ (1956), die Showgeschäft-Satire „Expresso Bongo“ (1959) oder als Ehefrau eines insgeheim Homosexuellen in „Der Teufelskreis“ (1962) ein. Später spielte sie Charakterrollen wie die Diplomatengattin in „Die Frucht des Tropenbaums“ (1974) und die Königinmutter in „Die Queen“ (2006).


Arnold Schulman (11.8.1925-4.2.2023)

Der US-Drehbuchautor fand über Theater und Fernsehen zum Film, wo er mit dem Melodram „Wild ist der Wind“ (1957) debütierte und mit der realitätsnahen Liebesgeschichte „Verliebt in einen Fremden“ (1963) und der für die damalige Zeit dialogisch freizügigen Komödie „Zum Teufel mit der Unschuld“ (1969) auf sich aufmerksam machte. Aus seinen späteren Arbeiten ragt die fesselnde AIDS-Chronik „… und das Leben geht weiter“ (1993) heraus.


Burt Bacharach (12.5.1928-8.2.2023)

Der amerikanische Pianist und Songwriter verfasste erfolgreiche Popsongs en masse und steuerte auch für Kinofilme Ohrwürmer bei, etwa die Titelsongs und Scores für „Was gibt’s Neues, Pussy?“ (1965) und „Arthur – Kein Kind von Traurigkeit“ (1981). Für „Arthur“ erhielt er ebenso einen „Oscar“ wie für die lebhafte Filmmusik des parodistischen Westerns „Zwei Banditen“ (1969) und dessen ikonischen Song „Raindrops Keep Fallin’ On My Head“.


Carlos Saura (4.1.1932-10.2.2023)

Der spanische Filmemacher zeichnete sich schon während der Franco-Zeit mit politischen Parabeln und skurrilen Attacken auf die Bourgeoisie wie „Die Jagd“ (1965) und „Garten der Lüste“ (1970) aus. Im demokratischen Spanien setzte er dies mit zurückgenommener Schärfe und mehr Bitternis in gefeierten Filmen wie „Züchte Raben“ (1976) und „Ay, Carmela“ (1990) fort. Außerdem trat er mit zahlreichen Werken um Künstler und Künste von Flamenco und Tango bis zu Malerei und Architektur hervor.

Der spanische Regisseur Carlos Saura verstarb am 10. Februar (imago/NurPhoto)
Der spanische Regisseur Carlos Saura verstarb am 10. Februar (© imago/NurPhoto)

Ein Nachruf auf Carlos Saura findet sich hier.


Hugh Hudson (25.8.1936-10.2.2023)

Wie viele britische Regisseure seiner Generation begann der Londoner mit Werbesports und TV-Dokumentationen. Sein Kinodebüt war das Historiendrama „Die Stunde des Siegers“ (1981) über zwei britische Leichtathleten der 1920er-Jahre. Der finanziell unerwartet einträgliche und mit vier „Oscars“ prämierte Film blieb sein größter Erfolg, auch wenn die Ambitionen der „ernsten“ Tarzan-Annäherung „Greystoke“ (1984) und des Kriegsepos „Revolution“ (1985) durchaus gewürdigt wurden.


Donald Spoto (28.6.1941-11.2.2023)

Der US-amerikanische Theologe und Cineast schrieb fast 30 Bücher, insbesondere Biografien. Neben dem Haus Windsor und religiösen Persönlichkeiten von Jesus bis Jeanne d’Arc galten diese vor allem Filmschaffenden wie Alfred Hitchcock, Marlene Dietrich, James Dean oder Grace Kelly und wurden vielfach zu Bestsellern und Referenzwerken.


Raquel Welch (5.9.1940-15.2.2023)

Die US-Amerikanerin wurde als heißblütige, verführerische Darstellerin mit knappen Outfits in Filmen wie „Die phantastische Reise“ und „Eine Million Jahre vor unserer Zeit“ (beide 1966) zum Sexsymbol. Ihre lateinamerikanischen Wurzeln verschafften ihr auch Rollen in Mexiko-Western wie „100 Gewehre“ (1968). Komisch gebrochen wurde ihr Image in den „Musketier“-Filmen von Richard Lester (1973/74). Nach dem Abflauen ihrer Popularität erschien sie unter anderem in „Natürlich blond“ (2001) in Gastrollen.


Michel Deville (13.4.1931-16.2.2023)

Der französische Regisseur etablierte sich in den 1960er-Jahren mit Unterhaltungsfilmen, die zuerst von der Realitätsnähe der Nouvelle Vague beeinflusst waren. Indem er kommerzieller und konventioneller wurde, verdarb er es sich kurzzeitig mit der Kritik, erfand sich dann aber neu mit intellektuell-packenden, formal eindrucksvollen Thrillern wie „Ohne Datenschutz“ (1978) und „Gefahr im Verzug“ (1984). Elegant und sinnlich setzte er Miou-Miou als „Die Vorleserin“ (1988) in Szene und schuf mit „Tagebuch eines Landarztes“ (1999) eine dokumentarisch genaue Milieustudie.


Nadja Tiller (16.3.1929-21.2.2023)

Die österreichische Schauspielerin arbeitete sich in den 1950er-Jahren aus den trivialen Unterhaltungsvorstellungen des BRD-Kinos zu anspruchsvolleren Aufgaben vor. Diese fand sie vom Familienmelodram „Die Barrings“ (1955) an vor allem bei Rolf Thiele, der ihr mit der Animierdame in „Das Mädchen Rosemarie“ (1958) auch ihre berühmteste Rolle verschaffte. Weniger in die Biederkeit gedrängt als andere Darstellerinnen der Zeit, spielte sie, oft neben ihrem Mann Walter Giller, selbstbewusste Frauen mit Ecken und Kanten. Ab den 1970er-Jahren reduzierte sich ihre Kinoarbeit auf Gastauftritte wie in „Der Sommer des Samurai“ (1985).


Birgit Hein (6.8.1942-23.2.2023)

Die Regisseurin bildete mit ihrem Mann Wilhelm eines der bedeutendsten Avantgarde-Filmemacher-Duos in Deutschland. Ihre ersten „Materialfilme“, die ab 1967 geschaffen und im eigenen Badezimmer entwickelt wurden, machten Köln zum Zentrum der modernen Kunst. Große Beachtung fanden auch ihre Werke für mehrere documenta-Ausgaben und die „Kali“-Filme (1987-88), die als aggressiv montierte Materialcollagen Horror- und Frauengefängnisfilme dekonstruierten.

Bedeutende Avantgarde-Filmemacherin: Birgi Hein (imago/gezett)
Bedeutende Avantgarde-Filmemacherin: Birgi Hein (© imago/gezett)

Ein Nachruf auf Birgit Hein findet sich hier.


Walter Mirisch (8.11.1921-24.2.2023)

Der unabhängige US-Produzent stieg mit B-Movies ins Filmgeschäft ein und gründete 1957 mit seinen älteren Brüdern Harold und Marvin die Produktionsfirma Mirisch Corporation. Als deren Leiter verantwortete er vor allem in den 1960er-Jahren zahlreiche erfolgreiche Filme, etwa von Billy Wilder und Blake Edwards sowie die drei „Oscar“-prämierten Werke „West Side Story“, „The Sound of Music“ und „In der Hitze der Nacht“.


Juraj Jakubisko (30.4.1938-24.2.2023)

Der slowakische Filmemacher schöpfte aus der Folklore wie aus den gesellschaftlichen Gegebenheiten seiner Zeit und dekonstruierte in frühen Filmen wie „Vögel, Waisen, Narren“ (1969) alte und neue Mythen seines Volkes in surrealen Bildfantasien. Die verschärfte Zensur der 1970er-Jahre verbot diese Werke und zwang den Regisseur in ideologiekonforme Dokumentarfilme, bevor er in den 1980er-Jahren mit märchenhaften Filmen wie „Die tausendjährige Biene“ (1983) und „Frau Holle“ (1984) eine Nische für seine Fantasie fand.


Gordon Pinsent (12.7.1930-25.2.2023)

In seiner Heimat Kanada erreichte der Schauspieler mit der sonoren Stimme ikonischen Status durch Dutzende eindrucksvolle Theater-, Fernseh- und Filmrollen, zumal er auch Bühnenstücke und Drehbücher schrieb und mehrfach selbst Regie führte. International wahrgenommen wurde er mit einigen Hollywood-Nebenrollen wie in „Thomas Crown ist nicht zu fassen“ (1967) und „Schiffsmeldungen“ (2001), vor allem aber mit seiner subtilen Interpretation eines Mannes, der hilflos die Alzheimer-Krankheit seiner Ehefrau erleben muss, in „An ihrer Seite“ (2006) von seiner Landsfrau Sarah Polley.


Ricou Browning (16.2.1930-27.2.2023)

Seine Fähigkeiten als Taucher und Rettungsschwimmer verschafften dem jungen Mann aus Florida die Rolle des Kiemenmanns im Horrorfilm „Der Schrecken vom Amazonas“ (1954) und dessen Fortsetzungen. Später wechselte er hinter die Kamera als Spezialist für Unterwasser-Sequenzen wie beim James-Bond-Abenteuer „Feuerball“ (1965) und lieferte die Idee für den beliebten Seriendelphin Flipper.


Tom Sizemore (29.11.1961-3.3.2023)

Der bullige Charakterdarsteller war in den 1990er-Jahren ein geschätzter Mann der zweiten Reihe bei prominenten Regisseuren wie Oliver Stone („Natural Born Killers“), Michael Mann („Heat“) und Steven Spielberg („Der Soldat James Ryan“). Gelegentlich spielte er auch Hauptrollen wie im Monsterfilm „Das Relikt“ (1997). Süchte und Probleme mit dem Gesetz bewirkten einen Karriereknick, der den Schauspieler zuletzt auf Miniauftritte in B-Filmen festlegte.


Heinz Baumann (12.2.1928-4.3.2023)

Der Oldenburger war ein populärer Fernsehdarsteller in Serien wie „Soko 5113“, „Ich heirate eine Familie“ und „Adelheid und ihre Mörder“. Zudem spielte er in dem Doku-Drama „Wehner – die unerzählte Geschichte“ (1993) den Politiker Herbert Wehner. Im Kino glänzte er als Bauunternehmer in „Das Spukschloß im Spessart“ (1960), in diversen Simmel-Verfilmungen und als Lehrer mit Sympathie für die 1968er-Generation inmitten eines verknöcherten Kollegiums in der Satire „Ich bin ein Elefant, Madame“ (1969).


Chaim Topol (9.9.1935-8.3.2023)

Der lebhafte israelische Schauspieler machte zuerst in Filmkomödien von Ephraim Kishon wie „Sallah“ (1964) auf sich aufmerksam und wurde rasch auch international besetzt. Nach dem Bühnen- und Filmerfolg als Milchmann Tevje in „Anatevka“ (1971) folgten Auftritte als Brechts „Galileo“ (1975), als Wissenschaftler in „Flash Gordon“ (1980) und als Schmuggler im James-Bond-Film „In tödlicher Mission“ (1981).


Bert I. Gordon (24.9.1922-8.3.2023)

Der US-amerikanische Regisseur war ein Spezialist für Science-Fiction- und Horror-Szenarios, die mit kostengünstigen Spezialeffekten um die Konfrontation von Menschen mit gigantischen Ameisen, Spinnen oder ähnlichem Getier kreisten. Außerdem drehte er auch Fantasy-Filme wie „Das Zauberschwert“ (1962) und den Amoklauf-Thriller „Aus der Hölle gespuckt“ (1973).


Robert Blake (18.9.1933-9.3.2023)

Der US-Schauspieler war in den 1940er-Jahren zuerst ein geschätzter Kinderdarsteller, bevor er nach einer Durststrecke auch als Erwachsener Erfolge feierte. In den Parts eines jungen Mörders in „Kaltblütig“ (1967) und als gehetzter US-Ureinwohner in „Blutige Spur“ (1969) verband er gewalttätige und sympathieheischende Elemente; in der Serie „Baretta“ (1975-78) wurde er als unkonventioneller Polizist zum Fernsehstar. Zuletzt erschien er als treffend benannter „Mystery Man“ in David Lynchs Rätselthriller „Lost Highway“ (1997).


Harry Belafonte (1.3.1927-25.3.2023)

Der US-Entertainer und Calypso-Sänger debütierte neben Dorothy Dandridge im „All-Black“-Musical „Carmen Jones“ (1954) frei nach Bizet, überzeugte aber bald auch als dramatischer Schauspieler, dessen Figuren sich im apokalyptischen Szenario von „Die Welt, das Fleisch und der Teufel“ (1958) wie im Thriller „Wenig Chancen für morgen“ (1959) gegen Rassismus behaupten mussten. Ähnlich setzte ihn auch Sidney Poitier in zwei seiner Regiearbeiten der 1970er-Jahre ein. Ein später Erfolg gelang ihm als „schwarzer Pate“ in dem Jazz-Zeitporträt „Kansas City“ (1997) von Robert Altman.


Ryûichi Sakamoto (17.1.1952-28.3.2023)

Der Japaner verband als Komponist die Musiktraditionen seines Kulturkreises mit westlichen Einflüssen, Klassik mit Jazz, eindringliche Melodik mit sperriger Atonalität. Unter seinen Werken finden sich viele Filmmusiken, vom ikonischen Thema zu „Merry Christmas, Mr. Lawrence“ (1983) und dem „Oscar“-gekrönten Soundtrack zu „Der letzte Kaiser“ (1987) bis zu Kooperationen mit Pedro Almodóvar und Takashi Miike.

Der japanische Komponist Ryuichi Sakamoto (imago/Italy Photo Press)
Der japanische Komponist Ryuichi Sakamoto (© imago/Italy Photo Press)

Ein Nachruf auf Ryuichi Sakamoto findet sich hier.


Elemér Ragályi (18.4.1939-30.3.2023)

Mit Handkamera und besonderer Aufmerksamkeit für die Lichtsetzung prägte der Kameramann den Look des ungarischen Kinos in den 1970er-Jahren, etwa in den Filmen von Márta Mészáros („Die Erbinnen“), Pál Sándor („Erinnerungen an Herkulesbad“) und János Rózsa („Sonntagseltern“). Ab Mitte der 1980er-Jahre arbeitete er auch international, etwa für den Schweizer Regisseur Xavier Koller („Reise der Hoffnung“), den Georgier George Ovashvili („Die Maisinsel“) und bei vielen US-Fernsehfilmen.


Johan Leysen (19.2.1950-30.3.2023)

In den Niederlanden und Belgien war der Flame mit dem kantigen Gesicht ein profilierter Theater- und Filmstar, der für viele ambitionierte Produktionen vom Weltkriegsdrama „Das Mädchen mit dem roten Haar“ (1981) bis zur Satire „Das brandneue Testament“ (2015) gebucht wurde. Auch französische Filmemacher schätzten den Mimen, der bei Jean-Luc Godard („Maria und Joseph“), Enki Bilal („Tykho Moon“) und François Ozon („Jung & schön“) zentrale Rollen übernahm.


Maria Sebaldt (26.4.1930-4.4.2023)

In der Unterhaltungsschmiede des bundesdeutschen Kinos in den 1950er-Jahren gab es für die Berliner Schauspielerin viele Rollen zwischen Musikfilmen („Der Zigeunerbaron“), Komödien („Die Zürcher Verlobung“), Satiren („Schütze Lieschen Müller“) und Krimis („Das schwarze Schaf“), wobei mitunter auch originellere Figuren wie als Gangsterin Virginia Peng in der Comic-Verfilmung „Nick Knattertons Abenteuer“ (1958) für sie abfielen. Populär blieb sie durch Fernsehserien wie „Die Wicherts von nebenan“.


Bill Butler (7.4.1921-5.4.2023)

Der US-amerikanische Kameramann verhalf Schlüsselwerken der 1970er-Jahre vom Paranoia-Thriller „Der Dialog“ (1974) bis zum frühen Blockbuster „Der weiße Hai“ (1975) zu ihrem besonderen Look, drehte aber auch unbeschwerte Kassenhits wie „Grease“ (1978) und „Ich glaub’, mich knutscht ein Elch!“ (1981). Auch im Fernsehen war er mit Arbeiten wie der Miniserie „Die Dornenvögel“ (1983) gut beschäftigt. 2009 zog er sich aus dem Filmgeschäft zurück.


Norman Reynolds (26.3.1934-6.4.2023)

Der britische Production-Designer hatte schon alle möglichen Formate in Fernsehen und Kino bedient, als er für die originale „Krieg der Sterne“-Trilogie (1977-83) angeheuert wurde und mit seinen Entwürfen für Yodas Planet Dagobah bis zum Ewok-Dorf das Aussehen der Filme entscheidend gestaltete. Auch bei anderen Großproduktionen leistete er Denkwürdiges wie beim „Indiana Jones“-Einstieg „Jäger des verlorenen Schatzes“ (1981), dem Kriegsdrama „Das Reich der Sonne“ (1987) und dem Gefängnisplaneten in „Alien 3“ (1992).


Michael Lerner (22.6.1941-8.4.2023)

Als der Louis B. Mayer nachempfundene Filmproduzent in „Barton Fink“ (1991) fand der Klein- und Fernsehdarsteller aus New York die Rolle seines Lebens, die mit einer „Oscar“-Nominierung geadelt wurde. Für die Coen-Brüder trat er in „A Serious Man“ (2009) nochmals vor die Kamera. Daneben fand er rege Beschäftigung in Filmen von John Sayles und Woody Allen bis zu Roland Emmerich und Jon Favreau.


Murray Melvin (10.8.1932-14.4.2023)

Der hochgewachsene britische Schauspieler erwarb in dem Drama „Bitterer Honig“ (1961) frühen Ruhm mit dem seinerzeit bahnbrechenden Part eines Homosexuellen, der sich mit einer schwangeren Minderjährigen anfreundet. Markante Nebenrollen spielte er als Polizist in „Der Gentleman-Zinker“ (1966), als Reverend in „Barry Lyndon“ (1975) und wiederholt in den Extravaganzen von Ken Russell.


Barbara Baum (7.5.1944-15.4.2023)

Die Kostümbildnerin erlebte ihre Bewährungsprobe beim Neuen Deutschen Film zuerst mit Peter Fleischmanns „Jagdszenen aus Niederbayern“ (1969) und dann vor allem in der Zusammenarbeit mit Rainer Werner Fassbinder von „Fontane Effi Briest“ (1975) über seine aufwändige „Berlin Alexanderplatz“-Adaption (1980) bis „Querelle“ (1982). Auch Heinrich Breloer, Volker Schlöndorff oder Bille August machten sich ihre Detailbesessenheit und Stilsicherheit zunutze.

Eine Würdigung von Barbara Baum findet sich hier.


Barry Humphries (17.2.1934-22.4.2023)

Der Australier erwarb nicht nur im englischen Sprachfilm Kultstatus durch seine schrille Travestie-Rolle der Dame Edna Everage, die er auf der Bühne, im Fernsehen und mehreren Filmen von den 1960er- bis in die 2010er-Jahre hinein verkörperte. Auch seinen Figuren des Durchschnittsaustraliers Barry McKenzie und des dauerbetrunkenen Politikers Sir Les Patterson verhalf er zu Leinwand-Ausflügen. Daneben hatte er Gastauftritte in diversen Rollen von Fürst Metternich in „Ludwig van B. – Meine unsterbliche Geliebte“ (1994) bis zur Dickens-Adaption „Nicholas Nickleby“ (2002).


Peter Lilienthal (27.11.1927-28.4.2023)

Der deutsche Regisseur wurde vor allem durch Spielfilme über lateinamerikanische Diktaturen wie „Es herrscht Ruhe im Land“ (1975), „Der Aufstand“ (1980) und „Das Autogramm“ (1984) bekannt, in denen er sich als mutig-radikaler Künstler präsentierte. In „Malatesta“ (1970) und „Dear Mr. Wonderful“ (1983) stellte er Figuren im Geist des Widerspruchs und der Skepsis in den Vordergrund. Mit „David“ (1978) schuf er einen der feinfühligsten deutschsprachigen Filme über den Holocaust.

Starb im Alter von 95 Jahren: Peter Lilienthal (imago/teutopress)
Starb im Alter von 95 Jahren: Peter Lilienthal (© imago/teutopress)

Ein Nachruf auf Peter Lilienthal findet sich hier.


Pema Tseden (3.12.1969-8.5.2023)

Der Filmemacher war eine Schlüsselfigur des tibetischen Kinos, indem er als erster vollständig in tibetischer Sprache drehte. Seine filmischen Grundthemen waren das Leben in Tibet und die tibetische Kultur, die er realitätsnah einfing, sowie der gesellschaftliche Wandel und Spannungen zwischen Tradition und Moderne. Von seinem Debüt „The Silent Holy Stones“ (2002) bis zu seinem letzten vollendeten Film „Xue Bao / Snow Leopard“ (2023) sensibilisierte er damit auch auf renommierten Festivals für das tibetische Kino.


Kenneth Anger (3.2.1927-11.5.2023)

Mit Filmen wie „Fireworks“ (1947), „Inauguration of the Pleasure Dome“ (1954) und „Scorpio Rising“ (1964) wurde der junge US-Regisseur zu einer der prägenden Figuren des filmischen Undergrounds. Auch seine späteren Experimentalfilme zielten darauf ab, das Publikum in Bann zu schlagen und gegen kommerzielle Schranken zu protestieren. Berühmt-berüchtigt wurde er auch durch sein Buch „Hollywood Babylon“ (1959), das unbekümmert Legenden und Verschwörungstheorien um die verruchte Traumfabrik ausbreitete.

Ein Nachruf auf Kenneth Anger findet sich hier.


Jim Brown (17.2.1936-18.5.2023)

Der ehemalige Football-Profi fand als Teil des Häftling-Ensembles im Kriegsfilm „Das dreckige Dutzend“ (1967) den Weg zum Film und machte sich einen Namen als erster afroamerikanischer Actionheld. Dank des aufkommenden Blaxploitation-Kinos rückte er in den 1970er-Jahren mehrfach ins Zentrum der Handlung; später übernahm er wieder Nebenrollen in Action- und Sportfilmen wie „Running Man“ (1987) und „An jedem verdammten Sonntag“ (1999).


Helmut Berger (29.5.1944-18.5.2023)

Der Österreicher wurde in den 1960er-Jahren von dem italienischen Regisseur Luchino Visconti entdeckt und in einer produktiven künstlerischen wie privaten Partnerschaft zum Star in dessen „Deutscher Trilogie“. Diese verhalf Berger zu Weltruhm und dem Ruf des „schönsten Manns der Welt“, legte ihn aber auch auf dekadente Rollen in zahlreichen schwächeren Filmen fest. Trotz seines skandalumwitterten Privatlebens bewahrte er sich aber eine Klasse, die in Dokumentarfilmen und Gastauftritten gewürdigt wurde.

Von Visconti entdeckt: Helmut Berger (imago/Independent Photo Agency)
Von Visconti entdeckt: Helmut Berger (© imago/Independent Photo Agency)

Ein Nachruf auf Helmut Berger findet sich hier.


Ray Stevenson (25.5.1964-22.5.2023)

Der wuchtige Nordire debütierte im Kino als Gigolo in „Vom Fliegen und anderen Träumen“ (1998), wurde dann aber vor allem als Krieger besetzt, sei es als Legionär in der Historienserie „Rom“ (2005-07), als Porthos in „Die drei Musketiere“ (2011) oder als Kumpan des nordischen Götterhelden Thor im „Marvel Cinematic Universe“ (2011-17). Despotisch gab er sich in der „Divergent“-Trilogie (2014-16) und im indischen Spektakel „RRR“ (2022).


Peter Simonischek (6.8.1946-29.5.2023)

Hochgewachsen und kräftig gebaut, reüssierte der Schauspieler aus Graz im klassischen Bühnenfach an der Berliner Schaubühne und dem Wiener Burgtheater. Seine Leinwandarbeit intensivierte er erst ab den 2000er-Jahren und zeigte auch im Kino feine Abstufungen zwischen Brillanz und Bodenständigkeit vom milde werdenden Übervater im Angesicht des Todes in „Oktober November“ (2013) bis zum rassistischen Wissenschaftler in „Der vermessene Mensch“ (2022). Zu Weltruhm verhalf ihm sein kauziger Auftritt in „Toni Erdmann“ (2016), in dem er mit Idealismus, falschem Gebiss und Zottelperücke seiner Unternehmungsberater-Tochter auf den Leib rückt.

Ein Nachruf auf Peter Simonischek findet sich hier.


Margit Carstensen (29.2.1940-1.6.2023)

Unter den bevorzugten Darstellerinnen von Rainer Werner Fassbinder war die Kielerin die bühnenerfahrenste und empfahl sich auf diese Weise auch für viele seiner Theaterverfilmungen wie „Nora Helmer“ (1973). Legendär wurde sie in den Titelrollen der herrschsüchtig-labilen Modeschöpferin in „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ (1972) und der unsicheren, gequälten Ehefrau eines sadistischen Despoten in „Martha“ (1973). Später tauchte sie mit manch anderen aus dem Fassbinder-Clan in den Filmprojekten von Christoph Schlingensief auf und brillierte als geschundene Mutter eines Leukämiekranken in „Scherbentanz“ (2001).


Jacques Rozier (10.11.1926-2.6.2023)

Nach mehreren Kurzfilmen gelang dem französischen Filmemacher mit seinem Spielfilmdebüt „Adieu, Philippine“ (1960) eine kritische, aber von Sympathie geprägte Studie junger Erwachsener, die zu den Schlüsselwerken der Nouvelle Vague zählt. Eine skrupulöse Arbeitsweise und mangelnder Publikumserfolg ließen ihn nur wenige weitere Werke drehen. Seine ironischen Komödien „Die Schiffbrüchigen der Schildkröteninsel“ (1975) und „Maine Océan Express“ (1986) sicherten ihm jedoch die Achtung der Cineasten.


Treat Williams (1.12.1951-12.6.2023)

Als anarchischer Hippie im Musical „Hair“ (1979) und als integrer Polizist in „Prince of the City“ (1981) empfahl sich der kernige US-Schauspieler für Starruhm, der im Kino aber nicht von Dauer war. So wich er aufs Fernsehen aus, wo er mit der Familienserie „Everwood“ (2002-06) einen Erfolg hatte, und brachte sich gelegentlich in Filmen wie „Tief wie der Ozean“ (1998) neben Michelle Pfeiffer oder als Vater von James Franco in „127 Hours“ (2010) wieder in Erinnerung.


Glenda Jackson (9.5.1936-15.6.2023)

Ab Ende der 1960er-Jahre gehörte die englische Schauspielerin zu den feministischen Vorreiterinnen im Kino, die in historischen („Liebende Frauen“) wie zeitgenössischen („Mann, bist du Klasse!“) Stoffen schlagfertige Frauen spielte und zwei „Oscars“ gewann. Sie setzte aber auch ihre Theaterarbeit fort, hielt Abstand zu Hollywood und ließ ihre Karriere ruhen, während sie als Labour-Abgeordnete 23 Jahre im britischen Parlament saß. Ab 2018 feierte sie ein umjubeltes Comeback auf Bühne und Leinwand, zuletzt mit „In voller Blüte“ neben Michael Caine als Frau eines Weltkriegsveteranen.

Glenda Jackson in "Sunday, Bloody Sunday" (imago/Saul Young)
Glenda Jackson in "Sunday, Bloody Sunday" (© imago/Saul Young)

Ein Nachruf auf Glenda Jackson findet sich hier.


Hans Helmut Prinzler (23.9.1938-18.6.2023)

Der leidenschaftliche Filmvermittler stritt sein Leben lang mit großer Hingabe und kluger Besonnenheit für den deutschen Film. Als Studienleiter der dffb, als Referent und Leiter der Deutschen Kinemathek und des Filmmuseums Berlin, aber auch als Publizist, Kurator und Rundfunkrat verstand er es, das Beste aus den jeweiligen Institutionen herauszuholen. Mit Michael Althen realisierte er die dreiteilige filmgeschichtliche Dokumentation „Auge in Auge“ (2008). Von 2011 bis 2023 präsentierte er auf seiner eigenen Website unablässig Filmbuch- und DVD-Rezensionen.

Ein Nachruf auf Hans Helmut Prinzler findet sich hier.


Frederic Forrest (23.12.1936-23.6.2023)

Der Texaner wurde in den 1970er-Jahren zum vielgesuchten Charakterdarsteller, der zu den Favoriten von Francis Ford Coppola zählte und dankbare Aufgaben wie etwa als nervenschwacher Bootskoch in „Apocalypse Now“ (1979) erhielt. Im selben Jahr holte er sich eine „Oscar“-Nominierung als Chauffeur und Liebhaber des von Bette Midlers gespielten Rockstar in „The Rose“. Wim Wenders besetzte ihn als Krimiautor in „Hammett“ (1982). Charismatisch war er auch als indigener Mörder in der Westernserie „Weg in die Wildnis“ (1988) und als faschistoider Besitzer eines Waffenladens in „Falling Down“ (1993).


Alan Arkin (26.3.1934-29.6.2023)

Der US-Schauspieler war einer der vielseitigsten Darsteller Hollywoods. Von seinem Durchbruch in den 1960er-Jahren an verkörperte er sympathische Identifikationsfiguren wie im Antikriegsfilm „Catch 22“ (1970) ebenso glaubhaft wie einen sadistischen Schurken in „Warte, bis es dunkel ist“ (1967) und konnte nahtlos zwischen Komik und Drama wechseln. Auch im Alter bewies er mit seinem „Oscar“-gekrönten Auftritt als Großvater in „Little Miss Sunshine“ (2006) und als altgedienter Produzent in „Argo“ (2012) ungebrochene Spielfreude.

Ein Nachruf auf Alan Arkin findet sich hier.


Thomas Plenert (1.2.1951-15.7.2023)

Der Kameramann aus Brandenburg war vor allem für seine Arbeit bei Dokumentarfilmen hochgeschätzt. Zu seinen fruchtbarsten Kooperationen zählten die Zusammenarbeit mit Jürgen Böttcher und Volker Koepp. Aber auch Spielfilme von Helke Misselwitz, Werner Schroeter und Bernd Böhlich profitierten von der Geduld und der Genauigkeit des Bildgestalters.


Jane Birkin (14.12.1946-16.7.2023)

Die britische Sängerin und Schauspielerin mit der auffallenden Lücke zwischen den Schneidezähnen avancierte in den 1960er-Jahren zur Stil-Ikone an der Seite von Serge Gainsbourg. Auch für Filmemacher war sie zunächst wegen ihrer Freizügigkeit interessant, erarbeitete sich aber nach und nach aber einen Ruf als ernstzunehmende Schauspielerin, die bei Jacques Doillon („Die Piratin“), Bertrand Tavernier („Daddy Nostalgie“) und Jacques Rivette („Die schöne Querulantin“) glänzte. In Zusammenarbeit mit Agnès Varda und ihrer eigenen Tochter Charlotte Gainsbourg stand sie auch im Mittelpunkt mehrerer unkonventioneller Porträts.

Königin der Paradoxe: Jane Birkin (imago/Sommer)
Königin der Paradoxe: Jane Birkin (© imago/Sommer)

Ein Nachruf auf Jane Birkin findet sich hier.


Lelia Goldoni (1.10.1936-22.7.2023)

Die US-amerikanische Schauspielerin beeindruckte mit ihrer Natürlichkeit bei ihrem Debüt als hellhäutige Afroamerikanerin in John Cassavetes’ erster Regiearbeit „Schatten“ (1960). Als Charakterdarstellerin konnte sie erst in den 1970er-Jahren Fuß fassen, bewährte sich dann aber als Freundin der vom Leben gebeutelten Titelfigur in „Alice lebt hier nicht mehr“ (1974), zusammen mit Leonard Nimoy im Horrorfilm „Die Körperfresser kommen“ (1977) und als Mutter am Rande des Wahnsinns in „Heißes Blut“ (1978).


Bo Goldman (10.9.1932-25.7.2023)

Der US-amerikanische Drehbuchautor verdiente sich seine ersten Meriten mit der Adaption von „Einer flog über das Kuckucksnest“ (1975) und gewann dafür ebenso einen „Oscar“ wie für „Melvin und Howard“ (1980) über die Folgen der Begegnung eines Tankbestellenbesitzers mit dem exzentrischen Howard Hughes. Außerdem schrieb er Bette Midler mit „The Rose“ (1979) und Al Pacino mit „Der Duft der Frauen“ (1992) Traumrollen auf den Leib.


Paul Reubens (27.8.1952-30.7.2023)

Berühmt wurde der US-amerikanische Schauspieler zuerst im Kinder-Fernsehprogramm mit der Figur Pee-Wee Herman, einem kindlich gebliebenen Erwachsenen, den er in mehreren Filmen spielte. Losgelöst von dieser Rolle bot er schräge Auftritte in „Buffy – Der Vampir-Killer“ (1992), „Mystery Men“ (1999) und „Blow“ (2001).


Inga Landgré (6.8.1927-31.7.2023)

In den ersten Jahren ihrer Karriere war die schwedische Darstellerin auf romantische Mädchen festgelegt, bis sie in Filmen von Ingmar Bergman wie „Nahe dem Leben“ (1958) erstmals reifere Frauenfiguren spielen durfte. Oft war sie an der Seite ihres damaligen Mannes, des populären Komikers Nils Poppe, zu sehen, mit dem sie auch gemeinsam in „Das siebente Siegel“ (1957) auftrat. Bis ins hohe Alter hinein spielte sie Theater und Nebenrollen in Ensemblefilmen wie „Eine schöne Bescherung“ (2015).


Carl Davis (28.10.1936-3.8.2023)

Der in Großbritannien arbeitende US-Komponist und Dirigent schrieb neben der Musik für Ballette und Hörspiele auch die für zahlreiche Filme wie „Die Geliebte des französischen Leutnants“ (1981) und Fernsehserien. Ansehen erwarb er sich auch mit Neukompositionen für rund 60 restaurierte Stummfilme von Chaplin und Keaton bis zu Griffiths „Intoleranz“ und Gances „Napoleon“.


Mark Margolis (26.11.1939-3.8.2023)

Der US-Darsteller wurde wegen seiner harten Gesichtszüge und dichten Augenbrauen von „Scarface“ (1983) an gerne als Gangster besetzt. Denkwürdig bedrohlich war er als greiser, nur noch mittels einer Klingel kommunizierender Gangster in der Serie „Breaking Bad“ (2009-11). Daneben setzte ihn Darren Aronofsky in allen seinen Filmen bis „Noah“ (2014) durchaus auch in vielfältigeren Rollen ein, etwas als Pater Avila in „The Fountain“ (2006).


Arthur Schmidt (17.6.1937-5.8.2023)

Der US-amerikanische Montagemeister bewies sein Können mit zwei Filmen, die in der nahtlosen Integration von animiertem respektive historischem (Archiv-)Material in herkömmlich gedrehte Bilder Maßstäbe setzten: „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“ (1988) und „Forrest Gump“ (1994) brachten ihm zwei „Oscars“ ein. Die Zusammenarbeit mit Regisseur Robert Zemeckis bestand bereits seit „Zurück in die Zukunft“ (1985) und setzte sich bis „Cast Away“ (2000) fort. Außerdem schnitt Schmidt auch Filme von Michael Apted („Nashville-Lady“) und Gore Verbinski („Fluch der Karibik“).


William Friedkin (29.8.1935-7.8.2023)

Der US-Filmemacher kam vom Dokumentarfilm und wurde durch den Polizei-Thriller „Brennpunkt Brooklyn“ (1971) und den Horrorfilm „Der Exorzist“ (1973) zu einer der prägenden Gestalten des New-Hollywood-Kinos. Daneben leistete er Pionierarbeit mit „Die Harten und die Zarten“ (1970) über eine Geburtstagsfeier homosexueller Freunde und inszenierte radikale Thriller („Leben und Sterben in L.A.“) und Theateradaptionen („Killer Joe“).

New Hollywood Maverick: William Friedkin (imago/Abacapress)
New Hollywood Maverick: William Friedkin (© imago/Abacapress)

Ein Nachruf auf William Friedkin findet sich hier.


Margit Saad (30.5.1929-7.8.2023)

Die Tochter eines libanesischen Sprachwissenschaftlers hatte eine fundierte Schauspielausbildung und Gesangstalent, wurde im bundesdeutschen 1950er-Kino aber klischeehaft als exotische Schönheit besetzt, etwa als verführerische Komtesse im dem Franz-von-Suppé-Biopic „Hab’ ich nur Deine Liebe“ (1953). Nach einigen darstellerischen Ausflügen ins Ausland wie für den Gangsterfilm „Die Spur führt ins Nichts“ (1960) von Joseph Losey kehrte sie zur Bühne zurück; ab den 1970er-Jahren setzte sie als Regisseurin im Fernsehen ambitionierte Dokumentar- und Spielfilmarbeiten um.


Robbie Robertson (5.7.1943-9.8.2023)

Der kanadische Rockmusiker wurde in den 1960er-Jahren zuerst als Mitglied der Bob-Dylan-Begleitgruppe „The Band“ bekannt, schrieb Songs wie „The Night They Drove Old Dixie Down“ und gilt als einer der besten Gitarristen der Rockgeschichte. Dylan-Fan Martin Scorsese sicherte sich seine Dienste als Komponist ab „Wie ein wilder Stier“ (1980). Zuletzt steuerte Robertson den düster-schwebenden Score zu „Killers of the Flower Moon“ (2023) bei.


Antonella Lualdi (6.7.1931-10.8.2023)

Ihre leidenschaftlichen und ungekünstelten Interpretationen junger Frauen machten die Italienerin in den 1950er-Jahren zu einer begehrten Hauptdarstellerin für Regisseure wie Mario Monicelli („Väter und Söhne“), Mauro Bolognini („Die Verliebten“) und Carlo Lizzani („Chronik armer Liebesleute“). In Frankreich beeindruckte sie als schwärmerische Mathilde de la Mole in „Rot und Schwarz“ (1954) und als verführerische Geliebte in Chabrols „Schritte ohne Spur“ (1959). Später erschien sie auch als Tusnelda im Historien-Epos „Hermann der Cherusker“ (1967/76) und in Fernsehserien.


Jürgen Kluckert (29.12.1943-16.8.2023)

Der Schauspieler aus Pommern übernahm nach seiner Ausreise aus der DDR in den 1980er-Jahren im BRD-Fernsehen Nebenrollen, etwa als „Tatort“-Assistent neben Heinz Drache (1985-89). Gut beschäftigt war er durch seine brummige Stimme als Synchronsprecher für Schauspieler wie Morgan Freeman, Chuck Norris oder Donald Sutherland. Häufig sprach er auch animierte Figuren wie Mr. Krabs in „SpongeBob Schwammkopf“ sowie in Hörspielen und im Spielfilm „Benjamin Blümchen“ (2019) den liebenswerten Elefanten.


Jörg Schmidt-Reitwein (21.2.1939-21.8.2023)

Der deutsche Kameramann wurde vor allem von Regisseuren des Neuen Deutschen Films geschätzt; insbesondere mit Werner Herzog entstand eine fruchtbare Zusammenarbeit. Aber auch Alexander Kluge, Werner Schroeter und Herbert Achternbusch setzten auf seine Bildkunst. Zu seinen späteren Arbeiten zählten auch zahlreiche „Tatort“-Folgen.


Claus Boje (26.5.1958-25.8.2023)

Von dem deutschen Kinobetreiber und Produzenten wurde meist im Zusammenhang mit dem Regisseur Detlev Buck gesprochen, mit dem er 1989 die BojeBuck-Produktionsfirma ins Leben rief; von dort nahmen auch die erfolgreichen Komödien von Leander Haußmann ihren Anfang. In der Branche war Boje für seine Begeisterungsfähigkeit und seinen Mut zum Risiko bekannt. 2020 inszenierte er mit der Dokumentation „Zero Gravity“ über eine neunwöchige Rennrad-Tour durch Japan seine einzige Regiearbeit.

Claus Boje 2017 (imago/Tinkeres)
Claus Boje vor dem Delphi-Kino 2017 in Berlin (© imago/Tinkeres)

Ein Nachruf auf Claus Boje findet sich hier.


Gleb Panfilow (21.5.1934-26.8.2023)

Der russische Regisseur drehte Spielfilme wie „Hauptrolle für eine Unbekannte“ (1970) und „Ich bitte ums Wort“ (1975) über den Alltag in der Sowjetunion, bei denen die verordnete Ideologie durch Einfühlungsvermögen und Ironie gemildert wurde. Sein bekanntestes Werk war die Tragikomödie „Das Thema“ (1979) mit offener Kritik am sowjetischen Kunstbetrieb, die erst 1986 gezeigt werden durfte und den „Goldenen Bären“ gewann. Atmosphärisch gelangen ihm auch Literaturadaptionen wie sein letzter Film, „Gulag – 10 Jahre Hölle“ (2021) nach Solschenizyn.


Giuliano Montaldo (22.2.1930-6.9.2023)

Zu Beginn und am Ende seiner Karriere betätigte sich der Genueser als Schauspieler, etwa als Partisan in „Achtung, Banditi!“ (1951). International bekannt wurde er als Regisseur mit gesellschaftskritischen Stoffen wie dem Militärdrama „Die im Dreck krepieren“ (1969), „Sacco und Vanzetti“ (1971) über die berühmten Justizopfer sowie der Tragikomödie „Das gefährliche Spielzeug“ (1978) um Selbstjustiz und Verfolgungswahn. Erfolgreich bei Publikum wie Kritik war auch seine sorgfältig gestaltete Miniserie „Marco Polo“ (1982).


David McCallum (19.9.1933-25.9.2023)

Der schottische Schauspieler mit dem blonden Pilzkopf-Haarschnitt etablierte sich als verlässlicher Nebendarsteller, etwa im Ensembledrama „Die Verdammten der Meere“ (1961), in „Gesprengte Ketten“ (1962) als britischer Kriegsgefangener oder als Judas Iskariot in „Die größte Geschichte aller Zeiten“ (1965). Zum Idol wurde er als schillernder russischer Agent in der Spionageserie „Solo für O.N.C.E.L.“ (1964-68). Sympathische Altersrollen übernahm er als Steuerfahnder auf der Spur eines angeblichen Star-Tenors in „Hear My Song“ (1991) und als spleeniger Gerichtsmediziner in der Krimiserie „Navy CIS“ (2003-23).


Michael Gambon (19.10.1940-27.9.2023)

Der britisch-irische Schauspieler war einer der meistgefeierten Akteure des englischen Theaters, der auch im Fernsehen auftrat, unter anderem in der extrem fordernden Doppelrolle der legendären Miniserie „Der singende Detektiv“ (1986). Erst im mittleren Alter fand er auch im Kino Beschäftigung. Hauptrollen wie als widerwärtiger Gangster in „Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber“ (1989) übernahm er eher selten, gestaltete aber auch Kurzauftritte mit hoher Intensität. Große Popularität erwarb er sich als weiser Zauberschuldirektor Albus Dumbledore in den „Harry Potter“-Filmen (2003-11).

Ein Nachruf auf Michael Gambon findet sich hier.


Thomas Danneberg (2.6.1942-30.9.2023)

Der Berliner Schauspieler war nur in wenigen Filmen zwischen BRD-Unterhaltungskino und Söldnerstreifen zu sehen, dafür aber umso öfter zu hören. Als einer der vielseitigsten deutschen Synchronsprecher drückte er Actionhelden wie Arnold Schwarzenegger und Sylvester Stallone einen Stempel auf, aber auch dem Charakterkopf Nick Nolte, dem jungenhaften Terence Hill und so unterschiedlichen Komikern wie John Cleese und Dan Aykroyd.


Terence Davies (10.11.1945-7.10.2023)

Der britische Filmemacher setzte nur wenige, dafür umso persönlichere und unverwechselbare Projekte um. Bekannt wurde er mit „Entfernte Stimmen – Stilleben“ (1987) und „Das Ende eines langen Tages“ (1991), in denen er auf seine Wurzeln als katholisches Arbeiterkind aus der Industriestadt Liverpool zurückgreifen konnte. Später wandte er sich Literaturverfilmungen wie „Haus Bellomont“ (2000) und mit „A Quiet Passion“ (2016) über Emily Dickinson sowie „Benediction“ (2021) über Siegfried Sassoon den Biografien von Dichtern zu.

Ein Nachruf auf Terence Davies findet sich hier.


Christoph Böll (2.9.1949-7.10.2023)

Das umfangreiche Filmwerk des Kölner Filmemachers zählt über 100 Werke, darunter Spiel- und Dokumentarfilme wie „Der Sprinter“ (1983) und „Von einem, der auszog… ins Ruhrgebiet“ (1987), aber auch viele Experimentalfilme. Der Neffe des Schriftstellers Heinrich Böll arbeitete sich darin auch an seinen kirchlichen Traumata ab, fand zuletzt aber einen neuen künstlerischen Zugang zum Religiösen.

Ein Nachruf auf Christoph Böll findet sich hier.


Burt Young (30.4.1940-8.10.2023)

Der gedrungene Darsteller aus New York war am erfolgreichsten als Rüpel aus der Arbeiterklasse, etwa in den „Rocky“-Filmen (1976-2006) als Freund und Schwager der Hauptfigur oder in der Romanverfilmung „Letzte Ausfahrt Brooklyn“ (1989). Daneben spielte er auch Trucker, zahlreiche italo-amerikanische Gangster und in späteren Jahren auch sympathischere Altersrollen, etwa in „Transamerica“ (2005) als Vater einer Transfrau.

Auf Gangster-Rollen abonniert: Burt Young (imago stock&people)
Auf Gangster-Rollen abonniert: Burt Young (© imago stock&people)


Henri Serre (26.2.1931-9.10.2023)

Als Teil des Liebesdreiecks neben Jeanne Moreau und Oskar Werner schrieb sich der französische Theaterdarsteller 1962 mit Truffauts „Jules und Jim“ in die Kinogeschichte ein. Daneben spielte er um diese Zeit zentrale Rollen in anderen herausragenden Filmen wie „Der Kampf auf der Insel“ und „Das Irrlicht“. Nachfolgend aber hatte er bis 1990 nur noch kleinere Auftritte im Kino.


Piper Laurie (22.1.1932-14.10.2023)

Die aparte US-Schauspielerin war in den 1950er-Jahren zuerst ein liebreizender Blickfang in Komödien, Western und Abenteuerfilmen, bevor sie mit „Haie der Großstadt“ (1961) als alkoholkranke Freundin eines Billard-Jungspunds ihre darstellerische Klasse beweisen konnte. Nach einer längeren Pause kehrte sie mit der furiosen Interpretation einer religiösen Fundamentalistin in „Carrie – Des Satans jüngste Tochter“ (1976) auf die Leinwand zurück und etablierte sich als vielseitige Charakterdarstellerin, die ebenso verschlagen und scharfzüngig wie sanft oder schrullig sein konnte.


Dariush Mehrjui (8.12.1939-14.10.2023)

Mit seinen ersten, dem Neorealismus nahestehenden Spielfilmen verhalf der iranische Regisseur seinem Land erstmals zu internationaler Wahrnehmung, auch wenn die Gesellschaftskritik von „Die Kuh“ (1968), „Der Briefträger“ (1971) und „Teufelskreis“ (1974) ihm erhebliche Probleme in seiner Heimat einbrachte. Nach der iranischen Revolution schien er sich zuerst mit dem islamischen Regime zu arrangieren. Doch Filme wie „Hamoun“ (1989) über einen Intellektuellen in der Krise kündeten von seinem ungebrochen kritischen Auge. Bis zu seiner Ermordung war er ein scharfer Kritiker der staatlichen Zensur.


Richard Roundtree (9.7.1942-24.10.2023)

Die Coolness des schlagfertigen afroamerikanischen Privatschnüfflers John Shaft machte den Schauspieler 1970 zum Star und begleitete ihn durch Fortsetzungen und Neuverfilmungen bis 2019. Auch in weiteren Actionfilmen gab er den toughen Helden, übernahm aber auch regelmäßig andere Rollentypen wie als Stuntman in „Erdbeben“ (1974), widerstandsfähiger Eingeborener in der Anti-Kolonisationsgeschichte „Freitag und Robinson“ (1975) und Staatsanwalt in „Sieben“ (1995).


Matthew Perry (19.8.1969-28.10.2023)

Nach schwierigen Anfangsjahren im Filmgeschäft stieg der US-amerikanisch-kanadische Darsteller mit der Sitcom „Friends“ (1994-2004) als sarkastischer und bindungsscheuer Chandler Bing zum Fernsehstar auf. In der Folge wurde er auch in einigen Filmkomödien besetzt, mal als unkonventioneller romantischer Held, mal wie bei „Keine halben Sachen“ (2000) als Normalo neben einem „Tough Guy“ wie Bruce Willis. Für dankbarere Aufgaben kehrte er immer wieder zum Fernsehen in Serien, Gastrollen und Filmdramen zurück, auch wenn ihn diverse Süchte immer wieder ausbremsten.


Elmar Wepper (16.4.1944-31.10.2023)

Der Augsburger stand als Schauspieler lange im Schatten seines älteren Bruders Fritz, wurde in Fernsehserien populär und war die deutsche Stimme von Mel Gibson und Ryan O’Neal. Unvermutet ergreifend und vielschichtig erwies er sich in Doris Dörries „Kirschblüten – Hanami“ (2008) als grandioser Kinodarsteller. Diesem Erfolg schlossen sich weitere Charakterparts in „Dreiviertelmond“ (2011) und „Grüner wird’s nicht, sagte der Gärtner und flog davon“ (2018) an.

Später Höhenflug: Elmar Wepper (ZDF/Julia von Vietinghoff)
Später Höhenflug: Elmar Wepper (© ZDF/Julia von Vietinghoff)

Christian Lehmann (20.7.1934-4.11.2023)

Besonders bei Dokumentarfilmen war der deutsche Kameramann gefragt und drehte mit zahlreichen DEFA-Regisseuren wie Jürgen Böttcher, Volker Koepp (insbesondere bei den Filmen über die märkische Kleinstadt Wittstock) und Peter Voigt. Hochgeschätzt wurde er für sein Berufsethos, sich den Menschen vor der Kamera nicht aufzudrängen, sondern mit Geduld und Distanz Vertrauen aufzubauen.


Donald Shebib (27.1.1938-5.11.2023)

Der kanadische Regisseur wurde für seine semi-dokumentarische Studie „Bis zum Ende der Straße“ (1970) mit John Cassavetes verglichen und zementierte seinen Ruf im anglo-kanadischen Raum mit weiteren soziologisch inspirierten Arbeiten wie „Auf und davon“ (1971), „Eine Sache unter Freunden“ (1973) und „Der schmale Weg des Glücks“ (1981). Ab den 1980er-Jahren drehte er vor allem fürs Fernsehen.


Rainer Erler (26.8.1933-8.11.2023)

Anfang der 1960er-Jahre fiel der Münchner Regisseur zuerst mit hintersinnigen Fernsehspielen wie „Seelenwanderung“ (1962) und „Orden für die Wunderkinder“ (1963) auf. Sein eigentliches Markenzeichen wurden jedoch „Science-Thriller“, die brisante gesellschaftliche und wissenschaftliche Themen im futuristischen Gewand aufgriffen, insbesondere seine fünfteilige Filmreihe „Das blaue Palais“ (1974-76), das Weltall-Drama „Operation Ganymed“ (1978) und mehrere Stoffe um die Gefahren von Atomkraft und Kernwaffen.


John Bailey (10.8.1942-10.11.2023)

Der US-amerikanische Kameramann drehte rund 80 Filme, zunächst im Independent-Bereich, wobei vor allem Paul Schrader sich gerne seine Dienste sicherte. Zusehends kamen aber auch Studioproduktionen dazu, wobei er intimere Dramen wie „Eine ganz normale Familie“ (1980) und „Der große Frust“ (1983) ebenso souverän bediente wie Komödien („Und täglich grüßt das Murmeltier“) oder Thriller („In the Line of Fire“).


Joss Ackland (29.2.1928-19.11.2023)

Der imposante britische Schauspieler fand neben einer beachtlichen Theaterkarriere immer wieder Zeit für Kinoauftritte, die der bekennende „Workaholic“ ab Mitte der 1980er-Jahre noch intensivierte. So spielte er einen kolonialen Aristokraten mit wesentlich jüngerer, untreuer Frau in „Die letzten Tage in Kenya“ (1987), einen fiesen südafrikanischen Schurken in „Lethal Weapon 2“ (1988) und diverse Bürokraten, Ärzte und Könige unterschiedlichster Nationalität.


Heidelinde Weis (17.9.1940-24.11.2023)

Die österreichisch-deutsche Mimin empfahl sich in den 1960er-Jahren auch in wenig anspruchsvollen Unterhaltungsfilmen als spielfreudiges Talent von der Krimisatire „Die Tote von Beverly Hills“ (1964) über diverse Teile der „Lausbubengeschichten“ (1964-67) bis zu Kurt Hoffmanns „Liselotte von der Pfalz“ (1966). Ende der 1960er-Jahre wechselte sie zum Fernsehen, wo sie nach der Doppel-Hauptrolle im „Straßenfeger“-Krimi „Die Frau in Weiß“ (1971) regelmäßig Gastauftritte in populären Serien übernahm.


Bodo Wolf (18.8.1944-24.11.2023)

Für die DEFA spielte der Schauspieler aus Halle an der Saale im Fernsehen und Prinzen in Kino-Märchenfilmen. Ab den 1990er-Jahren war seine Stimme in zahllosen Synchronfassungen zu hören, wobei ihm vor allem Figuren mit unaufdringlicher Autorität lagen, aber auch Charaktere mit Tendenz zur Hypernervosität wie der komplexbehaftete Detektiv in der Krimi-Serie „Monk“ (2002-09). Gern besetzt wurde er auch als Stimme für Alan Alda, Richard Jenkins und Christopher Walken.


Frances Sternhagen (13.1.1930-27.11.2023)

Neben vielen gefeierten Bühnenauftritten beschränkte sich die US-Schauspielerin auf vergleichsweise wenige Kinofilme, hinterließ mit ihrer respekteinflößenden Präsenz aber gleichwohl stets Eindruck. Markant war sie als toughe Ärztin im Weltall-Western „Outland“ (1981), als Frau und Partnerin eines Sheriffs in „Misery“ (1990) und als Psychiaterin in „Mein Bruder Kain“ (1992).

Respekteinflößende Präsenz: Frances Sternhagen (imago/Everett Collection)
Respekteinflößende Präsenz: Frances Sternhagen ( © imago/Everett Collection)

Peter R. Adam (29.5.1957-4.12.2023)

Der deutsche Editor begann als Tonmeister, wechselte dann aber zur Montage, worin er zu einem der geschätzten Könner im deutschen Kino wurde. Vor allem Detlev Buck, Leander Haußmann und Oskar Roehler vertrauten dem Schnittmeister, aber auch Joseph Vilsmaier in „Comedian Harmonists“ (1997) und Wolfgang Becker in „Good Bye, Lenin!“ (2003), was ihm Lob und Preise einbrachte.


Norman Lear (27.7.1922-5.12.2023)

Der US-amerikanische Autor und Produzent verdiente sich seine ersten Sporen mit Sketchen für Fernsehauftritte von Jerry Lewis/Dean Martin und andere Komiker und schrieb Drehbücher für amüsante Kinofilme wie „Scheidung auf amerikanisch“ (1966). Ikonischen Status erwarb er sich als Schöpfer von Sitcoms ohne Scheu vor gesellschaftskritischen und sozialen Themen, insbesondere „All in the Family“ (1971-79) und „Maude“ (1972-78). Daneben tat er sich als politischer Aktivist im Kampf gegen antidemokratische und fundamentalistische Gruppierungen hervor.


Marisa Pavan (19.6.1932-6.12.2023)

Die italienische Schauspielerin stand zuerst im Schatten ihrer Zwillingsschwester Pier Angeli, fasste in den 1950er-Jahren aber ebenfalls in Hollywood Fuß. Nach kleineren Auftritten erspielte sie sich an der Seite von Anna Magnani in „Die tätowierte Rose“ (1955) eine „Oscar“-Nominierung. Weitere Hauptrollen hatte sie in „Der Mann im grauen Flanell“ (1956) und dem Bibelfilm „Salomon und die Königin von Saba“ (1959).


Ryan O’Neal (20.4.1941-8.12.2023)

Der gutaussehende US-Schauspieler kam über die Fernseh-Seifenoper „Peyton Place“ (1964-69) zum Film, wo er mit der Hauptrolle in „Love Story“ (1970) zum Star aufstieg. Eine gute Figur machte er auch in Peter Bogdanovichs „Is’ was, Doc?“ (1972) und „Paper Moon“ (1973) als tollpatschiger Musikwissenschaftler respektive Trickbetrüger sowie als gewandter Fluchtwagenfahrer in „Driver“ (1978). Ab den 1980er-Jahren zehrte er von seinem Ruhm mit Gastauftritten sowie zentralen Parts in einigen berüchtigten Flops wie „Fahr zur Hölle Hollywood“ (1997).


Andre Braugher (1.7.1962-11.12.2023)

Der afroamerikanische Schauspieler machte zuerst im Bürgerkriegsdrama „Glory“ (1989) als gebildeter Freiwilliger in einem Infanterieregiment schwarzer Soldaten auf sich aufmerksam. Im Kino fielen immer wieder größere Nebenrollen für ihn ab, etwa als Engel-Kumpan von Nicolas Cage in „Stadt der Engel“ (1998) oder Kapitän eines havarierten Kreuzfahrtschiffs in „Poseidon“ (2006). Eine deutlich größere Bandbreite konnte er im Fernsehen zeigen. Dort hinterließ er als unnachgiebiger Detective in der Polizeiserie „Homicide“ (1993-98) und als stoischer Revierchef in der Sitcom „Brooklyn Nine-Nine“ (2013-21) nachhaltigen Eindruck.


Wolfgang Glück (25.9.1929-13.12.2023)

Der österreichische Theaterregisseur arbeitete ab Mitte der 1950er-Jahre auch für den Film, wo er zunächst triviale Unterhaltungsware der Marke „Der Pfarrer von St. Michael“ (1957) drehte. Mehr Anspruch verfolgten seine beiden Spielfilme der 1980er-Jahre. „Der Schüler Gerber“ (1980) erwies sich als intensive Romanverfilmung und das Historiendrama „38 – Heim ins Reich“ (1986) wurde für den „Auslands-Oscar“ nominiert.


Guy Marchand (22.5.1937-15.12.2023)

Als Sänger und Jazz-Musiker hatte der Pariser in den 1960er-Jahren Erfolge, die ihn über die Musik auch zum Film brachten. Dabei fand er rege Beschäftigung in meist aggressiven bis unsympathischen Rollen wie als untreuer, aber seinerseits eifersüchtiger Ehemann in „Cousin, Cousine“ (1976), hitzköpfiger Inspektor in „Das Verhör“ (1981) oder kleiner Ganove in „Ehrbare Ganoven“ (1986). Seine größte darstellerische Popularität erreichte er als Privatdetektiv Nestor Burma in der gleichnamigen Fernsehserie (1991-2003).


Otar Iosseliani (2.2.1934-17.12.2023)

Mit poetischen, skurrilen und menschenfreundlichen, dabei aber oft gesellschaftskritischen Filmen erwies sich der georgische Filmemacher als Bruder im Geiste von Jacques Tati. Frühe Werke wie „Es war einmal eine Singdrossel“ (1970) gelangen ihm noch unter den Bedingungen des Sowjet-Regimes. Richtig entfalten konnte sich der Regisseur, bei dem Sprache eine untergeordnete Rolle spielte, dabb ab den 1980er-Jahren in Frankreich mit dem komödiantischen Reigen „Die Günstlinge des Mondes“ (1984) und impressionistischen Parabeln wie „Und es ward Licht“ (1989) oder „Montag Morgen“ (2002).

Ein Bruder im Geiste Tatis: Itar Iosseliani (imago/tagesspiegel)
Ein Bruder im Geiste Jacques Tatis: Otar Iosseliani (© imago/tagesspiegel)

Ein Nachruf auf Otar Iosseliani findet sich hier.


David Leland (20.4.1941-24.12.2023)

Nach einer eher mäßigen Schauspielerkarriere wandte sich der Brite Anfang der 1980er-Jahre dem Schreiben von Drehbüchern zu und steuerte einige vielbeachtete Arbeiten des Jahrzehnts bei: Neben dem Skinhead-Drama „Made in Britain“ (1983) und der unkonventionellen Krimiromanze „Mona Lisa“ (1986) fand vor allem das von ihm auch selbst inszenierte Drama „Wish You Were Here“ (1987) über eine provokante Jugendliche Anerkennung.


Tom Wilkinson (5.2.1948-30.12.2023)

Der britische Bühnendarsteller wurde im mittleren Alter ein hochbegehrter Charaktermime im Kino, dem die Glanzleistungen als unkonventioneller Kleriker in „Der Priester“ (1994), Gartenzwerge liebender Hobby-Stripper in „Ganz oder gar nicht“ (1996) und elisabethanischer Finanzier zwischen Mafioso-Attitüde und Theaterleidenschaft in „Shakespeare in Love“ (1997) zum Durchbruch verhalfen. Oft in autoritären Rollen besetzt, gelangen ihm seine besten Darstellungen dort, wo Schicksalsschläge („In the Bedroom“), Krankheit („Michael Clayton“) oder fordernde Zeitläufte („Selma“) seine Figuren jeder Selbstsicherheit beraubten.

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