Dokumentarfilm über das L'Orchestre Symphonique Kimbanguiste aus Kinshasa, das allabendlich 200 Musiker zusammenführt, die Beethoven, Verdi und Ravel spielen und davon träumen, zum 50. Jahrestag der Demokratischen Republik Kongo aufzutreten. Exemplarische Porträts vermitteln viel vom Alltag, wobei Disziplin und Ordnung des Orchesters zum Symbol der Suche nach Wegen aus dem Chaos werden. (O.m.d.U.)
- Sehenswert ab 12.
Kinshasa Symphony
Dokumentarfilm | Deutschland 2010 | 98 Minuten
Regie: Claus Wischmann
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2010
- Produktionsfirma
- sounding images/WDR/RBB
- Regie
- Claus Wischmann · Martin Baer
- Buch
- Claus Wischmann
- Kamera
- Martin Baer
- Musik
- Jan Tilman Schade
- Schnitt
- Peter Klum
- Länge
- 98 Minuten
- Kinostart
- 23.09.2010
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 12.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Diskussion
Es ist sieben Jahre her, dass im Kongo offiziell ein Krieg endete, den die ehemalige US-amerikanische Außenministerin Madeleine Albright einmal als den „Ersten afrikanischen Weltkrieg“ bezeichnete. Mehr als 5,4 Mio. Menschen, so viele wie in keinem anderen Konflikt nach dem Zweiten Weltkrieg, kamen zwischen 1996 und 2003 im so genannten Kongokrieg um; ein Krieg, der auch heute noch aus wirtschaftlichen und ethnischen Gründen in einzelnen regionalen Konflikten schwelt und eine ganze Region weiterhin in Aufruhr und Unruhe hält. Der Dokumentarfilm „Kinshasa Symphony“ blendet die Vergangenheit, zumindest oberflächlich betrachtet, weitgehend aus. Vielmehr berichten die beiden Regisseure in einer fast absurd anmutenden Szenerie vom Aufbau eines Symphonie-Orchesters in einer Welt, in der Schmutz, Hunger und Krankheit den Alltag bestimmen.
Über 200 Musiker haben sich in Kinshasa, der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, zusammengetan, um nach einem harten und langen Arbeitstag bis spät in den Abend Beethoven, Verdi und Ravel zu spielen, um so dem Alltag zu trotzen und ihm etwas Hoffnung und Freude abzuringen. Das gegenwärtige große Ziel aller Musiker: ein öffentlicher Auftritt zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit des ehemals von den Belgiern kolonialisierten Landes. Die Demokratische Republik Kongo, der größte Staat Afrikas südlich der Sahara, ist heute eines der ärmsten Länder der Erde; der Lebensrhythmus der Menschen bewegt sich zwischen geringen Löhnen und explodierenden Nahrungs- und Mietkosten. Vom Land strömen immer mehr Menschen in die Acht-Millionen-Metropole Kinshasa und verschärfen noch die dortigen Lebensumstände. In exemplarischen Porträts einzelner Musiker nähert sich der Film diesen Menschen und ihrem Alltag an: Ein Friseur, ein Apotheker, eine Omelette-Verkäuferin – eine genauere Benennung ist kaum möglich, da zumeist die Ausübung mehrerer Berufe notwendig ist, um zumindest das Nötigste zum Leben zu verdienen. Der Besitzer des Frisiersalons ist zugleich Elektriker und muss während der Musikproben kurz seine Bratsche beiseite legen, um den ausgefallenen Strom im Übungsraum wieder einzurichten. In solchen Bildern manifestiert sich der Wille dieser Menschen, etwas anderes zu tun, als sich dem bloßen Überlebenskampf des Alltags auszuliefern. Violinen, Kontrabässe, Trompeten und Posaunen: Ihre Instrumente bauen sie in akribischer Arbeit selbst, ihr Einfallsreichtum kennt dabei keine Grenzen, wobei auch schon einmal die Gelenkwelle eines Autos für den richtigen Ton im Blech herhalten muss. Die Filmemacher betonen die Absurdität durch inszenierte Bilder der von ihnen porträtierten Protagonisten: die Violine vor einem halb zerfallenen Gebäude, die Tuba auf einem Hocker mitten auf einer Straße zwischen Hektik und Trubel. Die schematische Gliederung eines Orchesters, die wohlgeordnete Struktur einer Partitur, wird zum Symbol für Ordnung und Struktur in einem Land auf der Suche nach seinem Weg aus dem Chaos, in eine bessere, eine andere Welt. Zugleich geht es auch um den Ehrgeiz von Menschen, die etwas erreichen und mehr sehen möchten als nur den täglichen Kampf um die eigene Existenz – eine Perspektive.
Es geht dem Film nicht darum, dass das L’Orchestre Symphonique Kimbanguiste oft noch klingt wie ein besseres deutsches Schulorchester – es geht ihm um Freude und die Bereitschaft, etwas zu lernen und zu verändern. Ein Funke Hoffnung auf dem schwer gebeutelten und vernachlässigten Kontinent, hervorgerufen durch Menschen mit großer Kraft und dem Willen, sich nicht kampflos in ihr Schicksal zu ergeben. Wenn die Kamera während des großen Konzerts über glückliche und zufriedene Gesichter gleitet, dann ruft dies echte, nachhaltige Bewunderung für jeden einzelnen Protagonisten hervor.
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