Spurlos (1992)

Thriller | USA 1992 | 109 Minuten

Regie: George Sluizer

Während des Ausflugs eines Liebespaars verschwindet das Mädchen an einer Tankstelle spurlos. Gleichzeitig vertraut mit Täter, Opfer und Verfolger, entwickelt sich für den Zuschauer eine Geschichte, in der (bis auf den unangemessen drastischen Schluß) die psychologische Spannung im Vordergrund steht. Geschickt inszeniert und gut gespielt, ist der Thriller insgesamt interessanter als der Durchschnitt des Genres.
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Filmdaten

Originaltitel
THE VANISHING
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1992
Produktionsfirma
Morra/Brezner/Steinberg & Tenenbaum
Regie
George Sluizer
Buch
Todd Graff
Kamera
Peter Suschitzky
Musik
Jerry Goldsmith
Schnitt
Bruce Green
Darsteller
Jeff Bridges (Barney) · Kiefer Sutherland (Jeff) · Nancy Travis (Rita) · Sandra Bullock (Diane) · Park Overall (Lynn)
Länge
109 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16; f
Genre
Thriller | Literaturverfilmung
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
Es kommt nicht häufig vor, daß ein Regisseur dasselbe Sujet innerhalb von fünf Jahren zweimal verfilmt. George Sluizer, inzwischen mit "Utz" (fd 30 025) zu einigem Ansehen gekommen, hat 1988 in Holland den Film "Spoorloos" gedreht, und nun ließ ihn 20th Century Fox den Film mit amerikanischen Stars und in amerikanischem Milieu noch einmal machen. Es ist die Geschichte von Jeff und Diane (im alten Film Rex und Saskia), die mit dem Auto in Urlaub fahren. Nach einem relativ unwichtigen Streit, wie er eben auch unter Liebespaaren vorkommt, verschwindet Diane an einer Tankstelle spurlos ("Spoorloos"). Sie ist wie vom Erdboden verschluckt, und die Unerklärlichkeit ihres Verschwindens ist es, die Jeff drei Jahre lang nicht zur Ruhe kommen läßt. Obwohl er längst mit einem anderen Mädchen befreundet ist, wird er die Obsession nicht los, herausfinden zu müssen, warum er seit jenem Urlaubstag me mehr etwas von Diane gehört hat, was damals mit ihr geschah, und ob sie überhaupt noch lebt. Nicht so sehr das Bedürfnis, sie vielleicht wiederzufinden, veranlaßt seine privat finanzierte Suchaktion, sondern die drängende Begierde, ihr Schicksal aufzuklären. Barney, der Entführer, verfolgt Jeffs hartnäckige Bemühungen mit zunehmender Faszination. Für ihn, den introvertierten Intellektuellen, war Diane kein Opfer im herkömmlichen Sinn solcher Delikte, sondern der zufällige Gegenstand eines von langer Hand vorbereiteten Experiments, mit dem er die Grenzen seines eigenen Daseins beweisen oder dementieren wollte.

Was Sluizers Film von anderen Varianten ähnlicher Thematik unterscheidet, ist die Parallelführung der beiden Handlungen. Während der Zuschauer von Jeffs und Dianes Ausflug erfährt, lernt er auch Barneys Tatvorbereitungen kennen. Und die Entsprechungen im zeitlichen Ablauf finden ihr Pendant in der allmählichen Annäherung der Charaktere. Als Barney sich schließlich zu erkennen gibt, weil nunmehr er es ist, den eine nicht mehr zurückhaltbare Neugier zwingt, aus der sicheren Anonymität aufzutauchen, da erscheinen Täter und Verfolger von Szene zu Szene immer austauschbarer, ist die Frage nach dem eigentlichen Opfer immer schwerer zu beantworten.

Wer "Spoorloos" und "The Vanishing" mit einigem Zeitabstand sieht, wird vermutlich (bis auf den Schluß) den Eindruck haben, es handle sich bei dem neuen Film um eine exakte Imitation des früheren. Doch wenn man beide Filme unmittelbar hintereinander ansieht, erkennt man, daß Sluizer eine Vielzahl von dramaturgischen Veränderungen angebracht hat. Es sind nicht nur die besseren Darsteller, die "The Vanishing" intensiver erscheinen lassen, sondern es ist vor allem die Parallelordnung des Materials, die im neuen Film genau umgekehrt organisiert ist. Dadurch findet der Zuschauer leichteren Zugang zu der Story, wenn auch die Figur des Barney gleichzeitig etwas konventioneller erscheint. Beide Verfilmungen haben den Vorzug der psychologischen Spannung, der in "The Vanishing" mehr (bloß ablenkende) Details des Plots geopfert werden als in "Spoorloos". Beide Filme funktionieren vorzüglich auf dieser Ebene, formulieren sozusagen ein Gegenmodell zu den effekthascherischen Arbeiten eines Brian De Palma, ohne deshalb weniger spannend zu sein. Um so bedauerlicher, daß sich Sluizer in der amerikanischen Version auf ein - dem Stil des ganzen Films widersprechendes - drastisches Ende eingelassen hat, vermutlich eine Konzession an den Produzenten. "Spoorloos" beendet die Handlung sehr viel adäquater und wirkungsvoller mit einer albtraumhaften Auflösung der Geschichte, die der Tradition Edgar Allan Poes nähersteht als einem Stephen King, an den wohl Sluizers neue Auftraggeber gedacht haben.
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