Mein Weg - 780 km zu mir
Drama | Australien 2024 | 100 Minuten
Regie: Bill Bennett
Filmdaten
- Originaltitel
- THE WAY, MY WAY
- Produktionsland
- Australien
- Produktionsjahr
- 2024
- Produktionsfirma
- B.J. Films
- Regie
- Bill Bennett
- Buch
- Bill Bennett
- Kamera
- Calum Stewart
- Musik
- Jackson Milas
- Schnitt
- Rishi Shukla
- Darsteller
- Chris Haywood (Bill) · Jennifer Cluff (Jennifer) · Laura Lakshmi (Rosa) · Pia Thunderbolt (Cristina)
- Länge
- 100 Minuten
- Kinostart
- 24.04.2025
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Drama
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Spielfilm um einen grantigen australischen Filmemacher, der trotz eines lädierten Knies auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela pilgert.
Seit Luis Buñuels essayistischem Alterswerk „Die Milchstraße“ (1969) hat der Jakobsweg Filmschaffende aus aller Welt faszinierte. Die Bandbreite der Darstellungen reicht dabei von geradlinigen Dokumentarfilmen wie „Camino de Santiago – Eine Reise auf dem Jakobsweg“ (2015) oder „Almar – Der Weg des Jakobsweges“ (2025) über das Filmdrama „Dein Weg“ (2010) und die Burleske „Ich bin dann mal weg“ (2015) auf den Spuren von Hape Kerkeling bis zu Komödien wie „Saint Jacques - Pilgern auf Französisch“ (2005).
Einen ganz anderen Weg wählt der australische Produzent, Drehbuchautor und Regisseur Bill Bennett. Den Film „Mein Weg – 780 km zu mir“ hat der 1953 geborene Australier auf der Basis seines Memoirenbuches „The Way, My Way“ selbst geschrieben, in dem er 2013 seine Erfahrungen als Pilger auf dem Jakobsweg festgehalten hat.
Unterhosen auf der Küchenwaage
Der Film beginnt mit einem Paradox. Aus dem Off erzählt Bill (Chris Haywood) in der Ich-Form, wie er bei einem Spanienurlaub mit seiner Frau (Jennifer Cluff) erstmals Jakobspilger beobachtete. Zunächst verglich der arrogante Tourist die Wandernden mit Lemmingen, die sich in den Tod stürzen, und attestiert ihnen eine „sinnlose Beschäftigung“. Doch kaum zurück in Australien, beschloss der damals 70-jährige Mann, sich selbst auf eine solche Pilgerschaft zu begeben. Dabei scheut sich Bill im Rückblick nicht, sich über seine akribischen Reisevorbereitungen lustig zu machen, etwa wenn er seine Unterhosen auf die Küchenwaage legt, um sicherzustellen, dass das Reisegepäck nicht schwerer wird als zehn Prozent seines eigenen Gewichts. Als Bennett sich kurz vor dem Abflug bei einem Testmarsch über 35 Kilometer mit vollem Rucksack zu viel zumutet, meldet sich eine alte Knieverletzung zurück.
Doch Bill ist hartgesotten und fliegt dennoch nach Europa. Am Flughafen von Biarritz trifft er drei Mitpilgerer: den Ex-Gastronomen Balasz und den Architekten Laszlo aus Ungarn sowie die niederländische Journalistin Rosa, gespielt von Laura Lakshmi. Im Taxi fährt er mit ihnen zum Startpunkt in Saint-Jean-Pied-de-Port. Auch wenn Bill mit seinem schroffen Verhalten und seiner Besserwisserei häufig aneckt, erweist er sich als lernfähig. Je weiter der humpelnde Griesgram vorankommt, umso häufiger trifft er auf Menschen, die ihm von ihrem Schicksal erzählen. Und je näher das Ziel rückt, umso demütiger wird er.
Die Reisechronik ist durch knappe Kapitel geprägt. Kurze Einblendungen wie „Tag 2: Ronces Valles, Spanien, 26 km, 754 km“ bezeichnen die Zwischenstation sowie die Länge der Tagestour und die verbleibende Distanz bis zum Ziel. Die Kamera von Calum Stewart bleibt dabei stets nahe am Protagonisten, der praktisch in jedem Bild auftaucht. Während Bill meist allein, aber oft begleitet von einer zurückhaltenden Gitarrenmusik dahinmarschiert, weilt der Blick in großzügigen Totalen auf grünen Hügellandschaften mit menschenleeren Wegen. Zuweilen schwingt die Kamera sich auch in die Vogelperspektive hinauf, um auf eine große Schafherde herabzublicken oder das Weichbild einer Stadt zu erkunden.
Auf der Spur des Helden
„Mein Weg – 780 km zu mir“ ist zwar ein Spielfilm, mutet über weite Strecken aber wie ein Dokumentarfilm an. Das liegt nicht nur an der episodischen Struktur, sondern auch an der Besetzung. Neben Chris Haywood holte Bennett nur drei Profis vor die Kamera, darunter seine Frau Jennifer Cluff. In den übrigen 14 Sprechrollen, die meisten davon Pilgernde, treten Laiendarsteller vor die Kamera.
Der Film folgt über weite Strecken den Konventionen einer Heldenreise. Zu Beginn löst der Pilger, der eigentlich nicht weiß, warum er sich auf dem Camino so abmüht, mit arroganten Bemerkungen und übertriebenem Perfektionismus immer wieder Kopfschütteln aus, etwa wenn er eine Kellnerin mehrmals ein Gruppenfoto schießen lässt, weil sich über den Köpfen zu viel unnützer leerer Raum befindet. Gegenüber Zufallsbekanntschaften positioniert sich der ruppige Exzentriker gerne als Sturkopf, der sein Ziel erreichen will, koste es, was es wolle. Auf dem Weg erfährt er jedoch eine innere Läuterung, insbesondere durch die heilsamen Begegnungen mit anderen Pilgern, die freimütig von Traumata und Schicksalsschlägen erzählen.
Ein solcher emotionaler Höhepunkt ist ein abendliches Rotwein-Meeting mit Laszlo, Balasz und Rosa. Der korpulente Laszlo offenbart dabei, dass mit seinem Glauben kämpft, nachdem er im Wettstreit mit anderen Männern um die Gunst von Frauen immer wieder den Kürzeren gezogen hat. Und Balasz gibt preis, wie sehr er darunter leidet, dass seine krebskranke Frau den Tod nicht akzeptieren kann. Allein Rosa scheint ein spirituelles Pilgermotiv zu haben.
Vergebung für die Sünden
Anrührend ist auch, wie Bill die schweigsame Cristina (Pia Thunderbolt) zum Reden bringt, nachdem er ihr mehrfach begegnet ist. Bill deutet den Camino „als eine 800 Kilometer lange Kathedrale“ mit Beichtstühlen und fügt hinzu: „Der Beichtstuhl auf diesem Camino sind die Wege, die wir gehen, und die Gespräche, die wir mit Fremden führen. Wir schütten ihnen unser Herz aus und erzählen ihnen unsere schlimmsten Ängste.“ Cristina offenbart schließlich unter Tränen, dass sie sich am Suizid eines geliebten Menschen schuldig fühlt und auf dem Jakobsweg nach Vergebung für ihre Sünden sucht. Spätestens hier wird klar: Die 31 Tage auf dem Camino ändern Bills Leben für immer.