Blood & Sinners
Drama | USA 2025 | 138 Minuten
Regie: Ryan Coogler
Filmdaten
- Originaltitel
- SINNERS
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2025
- Produktionsfirma
- Warner Bros./Proximity Media
- Regie
- Ryan Coogler
- Buch
- Ryan Coogler
- Kamera
- Autumn Durald Arkapaw
- Musik
- Ludwig Göransson
- Schnitt
- Michael P. Shawver
- Darsteller
- Michael B. Jordan (Smoke / Stack) · Hailee Steinfeld (Mary) · Miles Caton (Sammie) · Jack O'Connell (Remmick) · Wunmi Mosaku (Annie)
- Länge
- 138 Minuten
- Kinostart
- 17.04.2025
- Fsk
- ab 16; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Drama | Horror | Thriller
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Ein mit Musik und historisch-kulturellen Subtexten aufgeladener Horrorfilm, um Zwillingsbrüder, die in den 1930er-Jahren in den US-Südstaaten eine Tanzspelunke eröffnen und es neben Rassisten auch mit Vampiren zu tun bekommen.
Eine Gitarre begleitet Sammie (Miles Caton) durch den Tag. Die Gitarre einer Blues-Legende, wie die Smoke und Stack genannten Cousins (beide gespielt von Michael B. Jordan) behaupten. Eigentlich ist es die Gitarre ihres Vaters, die erst in Sammies Händen zur Gitarre einer Legende wird. So zumindest der Traum des Jungen, der zwar in greifbarer Nähe liegt – der Vater (Saul Williams) hat die Gitarre an diesem Tag mit in die kleine Kirche gebracht – dem aber noch eine Predigt im Weg steht. Sammie soll diese Predigt halten. Für den Probedurchlauf braucht er die Bibel nicht, die sein Vater ihm reicht. Er tritt hinter die Kanzel, rezitiert die Briefe des Paulus an die Korinther und lässt den Vater, der ihn noch ein letztes Mal vor dem Teufel und seinen Versuchungen warnt, stehen.
Im Juke Joint der Zwillinge Smoke und Stack will Sammie auftreten. Die Gangster sind soeben nach Clarksdale in Mississippi zurückgekehrt. Zu lange haben sie in Chicago die Kriege Al Capones geführt. Nun widmen sie sich wieder dem Kampf, den sie kennen. Das alte Sägewerk wird dazu einem schlecht getarnten Ku-Klux-Klan-Anhänger abgekauft, weitere Musiker wie Delta Slim (Delroy Lindo) auf der Straße rekrutiert und alles andere mit den dicken Geldbündeln, die beide Brüder in der Tasche tragen, gekauft.
Eine elektrisierende Tour durch Mississippi
Bevor die Nacht hereinbricht, soll der Juke Joint stehen, Sammie und Slim eine Bühne und dem Rest der Community einen sicheren Raum bieten. Die Vorbereitungen dazu sind eine elektrisierende Tour durch das von blutiger Geschichte und persönlichen Traumata erschütterte und doch wunderschöne Mississippi der 1930er-Jahre. Smoke und Stack, der eine finster unter seiner Schiebermütze hervorlugend, der andere das unerschütterliche Grinsen auch dort noch tragend, wo er die Pistole zieht, durchqueren Jahrzehnte blutiger Geschichte, während sie die lokale Community für die nächtliche Party zusammenzutrommeln versuchen. Nicht überall stößt das mit der Gnadenlosigkeit der Chicago-Outfits und cooler Ausstrahlung vorgetragene Robin-Hood-Gehabe der Zwillinge auf freundliche Zustimmung, aber Charme und Feuerkraft leisten letztlich doch die nötige Überzeugungsarbeit.
Neben den Ku-Klux-Klan-Gewändern, die die weiße Bevölkerung von Clarksdale noch immer im Hinterzimmer liegen hat, geht noch ein anderer Schrecken um. Die Soundtrack-Musik von Ludwig Göransson lässt ihn als dämonischen Hauch in die Szenen hineinwehen, die als Vorboten der Nacht dienen. Vampire gehen um in Mississippi.
Die, nach ihren Cousins, den Zombies, wohl beliebtesten (und um einiges sinnlicheren) Unholde der Kultur- und Kinogeschichte sind nur eine unter Dutzenden Allegorie, die Regisseur und Autor Ryan Coogler „in „Blood & Sinners“ zwischen Blut und Musik platziert. Der Ur-Vampir ist ein Weißer, aber die Idee des Vampirismus lässt sich, wie viele der kulturellen Subtexte, allen voran das mit traditionellen Religionen Afrikas verwobene Christentum, das Sammies Vater als Priester und Smokes Ex-Frau Annie (Wunmi Mosaku) als Quasi-Schamanin verkörpern, nie allzu klar sinnbildlich einsortieren. Unzählige Subtexte aus Sklaverei- und Kulturgeschichte der Schwarzen drängen in die Erzählung und einander daraus hinaus. Der einzige Fluchtpunkt inmitten der mitunter disparaten Symbolik ist die Musik. Entsprechend sind nicht die Smokestack Brüder, die Klan, Blutsaugern und sonstigen Feinden ohne Zögern Kugeln verpassen, die Protagonisten der blutigen Geschichte, sondern der junge Sammie. Er ist die Zukunft, die nicht sterben darf, der Siegeszug der schwarzen Kultur, die in Cooglers tiefem Süden der 1930er-Jahre noch immer tief im Schatten des Ku-Klux-Klans und der weißen Blutsauger steht.
Spaß auch mit Knoblauch und Holzpfahl
„Blood & Sinners“ ist kein Musical im eigentliche Sinne, aber letztlich mehr ein Film über die Musik als ein Vampirfilm. Der Übergang zum Horror läuft bei Ryan Coogler ähnlich ab, wie ihn Robert Rodriguez einst in „From Dusk Till Dawn“ zelebrierte: libidinös, musikalisch, phantasmagorisch und blutig. Zumindest kurzfristig bringen die Vampire den kulturellen Polyrhythmus des Films ein wenig ins Stolpern, überschreiben ihn mit dem Standardtakt eines stark auf Regeln gebauten Subgenres. Aber auch mit Knoblauch und Holzpfahl in der Hand weiß „Blood & Sinners“ letztlich seinen Spaß zu haben.
Der Schlüssel zum Film und Fluchtpunkt des nicht immer stimmigen Gesamtkunstwerks ist der Blues. So ist der zentrale Moment des Films nicht der Angriff der Vampire, sondern Sammies Auftritt im Juke Joint. Das Publikum stampft den Beat auf dem Boden, der einst blutgetränkt war. Vergangenheit und Zukunft, Afrobeat, Hip-Hop, Soul und sogar traditionelle chinesische Musik mischen sich dazwischen, bauen eine ekstatische Klimax auf, die irdische Sphären zu überwinden scheint, so nah an der Sonne fliegt, dass sich die Leinwand vergrößert. Während der Ort, der einst ein Schlachthaus der Sklaventreiber war, Feuer fängt und bis auf die Grundmauern niederbrennt.
Ein kathartischer Befreiungsschlag, den Coogler mit sichtbarer Freude an der aus der afroamerikanischen Kulturgeschichte angemischten Vision mit Hektolitern von Kunstblut überschüttet, bis die Nacht endet und ein Mann mit zerstörter Gitarre in der Hand der Sonne entgegenblickt.