Dope Thief
Drama | USA 2025 | 386 Minuten (acht Folgen)
Regie: Peter Craig
Filmdaten
- Originaltitel
- DOPE THIEF
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2025
- Produktionsfirma
- Apple Studios/Scott Free Prod.
- Regie
- Peter Craig · Ridley Scott · Marcela Said · Jonathan van Tulleken · Tanya Hamilton
- Buch
- Peter Craig
- Kamera
- Yaron Orbach · Eduardo Enrique Mayén · Erik Messerschmidt
- Musik
- Dominic Lewis
- Schnitt
- Jennifer Barbot · Eric Litman · J. Kathleen Gibson · Billy Rich
- Darsteller
- Brian Tyree Henry (Ray) · Wagner Moura (Manny Cespedes) · Marin Ireland (Kristy Lynne) · Kate Mulgrew (Theresa Bowers) · Nesta Cooper (Michelle)
- Länge
- 386 Minuten (acht Folgen)
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Drama | Krimi | Serie
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Krimiserie um zwei beste Freunde und Kleinkriminelle, die sich als Agenten des Drogendezernats ausgeben, um die Lager von Dealern ausnehmen zu können. Bis sie sich nichtsahnend mit den Falschen anlegen.
Serien über die kriminelle Unterwelt gibt es viele. „The Wire“ von David Simon gilt dabei als so etwas wie der Show-Großvater, und gleichzeitig als eine der besten Produktionen, die die Fernsehlandschaft je erschaffen hat. Bei der in Baltimore spielenden Crime-Serie verwischen sukzessive die Grenzen der Kriminalität; im Endeffekt scheint die ganze Stadt korrupt zu sein. „Dope Thief“ verschreibt sich diesem Ansatz ebenfalls und erzählt eine Geschichte von zwei Freunden, Ray (Brian Tyree Henry) und Manny (Wagner Moura), die sich als Agenten des Drogendezernats ausgeben, um sogenannte „Stash Houses“ hochzunehmen. Die illegalen Lager, die Ray und Manny ins Visier nehmen, dürfen auf keinen Fall zu groß sein, damit die Kleinkriminellen nicht zu viel Aufsehen erregen und dennoch mit einer ordentlichen Beute davonkommen.
Doch die Routine, die sie bei ihren Coups mittlerweile entwickelt haben, und die Gier nach mehr Geld, auch um Rays Adoptivmutter Theresa (Kate Mulgrew) mit 10.000 Dollar zu unterstützen, machen die beiden fahrlässig. Als sie sich einen Ex-Sträfling als dritte Person dazuholen, empfiehlt dieser ihnen, ein üppigeres „Stash House“ ins Visier zu nehmen. Entgegen ihren Prinzipien stimmen Ray und Manny zu. Und das Ganoven-Leben entwickelt sich zum Albtraum.
Eskalation im Milieu
Der Raubüberfall in getarnter Montur eskaliert so sehr, dass mehrere Beteiligte getötet werden. Die beiden Freunde können zwar mit der opulent ausfallenden Beute fliehen, haben aber fortan nicht nur eine rachesüchtige Rockerbande samt mysteriösem Anführer an den Hacken, sondern auch die echte Drug Enforcement Administration (DEA) wird auf den Fall aufmerksam. Auch, weil bei der missglückten Aktion verdeckte Ermittler anwesend waren – darunter die schwer verletzte Mina (Marin Ireland).
„No matter how much you change, you still have to pay the price for things you’ve done.“ Ein Zitat aus Ben Afflecks „The Town“, zu dem „Dope Thief“-Schöpfer Peter Craig das artverwandte Drehbuch verfasste. Worte, die sich auch auf die Crime-Serie, die auf dem gleichnamigen Roman von Dennis Tafoya beruht, übertragen lassen. Eigentlich wollten sich Ray und Manny aus den illegalen Geschäften zurückziehen, doch die kriminellen Verstrickungen fordern schlussendlich ihren Tribut.
Das Netz aus Gangs, Drogenhändlern, korrupten Polizisten und anderen Vermittlern weitet sich zunehmend aus – mittendrin die beiden Buddys, die den Beginn der eigenen Abwärtsspirale eingeläutet haben. In einer Folge erzählt Ray, dass Philadelphia auch „the Trap“ genannt wird. Aus dieser Falle gäbe es kein Entkommen; die Stadt frisst einen auf. Drogenprobleme lösen sich nur mit Drogendelikten auf. In „Dope Thief“ wird Feuer mit Feuer bekämpft, Grenzen zwischen Gut und Böse scheint es nicht zu geben.
Ein packender Auftakt durch Regisseur Ridley Scott
Für die erste Episode holt sich die Serie mit Ridley Scott einen Veteranen auf den Regiestuhl. Routiniert, dynamisch und ohne unnötige Abschweifungen befolgt „Dope Thief“ die altbekannte Regel, dass der Pilot überzeugen muss und gleichzeitig die Neugier auf Folgendes intensiviert. Mittels spannender Wendungen und dem zielgerichteten Beginn der drohenden Eskalationsstufen schafft die Serie jene Vehemenz, die im Laufe der Handlung abflacht. Im Folgenden greifen dann die Genrekonventionen, wie sie sich schon durch die Prämisse erahnen ließen. Angesichts der überschaubaren Länge von acht Folgen fällt der Unterhaltungswert trotzdem nicht ganz ab, der Qualität der Pilotfolge läuft die Serie aber bis auf wenige Ausnahmen in späteren Episoden dramaturgisch hinterher.
Wodurch sich „Dope Thief“ von anderen Gangsterserien unterscheidet, ist der sich treu bleibende Humor. Problemlos ließe sich von einer Mixtur aus Thriller und Komödie sprechen, da sich die (schwarz-)humorigen Ausbrüche auch durch die sich anbahnenden Tragödien ziehen. Die Besetzung von Brian Tyree Henry unterstützt den ausgewogenen Einschlag, wobei er hier zeigt, dass er mehr als nur den witzigen Kumpeltyp mimen kann.
In seinem Charakter sollen sich Verlust und Vergangenheitsbewältigung wiederfinden. Filmisch wird dies durch Rückblenden umgesetzt. Man erfährt Andeutungen über eine Jugendliebe, den Tod und die problematische Beziehung Rays zu seinem Vater Bart (Ving Rhames), der seine Zeit im örtlichen Gefängnis absitzt. Das Motiv der Retrospektive verschleiert allerdings die fehlende Charakterentwicklung des Protagonisten in der Handlungsgegenwart und versucht durch die klassisch schwarz-weiß kodierten Szenen, einen Akt der Reue in die unmittelbaren Geschehnisse zu transportieren. Andeutungen als Ablenkung davon, dass die Geschichte selbst keine Auswege abseits des gängigen Formats findet. Leiden erfährt Ray vor allem physisch, und die schweißtreibende Situation ist ihm durchweg im Gesicht abzulesen.
Es gibt keine alternative Lebensrealität
Für den nötigen Tiefgang sorgt die Verbindung zwischen Ray und Manny. Dass sie sich schon seit ihrer Kindheit kennen, merkt man eben nicht nur an den Rückblenden. „Dope Thief“ beleuchtet eine Freundschaft, die durch die drastischen Lebensumstände hinterfragt wird. Beide kämpfen mit ihren eigenen Dämonen; Vertrauen und Loyalität schienen schon vor der Eskalation an ihre Grenze zu kommen. Dass das Duo diese Palette an zwischenmenschlichen Verpflichtungen bis zum Ende aufrechterhält und simultan hinterfragt, liegt auch an der Chemie zwischen Henry und Moura.
Immer wieder sind Kinder zu sehen. Das Intro folgt einem Fahrrad fahrenden Jungen, der in den Gassen von unterschiedlichen Leuten beäugt wird. Kinder werden in der Serie nicht zu wichtigen Protagonisten; doch deutet die Art, wie sie nebenbei in den Blick genommen werden, an, um was es in „Dope Thief“ im Kern geht: Um gesellschaftliche Rahmenbedingungen, in denen viele Lebenswege vorgezeichnet sind und die Kids den Straßen Philadelphias überlassen werden. Wo Drogen, Gefängnis und Tod warten. Eine Kausalkette, die inszenatorisch durch den Aufbau des Milieus greifbar gemacht wird. Die dichte Atmosphäre und das engspurige, dreckige Lokalkolorit erzeugen einen Sog, den es braucht, wenn man eine tragische Lebensrealität von durchweg verunsicherten Personen zeichnet.
Im Abspann laufen die Rapper Freeway oder Lil Uzi Vert, beide in Philadelphia aufgewachsen. Dafür, dass „Dope Thief“ mit zahlreichen Figuren aufwartet, wechseln die Schauplätze weniger, als man erwarten könnte. Die Geschichte ist groß, die Welt ist klein. Entscheidend auftrumpfen kann die Crime-Serie nicht durch inhaltliche Raffinesse oder nuancierte Charakterentwicklungen, sondern die urbane Aussichtslosigkeit wird zum dominierenden Strippenzieher. Inmitten der Perspektivlosigkeit braucht man jenen aufrechtstehenden Humor, der sich verzweifelt allem in den Weg stellt, das einen in die Knie zwingen wird.