Thomas Monroe (Guy Pearce) ist ein Gentleman. Daran lässt „The Convent“ keinen Zweifel. Auch wenn man ahnt, dass seine Vergangenheit dunkle Geheimnisse birgt, die ihn zu einem Wanderprediger haben werden lassen, so sind die Bilder dennoch stärker als jede Erzählung. Während die britischen Seefahrer und Soldaten mit dem Beiboot übersetzen, schwimmt der Prediger mit seinem weißen Pferd vom Segelschiff zum Strand. Anmutig entsteigt das Tier dem Meer: Der Retter/Ritter auf dem weißen Pferd ist angekommen.
Das Pferd wird Monroe aber bald für ein Leben eintauschen, das es zu retten gilt. Im neuseeländischen Urwald gerät Monroe in eine blutige Auseinandersetzung zweier verfeindeter Māori-Stämme. Durch den Tauschhandel kann er die junge Rangimai (Tioreore Ngatai-Melbourne) aus den Fängen des Stammesführers Akatarewa (Lawrence Makoare) befreien. Ihr Mann wird getötet.
Der Zirkel des Kolonialismus
Der Engländer nimmt die trauernde Indigene mit in die britische Kolonie, wo man ihr mit offenem Rassismus und kolonialistischer Überheblichkeit begegnet. Einzig die Außenseiterin Charlotte (Jacqueline McKenzie), die mit der Kultur und der Sprache der Māori vertraut ist, hilft Rangimai und Monroe. Rangimais Vater, der Stammesführer Maianui (Antonio Te Maioha), bittet Monroe schließlich, seine Tochter in den Gepflogenheiten der westlichen Welt zu unterrichten. Zum Schutz stellt er den jungen Krieger Pahirua (Duane Evans Jr.) an ihre Seite, der sich sehr zum Missfallen der Dorfgemeinschaft mit einer jungen Frau einlässt. Das hat drastische Folgen. Bald liegt immer mehr Gewalt in der Luft. Der Konflikt zwischen dem Stamm von Maianui und dem von Akatarewa eskaliert, angeheizt von den englischen Kolonialherren, die mit Waffengeschäften Geld machen und darauf hoffen, dass die Indigenen sich gegenseitig abschlachten. Schusswaffen verändern die Kräfteverhältnisse und führen in einen todbringenden Kreislauf der gegenseitigen Auslöschung. Die Siedler müssen sich nicht einmal die Hände schmutzig machen.
Mit großer emotionaler Wucht
Der neuseeländische Regisseur Lee Tamahori, der selbst māorischer Abstammung ist, setzt sich auch in „The Convert“ mit der Kultur der Māori und ihrer Unterdrückung auseinander. Dieses Mal in Form eines historischen Epos, das die mit dem Kolonialismus einhergehende Gewaltspirale thematisiert. Die junge Darstellerin Tioreore Ngatai-Melbourne überstrahlt dabei alles mit ihrer wütenden körperlichen Präsenz. Die Neuseeländerin ist auch der Grund, dass der Film trotz seiner dramaturgischen Unwucht und obwohl er formal-ästhetisch äußerst schlicht daherkommt, emotional durchaus funktioniert. Die Figur der jungen Māori, die sich gegenüber den neuen Kräften der Geschichte behaupten muss, erhält eine ungeheure menschliche Tiefe, die über die bloße Funktion innerhalb des moralischen Drehbuchs hinausweist. Man erlebt einen Charakter, der werden darf. Alle anderen Figuren sind eher dramaturgische Werkzeuge, um diese lose, auf wahren historischen Ereignissen basierende Episode aus der neuseeländischen Historie zu erzählen.
Die Absicht, die koloniale Landnahme, den grassierenden Rassismus und die komplexe Kultur der Māori zu zeigen, überfrachtet den Film. Doch es gibt immer wieder Szenen, vor allem zwischen Monroe und Rangimai, die mit stiller Sensibilität das Große im Kleinen zeigen. Das Hauptproblem ist dabei vor allem die Figur des Thomas Monroe, der einzig dazu dient, den moralischen Blick des Publikums zu leiten und das Gewissen zu entlasten. Ein wenig mehr kritische, postkoloniale Härte hätte „The Convert“ gutgetan.
Die Siedler sind allesamt gierige, unsympathische Ekel. Wem die Sympathien gelten sollen, ist eindeutig markiert. Monroe ist eine Art leere Leinwand, auf die alle romantischen Vorstellungen von Widerstand und der Tugendhaftigkeit projiziert werden können. Viel zu lange lässt der Film die Hauptfigur in der britischen Siedlung verharren, bis Monroe schließlich in den eigentlichen Konflikt zwischen den Māori-Stämmen hineingezogen und an die Grenze seines Glaubens geführt wird. Wobei der Film trotz seines Titels – „The Convert“, also „Der Konvertit“, meint jemanden, der sich von einem Glauben ab- und einem anderen zuwendet – in der Thematisierung von Monroes Haltung zum christlichen Glauben und vor allem seinen Zweifeln nicht sehr überzeugend ausfällt.
Mit eindringlicher Intensität
Dieses Gefühl des Nicht-Überzeugenden hat auch mit dem allzu sauberen Look des Films zu tun, der sich trotz gewisser Schauwerte der neuseeländischen Natur allzu kulissenhaft ausnimmt. Die Kostüme wirken stets frisch gewaschen und gebügelt; die Frisuren sitzen, die Häuser sind gefegt. In den Szenen im Dorf der Māori glaubt man sich in ein Freilandmuseum versetzt.
Trotz dieser Einschränkungen sind die Einsichten in die moralischen Vorstellungen, dass Rache und Tod eng miteinander verbunden sind, sowie die kulturellen Praktiken der Māori von eindringlicher Intensität. Das lässt über manche Unzulänglichkeit hinwegsehen. „The Convent“ vermittelt durchaus einen Einblick in eine Kultur, von der man immer noch zu wenig weiß.