Carry-On
Action | USA 2024 | 119 Minuten
Regie: Jaume Collet-Serra
Filmdaten
- Originaltitel
- CARRY-ON
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2024
- Produktionsfirma
- Dylan Clark Prod./Amblin Ent.
- Regie
- Jaume Collet-Serra
- Buch
- T.J. Fixman · Michael Green
- Kamera
- Lyle Vincent
- Musik
- Lorne Balfe
- Schnitt
- Elliot Greenberg · Krisztian Majdik · Fred Raskin
- Darsteller
- Taron Egerton (Ethan Kopek) · Jason Bateman (Reisender) · Sofia Carson (Nora Parisi) · Danielle Deadwyler (Elena Cole) · Tonatiuh (Mateo Flores)
- Länge
- 119 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Action | Thriller
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Actionfilm um einen Security-Mann, der gezwungen wird, an Heiligabend im Reisetrubel am Flughafen ein gefährliches Päckchen durch die Sicherheitskontrolle zu schleusen.
Die Weihnachtszeit ist nicht nur für besinnliche Momente da; sie kann auch das Chaos entfesseln! Der Flughafen wird dabei zum sinnbildlichen Mikrokosmos des Stresses, wenn sich Reisende und Heimkehrer durch die Sicherheitskontrollen drängen. Bevor sich die Familien wiedervereinen, scheint sich die gesamte Gesellschaft am Terminal zu stauen. „Keep the line moving. Keep the people safe“, fordert in „Carry-on“ der Chef der Sicherheitsbehörde (Dean Norris) seine Angestellten auf.
Eigentlich fühlt sich der Mitarbeiter Ethan Kopek (Taron Egerton) zu Höherem berufen, als am Flughafen von Los Angeles Kontrollaufgaben zu übernehmen. Doch die gescheiterte Bewerbung bei der Polizeiakademie ließ seine Karriere stagnieren. Für seine schwangere Frau – und um sich selbst etwas vorzumachen – bemüht er sich um eine Beförderung. Prompt landet er am Gepäckscanner, wo er in einen kriminellen Plan verwickelt wird. Denn ein Unbekannter will, dass Kopek ein Paket mit brandgefährlichem Inhalt durch die Kontrolle schleust; wenn er sich weigert, werden seine Frau und sein ungeborenes Kind sterben. Über einen versteckten Knopf im Ohr erhält er fortan Anweisungen des mysteriösen Mittelsmanns (Jason Bateman).
Pragmatische Festtagskost
Der spanische Filmemacher Jaume Collet-Serra versucht sich mit „Carry-On“ an einem Actionfilm zur Weihnachtszeit; die Parallelen zu „Stirb Langsam“ sind von Beginn an spürbar. Die Charaktere sind schnell umrissen, um Raum für ein aufgeladenes Katz-und-Maus-Spiel zu schaffen. Die Kombination aus Alltagsstress und Ausnahmesituation bietet eine gute Grundlage für ein rasant inszeniertes und streckenweise unterhaltsames Miteinander-Gegeneinander, doch die Spannung stützt sich hauptsächlich auf gängige Genrekniffe.
Der Pragmatismus der Inszenierung spiegelt sich auch in der von Jason Bateman gespielten Figur wider. Er spielt hier den namenlosen Reisenden mit finsteren Absichten, der die Kappe tief ins Gesicht gezogen trägt und sich selbst als krimineller Auftragnehmer bezeichnet, der jede Moral hintanstellt. Doch weder seine Motivation noch sein ermüdender Zynismus erreichen jene finstere Gravitas, die für einen charismatischen Actionfilm-Antagonisten nötig wäre.
Der mysteriöse Drahtzieher hält die direkte kommunikative Verbindung zu Kopek – einem Good Guy mit funktionierendem Sozialleben. In der Manier von Joel Schumachers „Nicht auflegen!“ greift der Film damit das Motiv des Kontrollverlusts und der Fremdsteuerung per Audio-Verbindung auf. Der verzweifelte Protagonist, der in die fatale Situation geraten ist, als Handlanger des Bösen missbraucht zu werden, sucht fortan nach einer List, um dem Dilemma zu entkommen, entweder das Leben seiner Frau oder das unschuldiger Reisender zu zerstören. Dabei kann er sich niemanden anvertrauen; er muss das drohende Unheil allein abwenden.
Gewissenhaft die Arbeit erledigen
Der Charakter von Taron Egerton läuft dabei zum Hochleistungs-Angestellten auf, der sich wacker durch die exzessive Bedrohungssituation kämpft. Dabei muss er gleichermaßen seine Frau retten, seine Aufgaben gewissenhaft erfüllen, den Chef zufriedenstellen und gleichzeitig die Aufträge der Schwerverbrecher ausführen, ohne aufzufallen. Er ist sozusagen ein tapferer Zinnsoldat der neoliberalen Leistungsgesellschaft, ohne dass der harmlose Genrefilm allerdings einen Sensus für die Ironie besäße, die darin steckt, und den Protagonisten am Ende die Erlösung in seinem Traumberuf finden lässt – als Polizist.
Durch die wenig kreative Anlehnung an Genre-Vorbilder verkommt „Carry-On“ zudem zu einem pseudo-psychologisierenden Machtspiel, dem jeglicher Charme fehlt. Während der „McGuffin“ unbemerkt durch die Sicherheitskontrolle geschleust wird, nimmt sich die löchrige Erzählung viel zu ernst. Als geradliniger Actionfilm, in dem Egerton über den gesamten Flughafen gejagt wird, hätte „Carry-On“ deutlich mehr Unterhaltungswert besessen. Stattdessen verliert sich der Plot in einer uninteressanten Parallelhandlung, in der eine Ermittlerin (Danielle Deadwyler) die Spur des Verbrechersyndikats aufnimmt, was die überkonstruierte Geschichte eher aufbläht als bereichert. Fade inszenierte Actionsequenzen, die ironisch mit „Last Christmas“ von Wham! unterlegt sind, lassen zudem den Eindruck entstehen, als wollten die Macher nur leicht verdauliche Feiertagskost produzieren.
Müde Holiday-Hommage
Inszenatorisch verharrt Jaume Collet-Serra allzu sehr in Routine. Mit Liam Neeson in der Hauptrolle hat er ja schon vier vergleichbare Actionthriller inszeniert, mit „Non-Stop“ einen davon auch mit einem Flugzeug als Schauplatz. Die schematische Abhandlung des generischen Drehbuchs von Michael Green und T.J. Fixman lassen die Gefahr nie greifbar werden. Lediglich das Setting des Flughafens liefert mitunter Steilvorlagen für Tempo und schweißtreibende Drucksituationen. Taron Egerton, Jason Bateman und die anderen Darsteller spielen ihre Rollen ordentlich, können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihre Figuren letztlich einer Action-B-Movie-Ära entstammen. Da hilft auch die absurd aufdringliche Visualisierung der digitalen Kommunikation wenig.
Als pulpige Hommage an ein Oldschool-Actionkino funktioniert „Carry-On“ in Teilen, allerdings als austauschbare Ware. Die Macher scheinen sich darauf zu verlassen, dass das Publikum an den Feiertagen keine Wunder erwartet; zu sehr sind die Genre-Traditionen zur Komfortzone geworden. Hauptsache, das Fest der Liebe bleibt in sicheren Händen. „Carry-On“ lässt zwei Stunden lang den Vorweihnachtstress in zugespitzter Form erleben, um schließlich am vertrauten Ziel anzukommen. Dazu läuft die Weihnachts-Playlist im Vor- und Abspann.