The Day of the Jackal

Literaturverfilmung | Großbritannien 2024 | 600 (zehn Folgen) Minuten

Regie: Paul Wilmshurst

Ein Auftragskiller erschießt im Auftrag zahlender Kunden ranghohe Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft, woraufhin er von einer britischen Agentin quer durch Europa gejagt wird. Trotz der visuellen Schauwerte und der zeitgenössischen politischen Updates gelingt es der Serie nicht, der schon mehrmals verfilmten Vorlage einen inhaltlichen Mehrwert hinzuzufügen. Zwar hat die Titelfigur in einer moralisch ambivalenten Agentin eine starke Gegnerin, andere Figuren aber werden klischeehaft verflacht, und wo im Original die Undurchschaubarkeit der Weltpolitik anklingt, setzt die Neuinterpretation auf eindeutige Motivationen. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
THE DAY OF THE JACKAL
Produktionsland
Großbritannien
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
Carnival Film & Television
Regie
Paul Wilmshurst · Anu Menon · Brian Kirk · Anthony Philipson
Buch
Ronan Bennett · Charles Cumming · Shyam Popat · Jessica Sinyard
Kamera
Christopher Ross · Dale Elena McCready · Laurie Rose
Schnitt
Luke Dunkley · Adam Green · Adam Moss · Ben Whitehead · Sam Hodge
Darsteller
Eddie Redmayne (Jackal) · Lashana Lynch (Bianca) · Úrsula Corberó (Nuria) · Charles Dance (Timothy Winthorp) · Richard Dormer (Norman)
Länge
600 (zehn Folgen) Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Literaturverfilmung | Serie | Thriller
Externe Links
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Miniserie nach dem Thriller von Frederick Forsyth um die Jagd auf einen mysteriösen Auftragskiller, der ranghohe Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft ins Visier nimmt.

Diskussion

Ein versierter Auftragskiller kann gut schießen, ein exzellenter Auftragskiller kann sich außerdem sehr gut maskieren. Der Schakal (Eddie Redmayne) beherrscht beide Fähigkeiten mühelos. Als Putzmann verkleidet schleust er sich auf diese Weise in ein Verlagsgebäude ein. Mittels Gebiss, Perücke, Kontaktlinsen, Prothesen und Gummihaut nimmt er die Gestalt eines Manns an, den er kurz zuvor getötet hat. Selbst die Security verwechselt den maskierten Doppelgänger. Bedacht und ruhig zielt der Schakal von dem Gebäude auf sein Opfer – ein hoher deutscher Politiker. Als die Polizei anrückt, ist der Schütze bereits verschwunden. Ein exzellenter Auftragskiller ist eben auch blitzschnell und hinterlässt keine Spuren.

Autor und Produzent Ronan Bennett und Serienregisseur Brian Kirk haben sich für die zehnteilige Serie eine fast schon mythische Figur des Politthrillers vorgenommen, die bereits 1973 von Fred Zinnemann („Der Schakal“) und 1997 von Michael Caton-Jones („Der Schakal“) verfilmt wurde. Die erste Adaption geht auf einen Roman von Frederick Forsyth zurück, in dem der Killer im Auftrag der OAS – einer rechten paramilitärisch-terroristischen Gruppe – den damaligen französischen Präsidenten Charles de Gaulle ermorden soll, um so die Unabhängigkeit Algeriens zu verhindern. Der Clou war, dass der namenlose Schakal sich identitätslos und ideologielos durch eine Welt bewegt und Mordaufträge erfüllt, die ideologisch motiviert sind.

Jagd durch Europa

In der Neuauflage als Serie sind der Kalte Krieg und die Unabhängigkeitskämpfe ehemaliger Kolonien zwar Geschichte, aber ideologische Konflikte in der Welt- und Wirtschaftsordnung gibt es nach wie vor. Da wäre nicht nur der oben genannte deutsche Politiker zu nennen, der wegen seiner Migrationspolitik umstritten ist, sondern auch ein Elon-Musk-ähnlicher Tech-Mogul, der sich mit seiner Erfindung als Bekämpfer der korrupten Eliten inszeniert. Ein digitales Werkzeug soll die illegalen Geldströme weltweit registrieren. Dementsprechend nervös sind diverse Unternehmen und engagieren den Schakal. Doch Bianca (Lashana Lynch), eine Agentin des britischen Geheimdienstes, kann die Waffe des unbekannten Schützen auf einen Händler zurückführen und jagt mit allen Mitteln den Schakal über den europäischen Kontinent.

Die Situation – das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Attentäter und Agentin – ähnelt damit stark der Vorlage. Allerdings haben Bennett und Kirk die Geschichte an heutige Seh- und Hörgewohnheiten angepasst. Das heißt: schnellere Schnitte, mehr Action und mehr Schauplätze – München, London, Paris, Tallin, Cádiz, Budapest etc. Leider haben die beiden Serienmacher auch die Figur des Schakals modifiziert und sie mit einer Hintergrundgeschichte und einem Privatleben ausgestattet. Was dazu beiträgt, die Geschichte auf Serienformat auszudehnen, aber freilich den mysteriösen „Mann ohne Eigenschaften“-Nimbus des Schakals untergräbt. Ohne zu viel zu verraten, lässt sich sagen, dass der Schakal dadurch zu einer sehr banalen und berechenbaren Figur wird. Der Reiz des Originals ist dahin. Dass Eddie Redmayne die Hauptrolle verkörpert, macht es nicht besser: Sein Schakal gerät zu freundlich, um ihn als Killer ernst zu nehmen.

Grauschattierungen und Gut-Böse-Klischees

Was dagegen gut funktioniert, ist die Neukonstruktion seines Gegenspielers, der nun eine Gegenspielerin ist. Lashana Lynch hat bereits im letzten James-Bond-Film „Keine Zeit zu sterben“ bewiesen, dass sie tougher als so manche männlichen Kollegen des MI6 ist. In der Rolle der Bianca kann sie die Agentinnen-Figur nun auch charakterlich entfalten. Zum einem wehrt sie sich gegen den Druck ihrer Chefin, zum anderen kämpft sie mit der zunehmenden Gefahr für ihre Familie. Bianca ist davon überzeugt, für das Richtige zu kämpfen, und wendet trotzdem moralisch fragwürdige Methoden an. Sie erpresst eine Informantin, sie gefährdet deren Tochter, und sie erstickt beinahe mit einem Kissen deren Vater. Gewalt ist für Bianca Mittel zum Zweck. Trotzdem misslingen ihre Operationen, und sie muss sich im Geheimdienst rechtfertigen. In dieser Grauschattierung ist die Serie am stärksten.

Schwach dagegen sind die vielen Nebenfiguren, die zu nah am Klischee gezeichnet werden. Der Tech-Mogul ist größenwahnsinnig, die Informantin ist sozial schwach und mental instabil, der Waffenhändler ist brutal und misstrauisch. Übrigens fallen die Worte „Vertrauen“ und „Misstrauen“ erstaunlich häufig. In einem Verhör sagt Bianca: „Du kannst niemandem vertrauen.“ Diese Aussage steht ziemlich im Widerspruch zu den zahlreichen Handlungssträngen der Serie, in denen die Motivationen der Figuren beleuchtet werden. Selbst der Schakal hat seine „bürgerliche“ Träume von einem sicheren Heim. Damit entzaubert die Serie nicht nur die Vorlage, sondern nimmt dem Stoff auch die Dimension der Paranoia. Der Schakal ist in Zeiten von Drohnenschusswaffen sowieso schon eine anachronistische Figur, und auf die Frage, warum das Publikum trotzdem einem Auftragskiller beim Maskieren und Schießen heutzutage zuschauen sollte, finden die Serienmacher bis zum Ende keine wirklich überzeugende Antwort.

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