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Komödie | Dänemark 2023 | 107 Minuten

Regie: Hella Joof

Nur widerwillig zieht eine 35-jährige Autorin aus Kopenhagen mit Mann und Sohn nach Jütland, wo der Mann eine Lehrerstelle antritt. Während er sich schnell einlebt, eckt sie bei den wortkargen Einheimischen und den Öko-Aktivisten unter den Internatsschülern mit ihrem Sarkasmus immer wieder an. Doch dann findet sie als Betreuerin der Kummerkasten-Rubrik der Lokalzeitung erste Anerkennung. Die Romanadaption kombiniert routiniert Elemente aus romantischer Komödie, Provinzdrama und Öko-Satire, doch der Funke will nicht recht überspringen. Der Inszenierung fehlt es an Tempo und Fallhöhe, die Figuren bleiben zu statisch und Stationen und Schluss sind allzu vorhersehbar. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
METER I SEKUNDET
Produktionsland
Dänemark
Produktionsjahr
2023
Produktionsfirma
Nordisk Film
Regie
Hella Joof
Buch
Jenny Lund Madsen · Ida Maria Rydén
Kamera
Kim Høgh
Musik
Povl Kristian
Schnitt
Cathrine Ambus
Darsteller
Sofie Torp (Marie) · Thomas Hwan (Rasmus) · Anders Agger (Anders Agger) · Lotte Andersen (Schulleiterin) · Maria Rossing (Tone)
Länge
107 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie | Literaturverfilmung
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Lighthouse
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Beziehungskomödie über eine 35-jährige Autorin, die mit ihrem Mann aufs Land zieht, wo sie sich als Außenseiterin sehr schwertut

Diskussion

Die Autorin Marie (Sofie Torp) genießt das Leben in der Großstadt. Doch dann bekommt ihr Mann, der Lehrer Rasmus (Thomas Hwan), mit dem sie seit Kurzem einen gemeinsamen Sohn hat, ein Angebot, das sie aus dem vertrauten urbanen Biotop herausreißt: Ihm winkt eine Stelle an einem Internat im abgelegenen Westen Jütlands, dem „Land der kurzen Sätze“. Rasmus will die Chance nutzen, und so zieht die Familie von Kopenhagen in die Kleinstadt Velling an der stürmischen Nordseeküste. Dort stellt das Internat den Neulingen sogar eine Wohnung, und sie können jeden Tag in der Kantine essen. Während sich Rasmus in die neue Umgebung schnell integriert, tut sich die selbstbewusste Großstädterin mit dem großen Mundwerk schwer in der Provinz. Unter den wortkargen Einheimischen, die nie offen über Sex und ungern über körperliche Themen reden, fühlt sie sich als Außenseiterin. Mit ihren sarkastischen Sprüchen eckt sie mehr als einmal beim Personal des Internats oder in Frauengruppen an. Mehrere Anläufe, neue Kontakte zu knüpfen, bleiben erfolglos. Aber immerhin lernt sie allmählich, weniger zu reden und mehr zuzuhören.

Erste Anerkennung bekommt sie als Redakteurin der Rubrik „Kummerkasten“ bei der örtlichen Tageszeitung, wo sie mit ihren verständnisvollen Antworten einigen Lesern mit Liebeskummer und Beziehungsproblemen helfen kann. Außerdem lernt sie die exzentrische Hotelbetreiberin Krisser (Christine Gjerulff) kennen, mit der sie in der nächsten Stadt wenigstens mal um die Häuser ziehen kann. Doch dann bricht Rasmus kurz nach einem heftigen Streit mit der eifersüchtigen Marie zu einer Klassenfahrt nach Budapest auf, bei der auch die Schülerin Emma (Malaika Berenth Mosendane) mitfährt, die ihn offen anhimmelt.

Kulturschock in der Provinz

Die melodramatisch angehauchte Mischung aus Romantikkomödie und Provinzdrama beruht auf dem 2020 erschienenen Roman „Meter pro Sekunde“ von Stine Pilgaard. Die 1962 geborene dänische Schauspielerin, Regisseurin und Produzentin Hella Joof, die seit ihrem Langfilmdebüt „Shake It All About“ (2001) mehrere Liebeskomödien wie „Oh Happy Day“ (2004), „Linas Kvällsbok“ (2007) und „Happy Ending“ (2018) realisiert hat, kombiniert routiniert Elemente einer Kulturschock-Komödie mit Beziehungsproblemen sowie einer süffisanten Burleske über Öko-Aktivismus. Allerdings sind Stationen und Ausgang der „Fish-out-of-Water“-Konstellation allzu leicht ausrechenbar, dazu kommen einige Längen im Mittelteil.

So recht überspringen will der Funke nicht, denn der Inszenierung mangelt es nicht nur an Tempo, sondern auch an Fallhöhe und Entwicklung. Die Regisseurin zeichnet ihre Hauptfiguren leider allzu statisch. Vor allem Marie bleibt in ihrer Außenseiterrolle als Großstädterin gefangen, die sich in der jütländischen Provinz einfach nicht integrieren kann. Ihre nicht allzu cleveren Ausbruchsversuche aus der Rolle versanden in der Regel – erst das allzu harmoniebedachte Finale eröffnet einen Ausweg aus ihrem Dilemma. Sofie Torp, die vor allem durch den Geisel-Thriller „398 Tage – Gefangener des IS“ (2019) bekannt wurde, spielt die Frustrierte zwar mit Verve, kann sich aber wegen der engen Grenzen der Rolle kaum entfalten.

Nebenstränge lockern das „Fish out of Water“-Szenario auf

Diesen zentralen Konflikt lockert Joof mit drei Nebensträngen auf. Als Running Gag fungiert Maries unerklärliches Totalversagen, wenn es ums Autofahren geht. Um in der Einöde wenigstens selbst mobil sein zu können, will die selbsterklärte Sozialistin den Führerschein machen. Doch in der Fahrschule verschleißt sie in kurzer Zeit drei Fahrlehrer, die wegen ihrer Ungeschicklichkeit entnervt aufgeben.

In ihrem ernsthaften Bemühen, endlich in Jütland anzukommen und Frieden mit sich zu schließen, wendet Marie sich mehrmals an den erfahrenen Journalisten und Dokumentarfilmer Anders Agger (er spielt sich selbst), der sich in Dänemark mit einfühlsamen Interviews mit schwierigen Gesprächspartnern und mutigen Videos an heiklen Schauplätzen einen Namen gemacht hat. In bukolisch anmutenden Szenen sitzen die beiden dann am Sandstrand, wo sie den Ratschlägen des kontaktfreudigen Vorbilds lauscht.

In imaginierten Einschüben hört sich Marie schließlich immer wieder als Kummerkasten-Betreuerin die Liebesnöte und Sorgen etlicher Mitmenschen an, die auf der Suche nach seelischem Beistand sind. Erstaunlich einfühlsam antwortet sie auf die Fragen und Hilferufe, wobei sie allerdings ab und zu in den gewohnten Sarkasmus zurückfällt. Etwa als sie einer 18,5 Jahre alten Schülerin, die sich in einen Lehrer verknallt hat, dringend von einer Affäre abrät: „Wer sein Alter in Halbjahresschritten zählt, gehört zurück in den Kindergarten.“

Am besten funktionieren satirische Elemente

Am stärksten ist der Film dort, wo er sich ins Gefilde der Satire wagt. So gerät die emanzipierte Großstadtpflanze Marie wiederholt mit Weltverbesserern in der Lehrerschaft und Öko-Aktivisten in der Schülerschaft aneinander, die schon mal eine Klimasuppe kochen oder einen Brennnesseldrink mixen, was meist zu heftigen Wortgefechten führt. Als Emma in einer Schülerrunde einen schlechten Witz über einen angekündigten Annäherungsversuch an Rasmus macht, reißt bei Marie der Geduldsfaden: „Ihr seid ein Haufen notgeiler Ökoterroristen. Ihr habt keine Ahnung vom Leben.“ Derartige humoristische Konfrontationen hätten es ein paar mehr sein können.

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