Alles nur Theater?

Drama | Italien 2023 | 116 Minuten

Regie: Riccardo Milani

Ein italienischer Schauspieler hält sich mit der Synchronisation von Pornofilmen notdürftig über Wasser. Als ihm angeboten wird, einen Theaterworkshop mit Gefängnisinsassen zu leiten, greift er zu und freundet sich mit den Häftlingen an. Gemeinsam entwickeln sie eine Inszenierung des Stückes „Warten auf Godot“ von Samuel Beckett. Der Erfolg gibt ihnen recht, zieht aber ganz andere Probleme nach sich. Der auf wahren Begebenheiten beruhende Stoff kitzelt als warmherzige Tragikomödie die humoresken Seiten des Unterfangens heraus, zeigt aber auch die Grenze eines solchen Projekts auf, das den Zwangscharakter des Freiheitsentzuges nicht aufheben kann. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
GRAZIE RAGAZZI
Produktionsland
Italien
Produktionsjahr
2023
Produktionsfirma
Palomar/Wildside
Regie
Riccardo Milani
Buch
Michele Astori · Riccardo Milani
Kamera
Saverio Guarna
Musik
Andrea Guerra
Schnitt
Patrizia Ceresani · Francesco Renda
Darsteller
Antonio Albanese (Antonio) · Fabrizio Bentivoglio (Michele, Theaterdirektor) · Sonia Bergamasco (Gefängnisdirektorin) · Giacomo Ferrara (Aziz) · Andrea Lattanzi (Damiano)
Länge
116 Minuten
Kinostart
22.08.2024
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama | Komödie
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IMDb | TMDB

Tragikomödie um einen erfolglosen Schauspieler, der mit Gefängnisinsassen das Stück „Warten auf Godot“ von Samuel Beckett einstudiert.

Diskussion

Wenn Filme vom Theater erzählen, spielt die gesellschaftliche Rahmung oft eine zentrale Rolle. Je schwieriger die Bedingungen bei Proben oder der Aufführung, desto konfliktreicher und spannender entwickelt sich die Handlung. Darüber wird aber auch das Verhältnis zwischen der realen Welt und der des Theaters konturiert. So muss in „Die letzte Métro“ von François Truffaut ein jüdischer Theaterkünstler während der deutschen Besatzung aus dem Keller des Theaters heraus Regie führen, wo er sich versteckt hält. Er kann die Proben nur hören, nicht sehen. Der Regisseur ist dadurch sowohl aus dem sozialen Leben wie auch dem des Theaters ausgegrenzt. Was oben auf der Bühne und den anderen Räumen oder im sozialen Miteinander passiert, welche vielsagenden Blicke da gewechselt werden, bleibt ihm verborgen. Und es passiert eine Menge, wovon er nichts weiß.

Ein Schauspieler in Nöten

In „Alles nur Theater?“ von Riccardo Milani bildet ein Gefängnis den Rahmen, in dem Theater gespielt wird. Wie kann man mit Gefängnisinsassen Theater machen? Die Idee ist nicht neu. Sie beruht auf wahren Begebenheiten in Schweden während der 1980er-Jahre, wie sie in dem Spielfilm „Ein Triumph“ auch künstlerisch adaptiert wurden. „Alles nur Theater?“ ist ein Remake, in dem Milani das Komische aus dem Stoff herausgekitzelt hat.

Die humoreske Karte wird auch gleich zu Beginn ausgespielt, wenn man Antonio Cerami (Antonio Albanese) bei der Vertonung eines Pornofilms erlebt. Der Film schlägt aber zugleich auch einen tragischen Ton an, denn Antonio ist ein mit seinem Job unzufriedener Mann Mitte 50, der weit außerhalb Roms wohnt, direkt neben der Bahntrasse und dem Flughafen. Doch seine triste Situation ändert sich bald. Denn sein Freund, der Theaterdirektor Michele (Fabrizio Bentivoglio), vermittelt ihm die Durchführung eines Theaterworkshops in einem römischen Gefängnis. Da Antonio nichts Besseres zu tun hat, nimmt er die Herausforderung an.

Rhythmus hinter Gittern

Sein Übergang von der Außenwelt ins Innere des Gefängnisses wird auffallend lange ins Bild gesetzt. Antonio überschreitet diese Schwelle mit neugierigen Augen. Seine erste Station ist die Gefängnisdirektorin Laura Soprano (Sonia Bergamasco), die ihm die Rahmenbedingungen erläutert. Nur drei Gefangene sind es, die sich zu dem Workshop einfinden. Antonio schwant, dass die sechs Stunden des Workshops plus die Aufführung verschwendete Zeit sein werden, zumal ein Märchen auf die Bühne gebracht werden soll.

Doch dann schließt sich ein weiterer Insasse der Gruppe an, und Antonio bringt mehr schlecht als recht eine Aufführung zustande. Das Potenzial der Darsteller ist durchaus erkennbar; sie haben alle ein bisschen den Rhythmus im Blut, den man für die Bühne braucht. Frau Soprano und Michele sind zufrieden. Doch war es das schon?

Natürlich nicht. Antonio erinnert sich an frühe Zeiten, als er mit Michele in „Warten auf Godot“ auf der Bühne stand, und schlägt der Gefängnisdirektorin vor, mit seiner Gruppe das Stück von Samuel Beckett einzustudieren und im Theater von Michele aufzuführen. Sein Freund ist davon wenig angetan, lässt sich von Antonio jedoch zu einer Aufführung überreden.

Durch diese Aussicht kommt die Theaterarbeit in Fahrt. Anfangs wird Beckett zwar noch mit Beckham verwechselt, doch bald zeichnet sich ab, dass das Stück viel mit dem Leben und der Situation der Häftlinge zu tun hat, mit Aziz (Giacomo Ferrara), Damiano (Andrea Lattanzi), Mignolo (Giorgio Montadini), Christian (Gerhard Koloneci) und Radu (Bogdan Iordachiou). Und wie das Gefängnis funktioniert, erleben alle, als der ebenso clevere wie egoistische Diego (Vinicio Marchioni) dafür sorgt, dass er anstelle von Christian die Rolle des Estragon einnimmt.

Magie & Grenzen des Spiels

Die erste Aufführung ist ein überwältigender Erfolg. Antonio geht davon aus, dass sein Job damit beendet ist. Doch die Inszenierung soll noch in anderen Theatern in Italien gezeigt werden. Dadurch stellen sich aber bald andere Probleme ein. Auf dem Weg zu den Spielorten saugen die Häftlinge den Duft der Freiheit mit allen Sinnen auf. Sie stehen zwar unter Bewachung, doch es gelingt ihnen immer wieder, sich zu entziehen. Letztlich ist es ihnen wichtiger, das Warten auf die Rückkehr in die Freiheit abzukürzen, als auf der Bühne auf Godot zu warten.

„Alles nur Theater?“ schafft es, die Magie des Theaters zum Leuchten zu bringen und gleichzeitig dessen Grenzen aufzuzeigen. Gegen das Eingesperrtsein hinter Gittern hilft kein noch so befreiender Theaterzauber. Die Tragikomik von „Warten auf Godot“ überträgt sich auf den Ton des Films, der mit überzeugendem Schauspiel, pointenreichem Humor und berührenden Momenten zu unterhalten versteht.

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