Drama | Deutschland 2023 | 89 Minuten

Regie: Dirk Kummer

Eine Transfrau hat in jungen Jahren fluchtartig ihr Heimatdorf in Oberbayern verlassen und den Kontakt zur Familie abgebrochen. Als sie erfährt, dass ihre Mutter gestorben ist und sie zur Erbin bestimmt hat, reist sie nach 35 Jahren wieder in die alte Heimat. Dort erwarten sie scheele Blicke und Beleidigungen, im Umgang mit dem früheren besten Freund und der Frau, mit der die Rückkehrerin vor ihrer Geschlechtsangleichung verheiratet war, offenbaren sich aber vor allem tiefe seelische Wunden. Ein bemerkenswert sorgfältig entwickeltes Drama mit exzellenten Darstellern, das die Befindlichkeit der zentralen Figuren vielschichtig auslotet. Bei allem psychischen Ballast besitzt der Film dabei eine positive Grundstimmung, die auf Versöhnung und Vergebung zielt. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2023
Produktionsfirma
Bavaria Fiction
Regie
Dirk Kummer
Buch
Uli Brée
Kamera
Joe Berger · Alex Püringer
Musik
Johannes Repka
Schnitt
Jens Müller · Thomas Krause
Darsteller
Adele Neuhauser (Josefa) · Eva Mattes (Petra) · Hayal Kaya (Antonia) · Ulrich Noethen (Norbert Blume) · Riccardo Campione (Josef)
Länge
89 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama | Komödie
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IMDb | TMDB

Drama um eine Transfrau, die nach Jahrzehnten in ihr bayerisches Heimatdorf zurückkehrt und sich der Vergangenheit stellt.

Diskussion

„Völlig losgelöst“ habe sie sich bei den gemeinsamen Radtouren immer gefühlt, erzählt Josefa (Adele Neuhauser) ihrem Freund Blume (Ulrich Noethen). In diesen Momenten sei sie damals „weder Junge noch Mädel“ gewesen, sondern „einfach nur ich selbst“.

35 Jahre nach Josefas „Flucht“ aus dem oberbayerischen Dorf Distelfing sitzen die einst besten Freunde wieder zusammen und versuchen, einander die Geschehnisse jenes Jahres 1988 zu erklären. Und zwar nicht primär die äußeren, sondern die viel wichtigeren in ihrem Inneren. Denn Josefa hieß damals noch Josef und kämpfte in einer erzkonservativen Umgebung mit der Diskrepanz zwischen dem ihr zugewiesenen und ihrem wahren Geschlecht. Als sie damals aus Distelfing wegging, sei sie um ihr „Überleben g’rannt“.

Begafft wie ein Zootier

„Ungeschminkt“ beginnt damit, dass Josefa den elterlichen Bauernhof erbt. Erst aus dem Brief des Notars erfährt sie vom Tod ihrer Mutter. Also macht sich die Transfrau, die in München lebt, in einer Beratungsstelle für queere Menschen arbeitet und mit Magnus (Matthias Matschke) verheiratet ist, auf den Weg in die alte Heimat. Dort wird sie von den einstigen Bekannten wie ein Zootier begafft und sensationslüstern ausgefragt.

Als man ihr die Reifen ihres Fahrrads zersticht, landet sie in die Werkstatt von Blume, den sie damals ebenso sang- und klanglos verlassen hat wie ihre Ehefrau Petra (Eva Mattes). Wobei der sanfte Blume nicht der Typ für Vorwürfe ist. Aus den Gesprächen mit ihm erwächst ihr Mut, sich der Konfrontation mit Petra zu stellen. Diese verläuft dann eindeutig heftiger, denn Petra ist der Typ für Vorwürfe. Sie lebt noch immer auf dem Hof, auf dem sie einst zusammen mit Josef wohnte und den Josefa nun (teilweise) erbt.

Schauspielerfest

Das darstellerische Aufeinandertreffen zwischen Adele Neuhauser und Eva Mattes zählt zu den Höhepunkten des Dramas. Die Szenen, in denen sich die beiden Frauen ihre seelischen Verletzungen um die Ohren hauen, und ihre Einsamkeit, Wut und Bitterkeit fühlbar werden, sind außergewöhnlich intensiv und bewegend. Doch auch Ulrich Noethen ist perfekt besetzt und vermag in den Gesprächen zwischen ihm und Josefa packend zu fesseln.

Wunderbar stimmig ist dabei auch der leichte oberbayerische Einschlag ihrer Sprache. Ergänzt wird das Ensemble durch Hayal Kaya als Josefas Freundin Antonia, die auch eine Transfrau ist und mit trockenem Witz Josefa zur Seite steht.

Vielschichtig, melancholisch und wahrhaftig

All dies wird so zart und bodenständig, so ernsthaft und doch leicht, anrührend und humorvoll verhandelt, dass es eine wahre Freude ist. Uli Brée hat Adele Neuhauser eine passgenaue Rolle auf den Leib geschrieben und um diese Protagonistin herum eine vielschichtig melancholische und ganz und gar wahrhaftige Story entwickelt. Dirk Kummer zeichnet für die Regie verantwortlich. Zur sorgfältigen Inszenierung passt auch, Josefas Erinnerungen nicht nur in Form von Rückblenden zu erzählen, sondern ihr jüngeres Ich auch „leibhaftig“ in der Jetztzeit auftreten und damit Gegenwart und Vergangenheit ineinanderlaufen zu lassen.

Stimmig sind auch die teils ungewohnten Kameraperspektiven von Alex Püringer und Joe Berger, ihre schönen Bilder von Gesichtern und Landschaften, sowie die mal schwebende, mal prägnante Musik von Johannes Repka. „Ungeschminkt“ erzählt so von einem schwierigen Lebensweg einer Transfrau und weitet sich zu einer feinfühlig-universellen Geschichte über Liebe, Vergebung und Versöhnung.

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