Another German Tank Story

Tragikomödie | Deutschland 2024 | 96 Minuten

Regie: Jannis Alexander Kiefer

Durch ein tristes ostdeutsches Dorf in Brandenburg weht ein neuer Wind, seitdem in einer aufgelassenen Fabrik eine US-amerikanische Serie über den Zweiten Weltkrieg gedreht wird. Vor allem die Bürgermeisterin will sich nicht mehr mit dem alten Trott zufriedengeben, sondern ihren Ort zu neuer Blüte führen. Auch wenn sie sich dazu mit einem alten Panzer arrangieren muss, der aus unerfindlichen Gründen in ihrem Vorgarten gelandet ist. Mit erstaunlichem Geschick und viel Gespür für verschlepptes Tempo kreist die lakonische Provinzkomödie um beherzte Ossi-Pfiffigkeit und desillusioniertes Slackertum. Die nicht aufgearbeiteten Enttäuschungen über die Wiedervereinigung sind für manche Anspielung gut, drängen aber nicht ins Zentrum. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
MAZE Pic./Filmuniversität Babelsberg
Regie
Jannis Alexander Kiefer
Buch
Jannis Alexander Kiefer · Theresa Weininger
Kamera
Adam Graf
Musik
Fabian Zeidler
Schnitt
Kathrin Unger
Darsteller
Johannes Scheidweiler (Tobias Pauli) · Meike Droste (Susanne Pauli) · Monika Lennartz (Rosi Wilke) · Roland Bonjour (Bert) · Gisa Flake (Jenny Haase)
Länge
96 Minuten
Kinostart
10.04.2025
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Tragikomödie
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Komödie um ein ostdeutsches Dorf, in dem eine US-Serie über den Zweiten Weltkrieg gedreht werden soll, wodurch plötzlich eine Aufbruchsstimmung wie nach der Wende um sich greift.

Veröffentlicht am
09.04.2025 - 23:13:39
Diskussion

„Willkommen in Wiesenwalde. Hier werden Wunder wahr“, steht auf dem hölzernen Eingangsschild eines ostdeutschen Dorfes, in dem der erkrankte Barockkomponist Georg Philipp Telemann vor langer Zeit Halt gemacht und eine unerklärliche Heilung erfahren haben soll, als er vom Wasser aus dem Brunnen trank. Eine Statue auf dem Marktplatz erinnert seitdem an den Komponisten. Es gibt Postkarten als Souvenir, und die Kneipe des Ortes nennt sich „Telemann Klause“.

In „Another German Tank Story“ von Jannis Alexander Kiefer hoffen die Bewohner von Wiesenwalde seitdem auf weitere Wunder. Aber die scheinen sich nicht einstellen zu wollen. Die größten Herausforderungen für die Bürgermeisterin Susanne Pauli (Meike Droste) bestehen darin, das geheimnisvoll ausfallende Stromnetz des Dorfes immer mal wieder in Gang zu bringen: „Wiesenwalde braucht keine Elektrikerin, sondern einen Exorzisten.“ Ihr Sohn Tobi (Johannes Scheidweiler) zockt derweil tagelang ein Videospiel, das ihm jene Bestätigung gibt, die das Leben sonst verwehrt: „I’m proud of you!“

Tausche „Ami“ gegen „Nazi“

Dann aber passiert etwas, was tatsächlich einem modernen Wunder gleichkommen könnte, wenn man alle Hoffnungen auf die Zukunft begraben hat. Denn hinter den Mauern einer aufgelassenen Fabrik beginnt eine US-amerikanische Produktionsfirma mit den Dreharbeiten zu einer neuen Serie. Das Setting ist natürlich der Zweite Weltkrieg. Die Dorfbewohner dürfen im Casting für Komparsen-Rollen vorsprechen; die Wirtin der „Telemann Klause“ passt die Speisekarte an und brät künftig Pancake-Burger, und das kompromittierende „Ami go home“-Graffiti auf einer Werbetafel wird flugs zu „Nazis go home“ umgesprüht. In Wiesenwalde macht sich eine Aufbruchsstimmung wie zur Wendezeit breit.

Die Wiedervereinigung samt ihrer nicht aufgearbeiteten Enttäuschungen bildet den anspielungsreich aufgeladenen Hintergrund für die Pointen der Komödie. Diese sind mit erstaunlichem Geschick und gutem Gespür für unaufdringliches Tempo meist wohlgesetzt: entspannt beiläufig, etwas melancholisch, aber meistens mit gutem Blick für das humoristische Potenzial der Ausgangsprämisse. Einige Ideen und Figuren sind geradezu ingeniös konstruiert, etwa eine von Susanne Bredehöft gespielte ältere Frau, deren Alltagskleidung von der Produktionsleiterin für ein besonders gelungenes Filmkostüm gehalten wird.

Ein echtes Filmwunder

Zwischen beherzter Ossi-Pfiffigkeit und desillusioniertem Slackertum konzentriert sich der Film auf zwei männliche Verlierertypen unterschiedlichen Alters: den spätteenagerhaften Tobi, der sich nur widerwillig einer geregelten Arbeitswelt einfügt und dessen Engagement als Chauffeur für die Filmcrew nicht lange kaschieren kann, dass er jüngst durch die Führerscheinprüfung gerasselt ist. Und Bert (Roland Bonjour), einen gescheiterten Journalisten, der nach vielen Jahren nach Wiesenwalde zurückkehrt, um ein Exklusivinterview mit dem US-Star der Produktion anzuleiern, dabei aber lediglich dessen Lichtdouble (Philipp Karner) auf den Leim geht.

Trotz einer eher fernsehspielhaften Ästhetik gelingt „Another German Tank Story“ etwas, was bei der großformatigeren Prestigeproduktion „Zwei zu eins“ von Natja Brunckhorst nicht aufgegangen ist: über die aus der Wiedervereinigung resultierenden Verwerfungen aus heutiger Perspektive eine Genre-bewusste Geschichte zu erzählen. Dass in dieser Story weder jugendliche Neo-Nazis noch AfD-Wähler eine Rolle spielen, somit also jene gesellschaftlichen Verschiebungen, die zuerst meist im Zusammenhang mit den Ost-Bundesländern diskutiert werden, auffällig außen vorbleiben, kann man durchaus als ein etwas arg märchenhaft umgesetztes Filmwunder begreifen.

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