Viktor bringt's
Komödie | Deutschland 2024 | 181 (acht Folgen) Minuten
Regie: Ed Herzog
Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2024
- Produktionsfirma
- Real Film
- Regie
- Ed Herzog
- Buch
- Marcus Pfeiffer
- Kamera
- Sebastian Edschmid
- Schnitt
- Simon Blasi · Charles Ladmiral
- Darsteller
- Moritz Bleibtreu (Viktor Kudinski) · Enzo Brumm (Mika Winters) · Caroline Peters (Dr. Marie Benning) · Heino Ferch (Richard Schauer) · David Kross (Sami)
- Länge
- 181 (acht Folgen) Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 6; f (Folge 5,7) & ab 12; f (Folge 1-4,6,8)
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Komödie | Serie
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Comedy-Serie um einen Berliner Service-Techniker, der sich um die Elektrogeräte der Hauptstadt-Klientel kümmert und sich mit seinem Sohn zusammenraufen muss.
Es gibt Bohrer, und es gibt Sauger, meint Viktor Kudinski (Moritz Bleibtreu), seines Zeichens Service-Techniker. Soll heißen: Mit Schlagbohrern hantieren sollten die, die eine Ahnung davon haben; die anderen beschränken sich besser darauf, mit dem Staubsauger assistierend danebenzustehen. Viktor, der die Berliner Kundschaft mit neuen Fernsehern, Kaffeemaschinen, Mährobotern und Co. beliefert und dafür sorgt, dass alles richtig installiert wird, ist ein Bohrer – klare Sache! Viktors Sohn Mika (Enzo Brumm), der eigentlich studiert, gerade aber in Viktors Ein-Mann-Unternehmen aushilft, braucht man mit solchen Rollen-Schubladen, wie generell mit ollen binären Zuschreibungen, gar nicht erst zu kommen. Er mag von technischen Geräten wenig verstehen, ist aber jung, woke und wild entschlossen, sich patriarchale Bevormundungen keineswegs gefallen zu lassen.
Viktor und Mika: Das ist wie Mettbrötchen vs. Müsli. Entsprechend artet das Teamwork der beiden regelmäßig in ein Dauer-Gekabbel über Gott und die Welt aus, was noch dadurch befeuert wird, dass die exzentrische Hauptstadt-Klientel, mit der die beiden es zu tun bekommen, reichlich Anlass für Polarisierungen liefert.
„Tatortreiniger“ lässt grüßen
Serienschöpfer Marcus Pfeiffer und Regisseur Ed Herzog scheinen sich für ihre neue Sitcom eine Scheibe vom „Tatortreiniger“ abgeschnitten zu haben. Wie die Erfolgsserie mit Bjarne Mädel von der situationskomischen Konfrontation eines Unikums –der Titelfigur Heiko „Schotty“ Schotte – mit immer neuen mehr oder minder bizarren Todesfällen in Hamburg lebt, wird hier nun ein Vater-Sohn-Duo pro Folge mit einem seltsamen „Fall“ konfrontiert, der sich kammerspielartig in irgendeiner Berliner Wohnung vom Prenzlauer Berg bis zur Bornheimer Straße, von Krumme Lanke bis Mitte entfaltet. Dabei ist der Humor à la Pfeiffer und Herzog nicht so makaber wie im „Tatortreiniger“, der Tonfall weniger sarkastisch, aber doch herrlich skurril.
Die Beziehung zwischen den beiden Hauptfiguren gibt, allen Reibereien zum Trotz, ein hart-aber-herzliches Wärmezentrum ab: Mikas Mutter und Viktor sind schon länger getrennt und Mika bei der Mutter großgeworden; Vater und Sohn sind nicht nur in Lebens- und Weltanschauung ziemlich verschieden, sondern sich auch durch die Distanz fremd geworden; die Zusammenarbeit ist nicht zuletzt auch ein Die-Fühler-nacheinander-Ausstrecken. Wobei es Enzo Brumm gut hinbekommt, Mika zwischen dem Wunsch nach Annäherung an und Abgrenzung von seinem Erzeuger changieren zu lassen, und Moritz Bleibtreu unter Viktors schlichter „Macher“-Fassade liebenswert den butterweichen, unsicheren Kern durchscheinen lässt.
Beißt nur, wenn er provoziert wird
Zum Katalysator dafür, dass zwischen Vater und Sohn Dinge aufs Tapet kommen und sich ihre Beziehung entwickelt, werden auch die diversen Kund:innen. Dabei mäandert die Serie wie „Der Tatortreiniger“ durch unterschiedlichste soziale Milieus und Mentalitäten – von den Höhen eines sündteuren, aus riesigen Glasfronten hochnäsig über die Stadt schauenden Mitte-Lofts bis zur Untiefe einer Problemviertel-Kneipe. Belebt werden diese von vortrefflichen Darsteller:innen in karikierend überspitzten Nebenrollen.
Als da zum Beispiel sind: Heino Ferch als zackiger Bundeswehroffizier a.D., der seine Pensionärswohnung mit einem leibhaftigen Kaiman teilt („beißt nur, wenn er provoziert wird“), das Lesen von Bedienungsanleitungen für Weichei-Kram hält, auf Mikas lackierten Fingernägeln rumhackt und sich beim Anschließen seiner Soundanlage fast mit Viktor in die Wolle bekommt. Jasna Fritzi Bauer und Jacob Matschenz als Prenzlauer-Berg-Eltern mit Zwillings-Nachwuchs, die sich so fulminant gegenseitig auf die Nerven gehen, dass Viktor und Mika beim Installieren der neuen Siebträger-Kaffeemaschine daneben fast wie ein Herz und eine Seele wirken (es ist nicht alles feindselig, was danach aussieht). Gro Swantje Kohlhof als bewaffnete Einbrecherin in der Kneipe, wo Viktor und Mika gerade eine neue Fritteuse abliefern, die beweist, dass Liebe zum Vater manchmal seltsame Formen annimmt. Oder David Kross als verstrahlter katholischer Priester, der Flyer für seinen neuen „Jesus to go“-Onlinekurs verteilt („inklusive Holy Finance – mit den Tricks der Vatikan-Bank“), den moralisch nichts erschüttern kann, weil es Gottes Job sei, zu verzeihen, und Viktor eine verfängliche „Beichte“ entlockt.
Von der Haltung zum Glauben über die Kuriositäten zeitgenössischer Kunst und die Gentrifizierung bis zum Kampf um Genderbilder streifen die Episoden anhand ihres irrwitzigen Personals allerlei Themen, über die gemeinhin trefflich gestritten wird. Das, was deutsche Gemüter spaltet: Hier bricht es geballt über das ungleiche Vater-Sohn-Duo herein. Und lässt die Zuschauer (:innen, würde Mika sofort anmahnen!) doch durch alle Diversifizierungen und Polarisierungen hindurch ein Volk entdecken, das geeint ist in Kauzigkeit, dem Wunsch nach dem nächstcooleren Tech-Gimmick und der Neigung, sich gerne auch eine Sondergarantie aufschwatzen zu lassen.