Afterwar

Romain Antony | 05.03.2025

Es ist über 25 Jahre her, dass sich im Kosovo heftige Kriegshandlungen abspielten, die dazu führten dass 1999 auch die NATO in den Krieg eingriff und Ziele in Serbien bombardierte. Dieser Einsatz ist nach wie vor umstritten, aus humanitären Gründen schien er notwendig, völkerrechtlich war er nicht legitimiert. Nach Titos Tod zerbröckelte Jugoslawien. Ethnisch unterschiedliche Regionen lehnten sich auf, erkämpften sich ihre Selbstständigkeit. Der Kosovo verblieb als letzte Provinz unter serbischer Verwaltung; es bildete sich auch dort eine militante Bewegung, die sich für die Loslösung von Serbien einsetzte. Die Konflikte im Kosovo, die Spannungen zwischen den Ethnien der serbischen Minderheit und der vorwiegend muslimischen albanischen Bevölkerung waren vernichtend. Wirtschaftliche und politische Benachteiligung, Perspektivlosigkeit und hohe Arbeitslosigkeit bis zu 40% unter jungen KosovarInnn begünstigten die Auflehnung gegen die serbische Vorherrschaft. Ethnische Säuberungen und Massaker durch die Serben veranlasste die Nato, unter Führung der USA im Konflikt zu intervenieren. Auch der Deutsche Bundestag stimmte einer Beteiligung deutscher Truppenkontingente zu. Im Film Afterwar werden die Folgen für die Zivilbevölkerung aufgezeigt, exemplarisch am Schicksal von Kindern, die nachts Zigaretten, Telefonkarten, Erdnüsse in der Gastronomie verkauften, um damit ihre Familie mit zu unterstützen und zum den Unterhalt beizutragen. Während des Krieges hatten sie in ihren jungen Jahren, als Neun- bis Zwölfjährige Gräueltaten mit ansehen müssen, einige hatten die Ermordung ihres Vaters, ihrer Angehörigen erlebt. Der Film beobachtet die Kinder im Bus zur nächtlichen Verkaufstätigkeit, ihre ermüdeten Gesichter auf dem Nachhauseweg. Die blassen, abgemagerten Kinder blicken mit großen, traurigen Augen in die Kamera. Aus dem Off werden Sätze eingesprochen, die sie im Interview der Regisseurin erzählt haben, Sätze die ihren Kummer und ihre Perspektivlosigkeit ausdrücken. Fünfzehn Jahre später besucht die Regisseurin einige diese Kinder, die inzwischen junge Erwachsene geworden sind und befragt sie erneut über ihre Lebenssituation. Ein junger Mann ist Vater, man sieht ihn mit seinem Kind im Arm, ein anderer findet Ausgeglichenheit und Hoffnung im Islam. Wiederum andere machen sich auf den Weg, um das Land zu verlassen. Eine junge Frau, die auch nach der Filmvorstellung mit zwei Landsleuten vor der Leinwand steht, und über die Beweggründe für ihre Ausreise berichtet, macht in Frankfurt/Main eine Lehre zur Einzelhandelskauffrau. Sie spricht über die Energie und Kraftanstrengung, die es gebraucht hat, alleine ohne Unterstützung die Kriegsbelastungen zu überwinden. Auch aus den Interviews stammende Statements, Erkenntnisse der jungen erwachsenen KosovarInnen werden aus dem Off mit Bildern ihrer Gesichter oder mit Aufnahmen von Stadt und Landschaft zusammengebracht. Die bedeutungstragenden Aussagen werden zu schnell abgelöst von weiteren Mitteilungen, so dass wenig Zeit bleibt, um über sie nachzudenken, ein Nachteil des sonst eindrucksvollen Films, der allerdings auch in seiner Botschaft redundant ist, die Schwierigkeiten, Belastungen, Widrigkeiten, Notlagen, Perspektivlosigkeit sehr oft in den Fokus bringt, sie allerdings auch mit Hoffnungsspuren auf eine bessere Perspektive mischt. cf. auch den Filmblog: www.filmekommentieren.wordpress.com