Das Gift

Nachts, irgendwo in der argentinischen Pampa: „Sie sind wie Würmer“, orakelt eine weibliche Stimme zu Beginn von Claudia Llosas rätselhaft-verschachtelter Netflix-Produktion „Das Gift“ (Originaltitel: „Distancia de rescate“; deutsch: „Rettungsdistanz“) zuerst auf schwarzer Leinwand. „Welche Art von Würmern?“, möchte daraufhin eine jungenhafte Stimme aus dem Off wissen. Plötzlich rückt als filmhistorische Referenz an David Lynchs „Blue Velvet“ (1986) ein seltsames Ohr in Großaufnahme ins Bild. „Wie Würmer, überall“, erklärt die merkwürdige Frauenstimme weiter. Auf der Bildebene folgen, clever einmontiert, attraktive Lippen, ein leicht geöffneter Mund sowie auffallend weiße Zähne. Pause. Ein Frauenkörper liegt abgelegen im Gras und scheint von jemandem an den Beinen gezogen zu werden.

„Würmer im Körper?“, startet die Stimme des Jungen einen nächsten Versuch. „Ja, im Körper“, unterstreicht die in Trance sprechende Frauenstimme, bis plötzlich synästhetisch aufgeladene Wald- und Plätschergeräusche