Dokumentarfilm | Kroatien 2018 | 72 Minuten

Regie: Nebojsa Slijepcevic

Beobachtungen zu Proben eines Theaterstücks in Zagreb, das den Mord an einer zwölfjährigen Serbin am Beginn der Zerfallskriege im ehemaligen Jugoslawien thematisiert. Die jugendlichen Laiendarsteller reflektieren das Geschehen, den ethnischen Hass in ihrer Region und die daraus entstandenen gesellschaftlichen Traumata. Der aufmerksame, mit viel psychologischem Feingefühl beobachtete Dokumentarfilm zeigt Wege auf, wie man mit gesellschaftlichen Tabus und fremdenfeindlichen Einstellungen umgehen und die Spirale der Gewalt unterbrechen kann. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
SRBENKA
Produktionsland
Kroatien
Produktionsjahr
2018
Produktionsfirma
Restart
Regie
Nebojsa Slijepcevic
Buch
Nebojsa Slijepcevic
Kamera
Nebojsa Slijepcevic
Schnitt
Tomislav Stojanovic
Länge
72 Minuten
Kinostart
29.10.2020
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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Beobachtung einer Theaterinszenierung in der kroatischen Hauptstadt Zagreb, bei der im Spiegel eines Mordes an einer jungen Serbin die traumatischen Folgen der jugoslawischen Zerfallskriege thematisiert werden.

Diskussion

25 Jahre nach dem Ende der Zerfallskriege im ehemaligen Jugoslawien sind die daran beteiligten Gesellschaften noch immer traumatisiert. Und ethnisch polarisiert. Das wirkt sich auch auf die Nachgeborenen aus. Die Aufarbeitung ist notwendig, aber nicht immer erwünscht.

Der kroatische Filmemacher Nebojša Šlijepčević erkundet in seinen kreativen Dokumentarfilmen die „condition humaine“ seiner Heimat. Das geht oft unter die Haut. In „Srbenka“ forscht er dem Schicksal der zwölfjährigen Aleksandra Zec nach, die 1991 am Stadtrand von Zagreb ermordet wurde. Die mutmaßlichen Täter konnten ermittelt werden, sind aber bis heute nicht verurteilt. Ihr Motiv: ethnischer Hass auf die Serben.

Das Misstrauen gegen die anderen

Der Theaterregisseur Oliver Frljić, der sich in seinen Stücken pointiert mit der politischen Kultur auf dem Balkan und dem Ost-West-Verhältnis auseinandersetzt, inszenierte in Zagreb ein Theaterstück zu dem Fall. Mit „Srbenka“ begleitet Šlijepčević die Proben zu dem Stück. Vorrangig jugendliche Darsteller stellen das Verbrechen nach, das die unmenschliche Dimension dieses Mordes und des zugrundeliegenden Hasses schmerzlich verdeutlicht. Insbesondere auch den jungen Darstellern, die um das schwierige Verhältnis zwischen Serbien und Kroatien wissen. Die beiden Länder gerieten Anfang der 1990er-Jahre in einen erbitterten militärischen Konflikt, der wenig später ganz Jugoslawien erfasste. Das Schlagwort von den „ethnischen Säuberungen“ machte die Runde; Angehörige anderer Ethnien galten als Feinde, wurden vertrieben und umgebracht. Bis heute schlägt den jeweils anderen ein starkes Misstrauen entgegen.

Die Laiendarstellenden kamen alle erst nach Beendigung der Zerfallskriege zur Welt. Außen herrscht zwar Frieden, doch in den Köpfen wirken verdrängte Traumata nach. Eine der Schauspielerinnen verbarg ihre serbische Herkunft aus Angst vor Ressentiments vor ihren Klassenkameraden. Während der Proben traut sie sich erstmals, offen darüber zu sprechen – ein hochemotionaler Moment, der ein scheinbar aus der Zeit gefallenes, aber dennoch hochaktuelles Problem sichtbar macht.

Nicht nur für Serben und Kroaten

Das zeigen auch Beobachtungen bei der Premiere des Theaterstücks. Nationalistische Demonstranten belagern den Theatersaal, protestieren gegen die ihrer Meinung nach zu negative Darstellung Kroatiens. Mit „Srbenka“ leistet Šlijepčević einen Beitrag zur Aufarbeitung der Vergangenheit. Damit ist er nicht allein, wie auch „Das Tagebuch der Diana Budisavljević“ zeigt, der die Rettung serbischer Kinder aus den faschistischen Konzentrationslagern während des Zweiten Weltkriegs zeigt. Auch „Srbenka“ trifft trotz der xenophoben Grundstimmung auf einen starken Willen, sich mit der jüngsten Vergangenheit und der nationalen Verantwortung für ethnisch motivierte Verbrechen auseinanderzusetzen.

„Srbenka“ ist aber nicht nur ein Film über Kroaten und Serben. Die verhängnisvolle Spirale der Gewalt, die in jedem „Othering“ angelegt ist, könnte sich auch andernorts in Gang setzen, genauso wie die daraus erwachsenden Schwierigkeiten, die Traumata später zu diskutieren und das gegenseitige Misstrauen zu überwinden.

Der Regisseur hält sich in „Srbenka“ mit viel psychologischem Feingefühl im Hintergrund. Geduldig lässt er die Kamera stets einen Moment länger laufen und fängt damit vielsagende Gesichtsausdrücke oder körpersprachliche Details ein. Emotionale Momente, die viel über die Wunden verraten, an denen Gesellschaften leiden, die ethnisch motivierte Verbrechen kennen. Die aber auch einen Weg aufzeigen, wie man sich der Verantwortung stellen und über Tabus und Einstellungen sprechen kann.

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