Der Literaturkritiker Jean-Michel (Fabrice Lucchini) denkt, er habe in seiner Fernsehsendung die Deutungshoheit darüber, was gute Bücher ausmache. Doch als ein von Alexander Puschkin inspirierter Roman, den der mittlerweile verstorbene bretonische Pizzabäcker Henri Pick geschrieben haben soll, zum Bestseller wird, versteht er die Welt nicht mehr. Jean-Michel misstraut sowohl der allzu romantischen Entstehungsgeschichte wie auch der Behauptung, die junge Lektorin Daphné (Alice Issaz) hätte das Manuskript zufällig in der „Bibliothek der abgelehnten Bücher“ entdeckt. Als Daphné mit Picks Witwe in seiner Sendung zu Gast ist, treibt er die beiden derart rüde in die Enge, dass sein Arbeitgeber ihn anschließend auf die Straße setzt.
Den Schwindel aufdecken
Nach dem gleichnamigen Roman von David Foenkinos erzählt die Literaturkomödie von Rémi Bezançon, wie der etwas blasierte Protagonist sich partout nicht mit seiner Niederlage abfinden will. Dabei geht es scheinbar nur vordergründig darum, einen Schwindel aufzudecken. Jean-Michel fühlt sich offensichtlich vielmehr in seinem bildungsbürgerlichen Stolz verletzt, weil ein unbelesener Autodidakt plötzlich zum großen Genie ausgerufen wird. In erster Linie aber scheint er einfach Recht haben zu wollen.
Diesem zunächst nicht sonderlich sympathischen Gockel folgt der Film bei seiner Detektivarbeit, die ihn in Picks Heimatdorf führt, wo sich Jean-Michel schnell unbeliebt macht. Dabei bekommt er mit Picks Tochter Joséphine (Camille Cottin) eine Gegenspielerin, die allerdings bald zur Verbündeten wird. Die Spurensuche führt das ungleiche Paar von zerplatzten Träumen in der Provinzbibliothek über einen morbiden Krimi-Lesekreis bis hin zu einer sibirischen Geliebten (Hanna Schygulla), die vielleicht die Inspiration für die weibliche Hauptfigur des Romans gewesen sein mag.
Im Laufe der Ermittlungen erweist sich die Literatur dabei vor allem als Projektionsfläche für die eigenen Sehnsüchte, weil jeder darin letztlich nur das sieht, was er sehen möchte.
Die Herausforderung der jüngeren Frauen
„Der geheime Roman des Monsieur Pick“ bewegt sich in einem Spannungsfeld, das von Vorurteilen über die Provinz geprägt ist, aber auch von Generationenkonflikten und Geschlechterkämpfen. Die snobistische, im Laufe der Erzählung aber spürbar sympathischer werdende Hauptfigur verkörpert eine alte Ordnung, die vor allem von jüngeren Frauen erschüttert wird. Mal ist es die ehrgeizige Lektorin Daphné, die Jean-Michel herausfordert, mal die alleinerziehende Lehrerin Joséphine oder seine Assistentin, die die Sendung übernimmt. Doch auch wenn der Film vom letzten Aufbegehren eines in die Jahre gekommenen Platzhirschs erzählt, der in der modernen Welt nicht mehr allzu viel zu melden hat, lässt er Jean-Michel am Ende doch Recht behalten.
Der Film ist dem Helden dabei gar nicht so unähnlich. Die getragene Erzählweise wirkt manchmal etwas hüftsteif, das Schulterzucken angesichts gesellschaftlicher Umwälzungen ein wenig altbacken, die Seitenhiebe auf einen Literaturbetrieb, in dem es angeblich nicht mehr um gute Bücher, sondern um ihre spektakuläre Entstehungsgeschichte geht, auch nicht gerade frisch.
Als Krimi durchaus kurzweilig
Interessant ist der Film hingegen, wenn er aufzeigt, wie sehr sich Leben und Literatur gegenseitig beeinflussen, auch wenn sie grundverschiedenen Ordnungen angehören. Etwa, wenn Jean-Michel einen Brief, den Pick einst seiner Tochter schickte, literarisch analysiert und darüber spekuliert, wie ihn wohl Marguerite Duras geschrieben hätte. Oder wenn fast jeder Versuch, direkte Rückschlüsse aus dem Roman auf die Identität des Autors zu ziehen, zum Scheitern verurteilt ist. Gerade hier zeigt sich, wie sehr der scheinbar stets durchblickende Jean-Michel selbst von seiner Sehnsucht nach guten Geschichten geblendet ist.
Als Krimi, der seinen Helden immer wieder aufs Neue verunsichert, ist „Der geheime Roman des Monsieur Pick“ dabei durchaus kurzweilig.