2003, kurz vor Ausbruch des Irakkrieg. Während US-Amerikaner und Briten mit dem Säbel rasseln, arbeitet Katharine Gun (Keira Knightley) als Übersetzerin beim britischen Geheimdienst Government Communications Headquarters, kurz GCHQ. Eines Tages erhält sie ein geheimes Memo, in dem der US-Geheimdienst NSA die britischen Kollegen auffordert, einige Diplomaten des UN-Sicherheitsrats auszuspionieren. Der Grund: Sie sollen ihre Regierungen davon überzeugen, einer UN-Resolution für den Irakkrieg zuzustimmen. Katharine ist schockiert. Was soll sie tun? Ihr Gewissen gebietet ihr, das Dokument zu kopieren und an einen befreundeten Kriegsgegner weiterzuleiten, wohl wissend, dass sie damit den „Official Secrets Act“, ihren Berufscodex, verletzt.
Zwei Wochen später taucht das Memo beim „Observer“ auf, wo es dem Journalisten Martin Bright (Matt Smith) in die Hände fällt. Nach kurzen Beratungen mit Vorgesetzen und eiligen Recherchen, um die Authentizität des Memos zu beweisen, sorgt die Tageszeitung mit der brisanten Veröffentlichung für Aufregung. Doch der Skandal verpufft; alles sei nur ein Übersetzungsfehler.
Eine wahre Geschichte
Das GCHQ sucht indes fieberhaft nach dem Whistleblower. Die Kollegen von Katharine werden einer nach dem anderen verhört, immer wieder und mit ständig härteren Bandagen. Die junge Frau sieht keinen anderen Ausweg, als ihre Tat zu gestehen. Sie wird verhaftet, aber noch nicht angeklagt; ihrem kurdischen Ehemann Yasar droht hingegen die Abschiebung. Jetzt kann nur noch einer helfen: der Menschenrechtsanwalt Ben Emmerson (Ralph Fiennes).
Eine wahre Geschichte. „Official Secrets“ beruht auf dem Fall der britischen Whistleblowerin Katharine Gun, die – obwohl unpolitisch und nicht sehr mutig – viel riskierte, um den Irakkrieg zu verhindern. „The Spy Who Tried to Stop a War: Katharine Gun and the Secret Plot to Sanction the Iraq Invasion“, heißt das Buch von Marcia und Thomas Mitchell, das dem Film von Regisseur Gavin Hood zugrunde liegt. Guns Fall ist jetzt 15 Jahre her, und seitdem reißen die Diskussionen über die Bedeutung und Rechtmäßigkeit von Whistleblowern nicht ab, wie die Nachrichten über Edward Snowden und Julian Assange zeigen.
Doch wo Snowden und Assange sehr viel professioneller und medienwirksamer agieren und auftreten, liegt der Fall bei Katharine Gun anders. Sie wird in der subtilen und intensiven Darstellung durch Keira Knightley nur durch ihr Gewissen angetrieben. Knightley agiert ängstlich und naiv, aufrichtig und mit Skrupeln behaftet, scheu und asketisch. Sie tut, was sie tun muss. Doch Gun bringt sich und ihren Ehemann in Gefahr; der öffentliche Kampf wird so zu einem privaten. Das ändert aber nichts an Guns Bedeutung.
Whistleblower sind wichtig
Die Inszenierung macht klar, dass auch normale Bürger gelegentlich ihre Stimme erheben müssen, aber auch, dass man als Whistleblower ein dickes Fell braucht. Allerdings gelingt es dem Film nicht immer, die verschiedenen Genres – Spionagethriller, Journalismus-Film, Familiendrama und Gerichtsdrama – reibungslos miteinander zu verknüpfen. Die Spannungselemente, etwa eine Autojagd durch die Stadt zum Flughafen oder die Beschattung Guns, wirken seltsam fehl am Platz; zu viele Charaktere (Regierungsmitarbeiter, Agenten, Redakteure, Anwälte, Menschenrechtler) stören den Erzählfluss und lenken vom eigentlichen Konflikt ab. Die journalistische Recherche hätte – wie zuletzt in Tom McCarthys „Spotlight“ und Steven Spielbergs „Die Verlegerin“ – genügt, um den Film zu stemmen. Trotzdem gelingt es Gavin Hood, beim Zuschauer dasselbe Entsetzen über die Vorkommnisse auszulösen wie bei Katharine Gun. Seine Botschaft ist klar: Regierungen und ihren Organen muss man auf die Finger schauen. Irgendjemand musste etwas sagen.