Auch Leben ist eine Kunst

Dokumentarfilm | Schweiz/Deutschland 2018 | 94 (TV auch: 51) Minuten

Regie: Eva Gerberding

Der deutsch-jüdische Kaufmann Max Emden (1874-1940) war ein großzügiger Kunstmäzen und Unterstützer seiner Heimatstadt Hamburg. 1927 zog er in eine Schweizer Villa, wo er zwar vor der Verfolgung durch die Nazis sicher war, aber miterleben musste, wie sein Vermögen in Deutschland beschlagnahmt wurde. Viele Bilder seiner Sammlung musste er deshalb weit unter Wert verkaufen. Der gelassen entfaltete Dokumentarfilm ruft das Leben des weitgehend vergessenen Kunstsammlers präzise und informativ mit Archivmaterial in Erinnerung. Zudem folgt er Emdens Erben im Kampf für Entschädigungsansprüche, gegen die sich die deutschen Behörden seit Jahrzehnten sperren. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Schweiz/Deutschland
Produktionsjahr
2018
Produktionsfirma
Florianfilm/SRF/WDR/ZDF
Regie
Eva Gerberding · André Schäfer
Buch
André Schäfer · Eva Gerberding
Kamera
Andy Lehmann · Harald Rammler · Bernd Meiners
Musik
Ritchie Staringer
Schnitt
Fritz Busse
Länge
94 (TV auch: 51) Minuten
Kinostart
25.04.2019
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Informativer und gelassen entfalteter Dokumentarfilm über den deutsch-jüdischen Kaufmann und Kunstmäzen Max Emden, der seine Heimatstadt Hamburg großzügig unterstützte und ab 1927 ein Playboy-Leben in der Schweiz führte, bis sich die Nazis in Deutschland sein Vermögen einverleibten.

Diskussion

In den 1920er-Jahren war der gebürtige Hamburger ein millionenschwerer Kunstsammler und Gründer des Berliner KaDeWe. Der jüdische „Kaufhauskönig“ Max Emden war angesehen, nicht zuletzt, weil seine Heimatstadt von seinem Mäzenatentum erheblich profitierte. Schon 1927 zog er in die Schweiz, verkaufte zahlreiche Kaufhäuser und blieb dort nach der Machtübernahme der Nazis, wo er sich am Lago Maggiore auf seiner Brissago-Insel in einer imposanten Villa im Florentischen Stil niederließ. Die Zeit vertrieb er sich mit Golf, Reiten und Motoryacht-Fahrten, stets umgeben von wechselnden weiblichen Schönheiten. Währenddessen wurde in Deutschland sein restliches Vermögen beschlagnahmt und sein Name geriet von einem Tag auf den anderen in Vergessenheit.

Die Regisseure Eva Gerberding und André Schäfer rufen die exemplarische Lebensgeschichte des 1940 an einem Herzinfarkt verstorbenen „Playboys“ entlang von schwarz-weißem Archivmaterial und privaten Filmaufnahmen wieder zurück ins Gedächtnis. Mitunter fühlt man sich an das von der Freikörperkultur inspirierte Treiben am benachbarten Monte Verità erinnert, wo Emdens Freund, der Bankier Eduard von der Heydt, in luftiger Aufmachung residierte, nur dass der mondäne Neuankömmling an seinem komfortablen Rückzugsort nicht nur die Askese, sondern zeitgleich auch den Luxus zu feiern wusste. Auch hier zeigte er sich spendabel, schenkte den Tessinern einen Golfplatz. Die erwiesen sich als dankbar und verhalfen ihm zur Schweizer Staatsbürgerschaft.

Sogleich fallen die Sorgenfalten auf

Schaut man auf das Gesicht des stets braungebrannten „Flüchtlings“, fallen sogleich die Sorgenfalten auf, die Ohnmacht, nichts gegen die erzwungenen Verluste ausrichten zu können: Emden musste sowohl seine Immobilien als auch seine Gemäldesammlung, die er teilweise in die Schweiz gerettet hatte, unter Wert verkaufen, einer der Profiteure war die Firma Reemtsma.

Im Stil einer langsam voranschreitenden TV-Dokumentation begibt sich der informative Film gemeinsam mit dem Enkel Juan Carlos Emden, dessen Vater als Staatenloser nach Chile floh, auf die Spuren des Großvaters, befragt Weggefährten, Historiker und Experten, um herauszufinden, wo die Besitztümer der Familie verschwunden sind. Ein Gemälde des Venezianers Bernardo Bellotto gelangte etwa in Hitlers Sammlung, um anschließend im Dienstzimmer des Bundespräsidenten in Bonn für gepflegte Atmosphäre zu sorgen. Heute befindet es sich in einem Dresdner Museum.

Behörden und Institutionen weisen die Verantwortung von sich

Seit Jahrzehnten kämpft der Enkel mit der Verwandtschaft gegen Behörden und Institutionen, die jede Verantwortung von sich weisen. In den 1950er-Jahren schafften es noch Anwälte, Emdens Judentum und damit seinen Verfolgtenstatus in Frage zu stellen, da er mit 19 Jahren zum Protestantismus übergetreten war. Dass mit diesem angesichts der NS-Rassenpolitik abstrusen Argument tatsächlich die Entschädigungsansprüche verfielen, macht sprachlos. Später begründete man die Verweigerung der Rückgabe damit, Emden sei zum Zeitpunkt der Enteignung kein deutscher Staatsbürger gewesen.

Auch heute noch passt er mit seinem ausschweifenden Lebensstil offenbar nicht ins Bild des typischen Opfers, da er bis zum Schluss vermögend blieb, während andere nicht nur Besitz, sondern auch engste Verwandte im Holocaust verloren. Die alten Neidmechanismen scheinen immer noch nachzuwirken, wenn es der Stadt Hamburg etwa nur einen abseitigen Fußweg wert ist, um ihn mit dem Namen des einstigen Gönners zu schmücken.

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