Orangentage
Drama | Deutschland/Polen/Slowakei/Tschechien 2018 | 93 Minuten
Regie: Ivan Pokorny
Filmdaten
- Originaltitel
- UZLY A POMERANCE
- Produktionsland
- Deutschland/Polen/Slowakei/Tschechien
- Produktionsjahr
- 2018
- Produktionsfirma
- Kinderfilm/Daniel Severa Prod./Trigon Prod.
- Regie
- Ivan Pokorny
- Buch
- Iva Procházková
- Kamera
- Jürgen Rehberg
- Musik
- Jirí Hájek
- Schnitt
- Andreas Baltschun · Michal Hyka · Patrik Pass
- Darsteller
- Tomas Dalecky (Darek) · Emilie Neumeister (Hanna) · Stanislav Majer (Dareks Vater) · Hana Bartonová (Ema) · Ewa Farna (Marta)
- Länge
- 93 Minuten
- Kinostart
- 30.05.2019
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 12.
- Genre
- Drama | Jugendfilm | Liebesfilm | Literaturverfilmung
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Fein nuancierter Jugendfilm über einen 15-Jährigen aus dem Erzgebirge, der unter dem Tod seiner Mutter leidet, sich dann aber in ein gleichaltriges Mädchen verliebt.
Es gab einmal eine regelrechte Blütezeit des tschechischen Kinderfilms. Zwischen den 1950er- und 1970er-Jahren entstanden Werke, die längst zu den Klassikern des Genres zählen. Etwa der Puppentrickfilm „Prinz Bajaja“ (1950), die legendäre Fernsehserie „Pan Tau“ (1966-1978) sowie die Mutter aller Märchenfilme, „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ (1973). Mittlerweile kommen nicht mehr viele Kinderfilm-Produktionen aus der Tschechischen Republik in Deutschland ins Kino, doch vielleicht sorgt „Orangentage“ ja für eine Renaissance auf diesem Gebiet. Die tschechisch-deutsch-slowakische Co-Produktion basiert auf dem gleichnamigen Jugendroman der Schriftstellerin Iva Procházková und wurde von dem Fernseh- und Theater-Regisseur Ivan Pokorný inszeniert.
Der Film handelt von dem 15-jährigen Darek (Tomáš Dalecký), der für sein Teenager-Alter bereits eine Menge Verantwortung übernehmen muss. So kümmert er sich dem Tod der Mutter aufopferungsvoll um seine kleine Schwester mit Down-Syndrom. Er versucht auch seinen Vater, der den Verlust seiner Ehefrau nicht verkraftet, wo immer es geht zu unterstützen. Reibereien gibt es hingegen in der Schule, wo Darek seine Probleme mit einem fiesen Klassenkameraden vornehmlich mit Hilfe der Fäuste zu lösen versucht. Einziger Lichtblick ist die hübsche Hanna (Emilie Neumeister), die in ihm bis dato unbekannte Gefühle zu wecken vermag.
Fein nuancierte Beziehungen
„Orangentage“ lebt vor allem von der differenzierten Ausarbeitung der Hauptfiguren, was in erster Linie ein Verdienst von Procházková ist, die ihre eigene Vorlage in ein Drehbuch umgewandelt hat. Gerade die fein nuancierte Liebesbeziehung ist dabei besonders gut getroffen, wenn kindliches Versteckspiel und harmlose Neckereien mit einem Mal in einen ersten Kuss münden, kleine Eifersüchteleien die zart knospende Annäherung gefährden oder Darek vom Geruch der nach Orangen duftenden Hanna betört wird.
Originell auch der Sehnsuchtsort der beiden Liebenden, der sich auf dem Dach einer aufgelassenen Fabrikanlage befindet. Doch statt sich auf den aufregenden Prozess des sexuellen Erwachens zu konzentrieren, will das Duo Procházková/Pokorný zu viel. So werden Nebenfiguren wie Hannas Bruder eingeführt und wieder fallengelassen, eine Liebesbeziehung des Vaters wird angedeutet und die Story der Heranwachsenden außerdem um eine sozialdramatische Note erweitert. Denn eine unbelehrbare Dame von Jugendamt will dem ihrer Meinung nach verantwortungslosen, weil dem Alkohol zugeneigten und nach dem Ende der Glasfabrik überdies arbeitslosen Vater das Sorgerecht für seine kleine Tochter entziehen. Schlussendlich mündet der Film auch noch in einen Öko-Thriller, als sich herausstellt, dass die Pferde, die sich die Familie nach und nach angeschafft hat, an einen Schlachter veräußert werden.
Rauer Charme des Erzgebirges
„Orangentage“ ist sorgfältig fotografiert und zeigt eine im Kino selten gesehene (Erz-)Gebirgslandschaft an der deutsch-tschechischen Grenze, die mit ihrem spröde-rauen Charme und der weitgehend unberührten Natur fasziniert. Zudem besitzt der Film ein schönes dramaturgisches Element, wenn Darek in schwierigen Momenten seiner verstorbenen Mutter gedenkt und diese in akustisch durch einen „halligen“ Ton von der realen Welt abgesetzten „Flashbacks“ Gestalt annimmt.
Die schauspielerischen Leistungen des weitgehend unbekannten Ensembles sind eher durchschnittlich. Insbesondere die Dialoge der jugendlichen Protagonisten wirken in den emotionalen Augenblicken oftmals gestelzt und wie vom Blatt abgelesen. Dafür erfreut der Film mit kleinen Details, wenn Darek etwa für seine Freundin auf einer ausrangierten Klobrille einen Stromkreis bastelt, oder auch mit überraschend rasanten Actionsequenzen wie einer Verfolgungsjagd auf dem Fahrrad durch den ganzen Ort.
Wenn Darek sich am Ende sein erstes Barthaar ausreißt, dann weiß man, dass er seine Unschuld verloren hat und nicht zuletzt dank des „Orangenmädchens“ zum Manne gereift ist.