Francisco Boix - Der Fotograf von Mauthausen

Biopic | Spanien 2018 | 110 Minuten

Regie: Mar Targarona

Ein biografischer Film über den Fotografen Francisco (bzw. auf Katalanisch Francesc) Boix (1920-1951), der im Spanischen Bürgerkrieg gegen die Franco-Diktatur kämpfte, schließlich aus Spanien floh, sich in Frankreich dem Widerstand gegen die Nazis anschloss und 1941 wie viele andere spanische Widerstandskämpfer im Konzentrationslager Mauthausen interniert wurde. Später wurde er im Rahmen der Nürnberger Prozesse gegen NS-Verbrecher zum wichtigen Zeugen, weil es ihm gelungen war, Bildmaterial der SS, die das Leben im KZ dokumentieren, sicherzustellen. Der Film fokussiert auf die Zeit, die Boix im KZ verbrachte, und auf den alltäglichen Terror in den Baracken, den die von Boix geretteten Fotos dokumentierten. Dabei verbinden sich grausame und groteske Momente zu einem aufwühlenden Denkmal für die etwa 7000 Spanier, die in Mauthausen interniert waren. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
EL FOTÓGRAFO DE MAUTHAUSEN
Produktionsland
Spanien
Produktionsjahr
2018
Produktionsfirma
FilmTeam/ICEC/ICAA/RTVE/Rodar y Rodar/Televisió de Catalunya/We Produce 2017
Regie
Mar Targarona
Buch
Roger Danès · Alfred Pérez Fargas
Kamera
Aitor Mantxola
Musik
Diego Navarro
Schnitt
José Luis Romeu
Darsteller
Mario Casas (Francesc Boix) · Richard van Weyden (Paul Ricken) · Alain Hernández (Valbuena) · Adrià Salazar (Anselmo) · Eduard Buch (Fonseca)
Länge
110 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Biopic | Drama | Historienfilm
Externe Links
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Biografischer Film über den Fotografen Francisco Boix (1920-1951), der bei den Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozessen zum wichtigen Zeugen wurde, weil er Bildmaterial der SS über das Leben im KZ sicherstellte.

Diskussion

Neue Häftlinge wanken auf das schwere steinerne Tor zu, dessen oberes Teil der große Adler mit dem Hakenkreuz ziert. Ein Mann hinkt, er hat das halbe Bein verloren. Sein Sohn bleibt eng bei ihm, aber im Lager werden sie getrennt. Alltag in Mauthausen. Die Stimme eines jungen Mannes kommentiert aus dem Off: „In Mauthausen ist alles dafür gemacht, um uns zu beeindrucken...“ An der Spitze die Hauptakteure des Lagers, Franz Ziereis (Stefan Weinert), der Kommandant, und Paul Ricken (Richard van Weyden), der mit seiner Leica den Alltag im Lager dokumentiert. Dann gibt es die Kaste der brutalen Kapos und schließlich zahlreiche Spanier, unter ihnen der Erzähler:  Francesc bzw. Francisco Boix (Mario Casas) aus Barcelona, aus der Hölle des Spanischen Bürgerkrieges in die Hölle des Exils geflüchtet und von den Nazis nach Oberösterreich ins KZ deportiert. Hier hat er eine privilegierte Position:  Als „Franz der Spanier“ arbeitet er als Assistent für den Lagerfotografen. 

Mar Targarona, eine spanische Produzentin und Regisseurin, greift in ihrem Film eine reale Geschichte auf: 7000 Spanier, die nach dem Sieg Francos ihre Heimat verließen und sich nach der Besetzung Frankreichs durch die Wehrmacht der Résistance angeschlossen hatten, kamen in das deutsche Konzentrationslager Mauthausen. Hier trugen sie den blauen Winkel der Staatenlosen mit einem aufgenähten „S“ für „Spanier“ – das faschistische Franco-Regime hatte ihnen die Staatsbürgerschaft entzogen. Im Zentrum des Films steht die  Anpassungsfähigkeit von Francesc Boix, seine Fähigkeit, den Kopf immer wieder aus der Schlinge zu ziehen, seine  ambivalente Beziehung zu Ricken, dem kulturbesessenen Nazi und Salon-Nihilisten. Dabei überrascht die Darstellungskraft von Hauptdarsteller Mario Casas, einem Star spanischer  Teenager, der bisher durch Blockbuster und Fernsehserien populär wurde.

Dokumente des Terrors

Ricken fotografiert alles: die Toten im Stacheldraht, die Gräber und den Besuch hoher Naziführer wie Himmler und Kaltenbrunner. Als die Alliierten immer näher rücken, beschließt die SS, die Fotos zu vernichten. Aber Boix gelingt es, sie zu verstecken – als Beweismaterial für die NS-Verbrechen. Der Regisseurin gelingt eindrucksvoll die Inszenierung dieses brutalen Lageralltags mit seinen offenen und verdeckten Hierarchien, der Macht der Kapos, aber auch dem geheimen Widerstand der kommunistischen Partei, deren Vertreter in den Bürostuben unter Lebensgefahr Listen manipulieren, um ihren  extrem gefährdeten Genossen die Identität von Toten zu geben. Ein gefährlicher und unberechenbarer Alltag, in dem sich stupide Routine mit  grotesken und lebensgefährlichen Momenten vermischt: Wenn der Lagerleiter zu Ehren seines Sohnes einen großen Kindergeburtstag organisiert, dort einen großen Teil der Häftlinge als Kellner und Küchengehilfen arbeiten lässt – und dann das Geburtstagskind dazu bringt,  einige von Ihnen zu erschießen. Oder wenn die Häftlinge eine burleske, fast surreale Travestie-Schau als Lagertheater in ihrer Häftlingsbaracke inszenieren, damit ein Mithäftling mit den Negativen flüchten kann.

Am Schluss bricht die perfekte Tötungsmaschine zusammen; beim ersten Versuch, einen flüchtigen Häftling zu erhängen, reißt der Strick. Auf den langen Reigen von Todesangst und endlosen Morden folgen emblematische Szenen der Befreiung, wenn die Häftlinge den Hakenkreuzadler vom Tor herunterreißen und ein Transparent in spanischer Sprache die Befreier begrüßt. Und vor allem, wenn Boix Ricken die Kamera wegnimmt, um nun selbst Fotos zu machen.

Ein Denkmal für die Vergessenen

Das Ereignis, für das Boix weltbekannt wurde, sein Auftritt bei den Nürnberger Prozessen, ist am Ende nur noch kurz in einer Wochenschauaufnahme zu sehen. Zum  Nachspann werden dann noch einmal die Fotos gezeigt, für die er und andere ihr Leben riskierten, jene Fotos, die der „Fotograf von Mauthausen“ während der Befreiung des Lagers machte.

Mar Targarona geht also nicht wie Steven Spielberg am Schluss von „Schindlers Liste“ in die Gegenwart, sondern zeigt Schwarz-Weiß-Dokumente der Vergangenheit. Denn für Boix und viele andere Spanier war die Befreiung aus dem Lager kein Happy End: Der Fotograf starb sechs Jahre später, im Juli 1951, an den Folgen der Konzentrationslagerhaft in Paris. In Deutschland, Österreich und auch in Spanien ist die Geschichte der Franco-Gegner in den deutschen Lagern kaum bekannt, ihre Odyssee nach Kriegsende auch nicht. Taragonas Film ist ein Versuch, den Vergessenen ein Denkmal zu setzen.

 

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