Drama | Rumänien/Schweden/Kanada/Deutschland 2018 | 88 Minuten

Regie: Ioana Uricaru

Eine rumänische Einwanderin in den USA mit einem schwerbehinderten Mann und einem kleinen Sohn kämpft um die Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung. Dabei gerät sie in die Mühlen von Einwanderungsbehörden und Polizei, die sich als korrupt und inhuman erweisen. Das Drehbuch solidarisiert sich bedingungslos mit seiner Protagonistin, wobei hinter der politischen Botschaft psychologische Zwischentöne verloren gehen. Die Perspektive von unten auf die schwere, von Willkür und Missbrauch bestimmte Situation der Migranten bleibt auf ihren David-gegen-Goliath-Plot beschränkt und ist teilweise arg konstruiert. - Ab 14.
Zur Filmkritik filmfriend Im Kino sehen

Filmdaten

Originaltitel
LUNA DE MIERE
Produktionsland
Rumänien/Schweden/Kanada/Deutschland
Produktionsjahr
2018
Produktionsfirma
Mobra Films/Peripheria Prod./42film/Filmgate/Film i Väst
Regie
Ioana Uricaru
Buch
Tatiana Ionascu · Ioana Uricaru
Kamera
Friede Clausz
Musik
Olivier Alary
Schnitt
Mircea Olteanu
Darsteller
Malina Manovici (Mara) · Dylan Smith (Daniel) · Steve Bacic (Moji) · Milan Hurduc (Dragos) · Ruxandra Maniu (Aniko)
Länge
88 Minuten
Kinostart
04.10.2018
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Anklagendes, sympathiebildendes Drama, das anhand des Schicksals einer rumänischen Krankenpflegerin eher plakativ von der ausgelieferten Situation der Immigranten in den USA erzählt.

Diskussion

Mara ist fast angekommen in den USA. Einige Jahre arbeitet sie hier schon als Krankenpflegerin. Kurz vor Ablauf ihrer befristeten Aufenthaltserlaubnis hat sie einen Dialyse-Patienten geheiratet, der seit seinem Arbeitsunfall schwerbehindert ist. Doch um die Green Card zu erhalten, muss sich Mara nicht nur durch ihr zunehmend schwierigeres Eheleben, sondern auch durch die Bürokratie der Immigrationsbehörden beißen. Der zuständige Beamte erpresst sie, Sex mit ihm zu haben, um den Prozess bei der Visumvergabe zu beschleunigen. Aber auch die Polizei gängelt Mara, etwa mit dem Vorwurf, ihren neunjährigen Sohn gesetzeswidrig einen halben Nachmittag unbeaufsichtigt gelassen zu haben.

Regisseurin Ioana Uricaru erzählt in ihrem Spielfilmdebüt vom Wettlauf mit der Zeit und den Behörden. Viel Raum bleibt der Protagonistin nicht mehr, um sich um ihre Aufenthaltserlaubnis zu kümmern; und auch der kalte Ton, mit dem die Polizisten ihr gegenüber auftreten, wird immer feindseliger.

Die rumänische Filmemacherin lebt seit 2001 in den USA, wo sie zunächst in Los Angeles studierte und heute Film- und Medienwissenschaften an der Universität Middlebury lehrt. Das Drehbuch zu „Lemonade“ wurde in der Regie-Werkstatt des Sundance Filmfestivals entwickelt. Mancher hat den Film bereits als Reflex auf Trump-Ära interpretiert, doch das ignoriert, dass die Idee zu dem Film auf Erfahrungen beruht, die aus einer Zeit stammen, als ein anderer US-Präsident die Regierungsgeschicke lenkte.

„Lemonade“ ist ein mit protokollarischer Schärfe inszeniertes Porträt aus der Erfahrungswelt von Einwanderern. Der Film macht das endlose Herumsitzen in blassen Warteräumen spürbar, die knapp gebellten Anordnungen der subalternen Beamten, das Ausgeliefertsein gegenüber Schreibtischtätern, denen genug Freiräume zugestanden werden, um Gesetzestexte gegen Menschenschicksale zu wenden. Mara kämpft verzweifelt gegen ein Geflecht aus Vorschriften und Auslegungen, Launen und Anordnungen, Korruption und Willkür um ihre Aufenthaltsbewilligung, die ihr das Überleben in einem Land sichern soll, das sich gegen sie verschworen zu haben scheint. Immer öfter sieht man der Protagonistin an, dass sie längst nicht mehr weiß, warum sie ihre Heimat aufgeben und sich entschieden hat, hier leben zu wollen.

Es ist ein ungleicher Kampf, der in „Lemonade“ mit leicht plakativer Verbitterung dramatisiert wird: ein Anrennen gegen intolerante, empathielose und willkürlich handelnde Vertreter eines Systems, das anscheinend nicht in der Lage ist, human zu handeln. Die kalte Superbürokratie scheint ihre Klienten vielmehr misstrauisch zu beäugen und als Gegner zu empfinden, auch wenn sie wie Mara durch ihren Job als Krankenpflegerin längst bewiesen haben, dass sie dazugehören. Ein System, das bei seinen Angestellten Willkür und Intoleranz nicht nur zulässt, sondern gar fordert.

Hinter dem Statementcharakter der Inszenierung, die sich konsequent mit ihrer Protagonistin solidarisiert, gehen neben der notwendigen Empathie auch psychologische Zwischentöne verloren. Das trifft nicht nur bei der Zeichnung von Maras Kontrahenten, sondern auch in der Konstruktion ihres Ehelebens mit dem behinderten David zu; was die beiden zusammenhält, wird kaum nachvollziehbar, trotz einiger überlanger Dialogszenen.

Mit seiner eindeutigen Botschaft provoziert „Lemonade“ den Beifall jener, die immer schon wussten, dass die USA ein Hort des Bösen sind. Hinter dieser anti-amerikanischen Rezeption geht ein genereller Erfahrungshorizont verloren, der Einheimische von Zuwanderern trennt – jene Kälte, mit der Migranten an gesellschaftlicher Partizipation gehindert werden. Etwas mehr Psychologie wäre deshalb angeraten gewesen, um den David-gegen-Goliath-Plot des Films von seiner oftmals schematischen Ebene auf einen universelleren Level zu heben.

Kommentar verfassen

Kommentieren