Melancholisches Melodram des polnischen Regisseurs Pawel Pawlikowski, das in visuell außergewöhnlich stilisierten Schwarz-weiß-Bildern von der wechselvollen Geschichte eines Paares in den Wirren des Kalten Krieges erzählt.
Sein Film „Ida“ erfreute sich eines wahren Preisregens. Der polnische, in England aufgewachsene Oxford-Absolvent Paweł Pawlikowski gewann damit einen „Oscar“ und fünf Europäische Filmpreise. Der Schwarz-weiß-Ästhetik, dem Academy-Format 4:3 und seinem Kameramann Lukasz Zal bleibt Pawlikowski auch in „Cold War“ weiterhin treu. Seine an das Leben der eigenen Eltern angelehnte Liebesgeschichte taucht über die Dauer von 15 Jahren erneut in die polnische Nachkriegszeit ein. Die in milchig trübem Licht inszenierten Schauplätze sind zunächst die polnische Provinz, dann Ost-Berlin und Paris.
Im Zentrum der elliptischen Handlung steht der Komponist und Musiker Wiktor. Kurz nach Kriegsende gründet er mit seiner Geliebten Irena ein Ensemble aus Tänzern und Sängern, das seinen Schwerpunkt, wie die reale Truppe „Mazowsze“ seit 1948, auf traditionelle Volkslieder der Landbevölkerung legt. Während die Partei die Gruppe für Propagandazwecke zur folkloristischen Verehrung von Stalin entdeckt, verliebt sich der freigeistige Wiktor beim Vorsingen in die Bewerberin Zula, eine unabhängige und unsentimentale Schönheit. Mit ihr möchte er ein Gastspiel in Ost-Berlin zur Flucht in den Westen nutzen, obwohl sie ihm zuvor gestanden hatte, einen Auftrag zu seiner Bespitzelung erhalten zu haben. Das ist nur ein Riss von vielen, der die Beziehung auf eine Probe stellt. Im letzten Moment ändert Zula ihre Pläne. Sie zieht es vor, zum Star des von der Politik vereinnahmten und mit Privilegien hofierten Ensembles aufzusteigen.
Erst Jahre später treffen sich die beiden in Paris wieder, wo Wiktor in einem Jazz-Club als Pianist arbeitet. Die alte Liebe entfacht von Neuem. Inklusive der Konflikte, ohne die ihr Zusammensein offenbar nicht genügend Würze besitzt. Das Paar nimmt gemeinsam eine Schallplatte auf. Danach kehrt Zula nach einem heftigen Streit nach Warschau zurück. Wiktor folgt ihr Jahre später und landet wegen der einstigen „Republikflucht“ in einem Arbeitslager. Die inzwischen verheiratete Zula sorgt für seine Freilassung. Eine Zukunft haben die beiden vor der Kulisse eines im Kalten Krieg vereisten Landes trotzdem nicht.
Den melodramatischen Plot verwebt Pawlikowski in ein exquisit kadriertes Netz aus Auslassungen und Leerstellen. Er schafft Atmosphären zwischen Cool Jazz, Nouvelle Vague und Existenzialismus. Jeden Moment könnte die junge Jeanne Moreau um die Ecke biegen. Der Film lebt von den kulturhistorischen Zitaten genauso wie von Blicken, Gesten und der magischen Präsenz der Darsteller. Nicht jede ihrer Gefühlslagen lässt sich mit konkreten Ereignissen in Verbindung bringen. Dafür sind die Sprünge zu groß. Man kann nur vermuten, wie sich die politische Gemengelage auf die zunehmend verbitterten und unbehausten Exilanten ausgewirkt hat, ihre intimsten Hoffnungen, die vom rigiden Staatsapparat zertrümmert wurden. Das macht die ökonomisch erzählte Geschichte zu einer melancholischen Elegie, getragen von einem visuell aufs Feinste stilisiertem Bilderkokon.