Die Versuche des Teufels, den Menschen zum Bösen zu verführen, sind kulturgeschichtlich ziemlich ausgereizt: Hiob im Alten Testament oder Goethes Faust gehören zu den prominentesten Zielpersonen. In der Teenie-Komödie „Meine teuflisch gute Freundin“ von Marco Petry erweist sich das Pendant zu Goethes „Prolog im Himmel“ allerdings nicht als Wette mit Gott, sondern als Familienzoff im Designer-Loft. Dort wohnt Lilith, die 14-jährige Lieblingstochter des Teufels, die ihre rote Haarpracht mit zwei zu Hörnchen gerollten Dutts krönt – und die Stupsnase gestrichen voll hat. Genug der Theorie über teuflische Machenschaften! Lilith will ran ans Objekt, und wettet mit ihrem Vater, jeden Menschen zur Bösartigkeit verführen zu können. Für eine diabolisch verkürzte Probezeit von nur einer Woche darf Lilith als höllische Botschafterin in den „Außendienst“. Allerdings unter knallharten Bedingungen: ein Scheitern würde eine lebenslang Fronarbeit im Aktenkeller der väterlichen Geschäftszentrale nach sich ziehen.
Lilith wittert Morgenluft, bis sie in dem verschlafenen Örtchen Birkenbrunn ihr vom Papa höchstpersönlich ausgesuchtes Faust-Pendant kennenlernt. Das heißt nicht von Ungefähr Greta und zeichnet sich durch eine renitente Freundlichkeit aus. Liebevoll wird die schockierte Lilith ins Lebensumfeld der Öko-Familie Birnstein integriert, wo selbst das Gemüse durch Zuwendung zum Wachsen und die Kinder durch Singen zur Herzlichkeit motiviert werden. Greta weigert sich nicht nur, ihre Mitmenschen zu belügen oder zu kränken. Sie ist auch noch unfähig, sich gegen die Angriffe des Schultyrannen und eines hochnäsigen Tussi-Gespanns zur Wehr zu setzen.
Auf ein hartgesottenes Mädchen wie Lilith wirkt „Miss Birkenstock“ fast schon mitleiderregend. Doch dann droht sie selbst weich zu werden, als sie dem Schulrebellen Samuel näherkommt. Beides passt so gar nicht zur pechschwarzen, sich bei Gefühlswallungen verfärbenden Glaskugel, die Lilith am Ende der Woche ihrem Vater präsentieren muss. Nachwuchsteufel auf rosaroten Wolken kann die Hölle nicht gebrauchen. Also heckt Lilith einen Plan aus, um Greta zu brechen, und setzt den Schulcasanova Carlo auf die verliebte „Freundin“ an – unter der Vorgabe, dass Carlo Greta nach drei Tagen den Laufpass geben muss.
„Meine teuflisch gute Freundin“ ist durchaus der Konzeptfilm, als den ihn seine Handlung ausweist, die jede Kurve des Genres mitnimmt: von der Umgestaltung des hässlichen Entleins über die Liebes-Intrige bis zu Liliths Entdeckung der Mitmenschlichkeit. Was den Film dennoch interessant macht, sind die treffsicheren Dialoge und die ideale Besetzung der Figuren. In der charmanten Abwandlung des mephistophelischen Ansinnens, den Menschen zum Bösen zu verleiten, gibt es allerhand amüsante Seitenhiebe auf die Moderne: auf die Auswüchse einer selbstgerechten „Öko-Familie“ oder eine Jugendkultur, die sich völlig „oversexed“ gibt und dann komplett überfordert ist, wenn es um echte Gefühle geht.
„Meine teuflisch gute Freundin“ kommt nicht sonderlich rebellisch daher, sondern erweist sich selbst als so Werte-treu wie die Familie, gegen die Lilith aufbegehrt. Dass ihr durchtriebener Vater nicht merken soll, dass Gretas vermeintliche Hinwendung zum Bösen eigentlich auf etwas Gutem gründet, nämlich auf der Bestrafung der wahren Bösewichter, zählt nicht zu den logischen Stärken der Erzählung. Dennoch wartet die Inszenierung mit genug emotionalen Querelen auf, um die jugendliche Zielgruppe für die einsame Teufelstochter auf der Suche nach ihrem Herz und nach einer Freundin einzunehmen. Wie stellte sich Mephisto im „Faust“-Prolog doch gleich nochmal als zerstörerische Notwendigkeit vor? Als „ein Teil von jener Kraft / Die stets das Böse will und stets das Gute schafft.“