Drama | Türkei 2017 | 124 Minuten

Regie: Can Ulkay

Melodram nach einer wahren Kriegsgeschichte: Bei seinem Einsatz im Korea-Krieg findet ein türkischer Unteroffizier ein verwaistes fünfjähriges Mädchen und kümmert sich bis zu seinem Abzug leidenschaftlich um das Kind. Bildstark und zuweilen mit rührseligem Pathos inszeniert, vermeidet es der Film, den Krieg als Abenteuerspielplatz zu zeichnen und martialische Helden- oder Märtyrerbilder zu produzieren. Vielmehr stellt er die außergewöhnliche Vater-Tochter-Beziehung in den Mittelpunkt und zeichnet seine friedliebende Hauptfigur als Vorbildcharakter. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
AYLA
Produktionsland
Türkei
Produktionsjahr
2017
Produktionsfirma
Dijital Sanatlar Prod.
Regie
Can Ulkay
Buch
Yigit Güralp
Kamera
Jean-Paul Seresin
Musik
Fahir Atakoglu
Schnitt
Mustafa Presheva
Darsteller
Ismail Hacioglu (Süleyman (jung)) · Kim Seol (Ayla (jung)) · Çetin Tekindor (Süleyman (alt)) · Lee Kyung-jin (Ayla (alt)) · Ali Atay (Ali)
Länge
124 Minuten
Kinostart
07.12.2017
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama | Historienfilm | Kriegsfilm
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Emotionales Kriegsmelodram, das um einen türkischen Offizier im Korea-Krieg und ein koreanisches Waisenkind kreist

Diskussion

Herz statt Waffe. Während seines Einsatzes im Korea-Krieg findet ein türkischer Unteroffizier nach einem Massaker nordkoreanischer Soldaten an Zivilisten ein fünfjähriges Mädchen und pflegt es bis zur Rückkehr. Das Melodram beruht auf einer wahren Geschichte und gehört mit einem Box Office von 13 Millionen Dollar zu den erfolgreichsten türkischen Produktionen des Jahres.

Im September 1950 entsandte die Türkei 5190 Soldaten in den Korea-Krieg, die dort im Rahmen der UN-Mission an der Seite der USA kämpften. Eigentlich war der Krieg da schon fast zu Ende, als China den nordkoreanischen Verbündeten zu Hilfe kam. Die Türken blieben drei Jahre in Korea, ihre soldatischen Tugenden sprachen sich schnell herum, die Wochenzeitung „Die Zeit“ zitierte am 8. Februar 1951 General Tahsin Yazıcı mit den Worten: „Der Feind ist zäh und grob, aber wir sind noch gröber.“

Im Spielfilmdebüt von Can Ulkay spielen die Heldensagen von damals nur als Hintergrundmusik eine Rolle. Die legendäre Schlacht von Kunu-ri, in der sich die von der chinesischen Armee eingekesselten Soldaten zuletzt ohne Munition gegen einen übermächtigen Gegner verteidigten, wird in einer Kampfszene angedeutet, in der eine Nachschubeinheit in einen Hinterhalt gerät. „Ayla“ ist vor allem ein Film über eine ganz spezielle Vater-Tochter-Beziehung: Inmitten einer Gruppe getöteter Zivilisten findet Unteroffizier Süleyman Dilbirliği ein überlebendes kleines Mädchen. Da es die Kriegswirren nicht zulassen, das Kind in ein Heim zu geben, behält er die Kleine bei sich, tauft sie auf den Namen Ayla und bringt ihr Türkisch bei. Beim Abzug muss er seine Ziehtochter zurücklassen. Der Plot beruht auf einer wahren Begebenheit – der echte Süleyman Dilbirliği reiste 2010 nach Seoul, wo er seine Ayla auf Vermittlung eines koreanischen Nachrichtensenders noch einmal getroffen hat.

Eine zutiefst menschelnde Geschichte, die Ulkay bildstark und mit pathetischem Soundtrack inszeniert. Um die Symbiose zwischen Vater und Ziehtochter darzustellen, wird natürlich zu allen möglichen Mittel gegriffen, um den Rührseligkeitspegel so hoch wie möglich zu halten. Das Bangen der Eltern und der Geliebten in der Türkei um ihren Sohn sorgt für weitere melodramatische Momente. Bei all dem Pathos gelingt es „Ayla“ aber doch, seine Geschichte stringent und mit einigen inhaltlichen Kontrapunkten zu erzählen: Der Kommandeur ist eigentlich Kommunist und gerät mit seinem Einsatz in Widersprüche, Ali bezahlt die Sehnsucht nach seiner angebeteten Kino-Diva Marilyn Monroe mit dem Leben, das Morden in den Wäldern geht weiter, die gnadenlose Maschinerie des Militärs trennt Liebhaber von ihren Liebhaberinnen und Eltern von ihren Kindern.

Damit entgeht das Drama der Gefahr, das Kriegsgebiet als Abenteuerspielplatz darzustellen. Die romantische Verklärung der Vater-Tochter-Geschichte zielt durchaus effektiv, wie der erwähnte Box-Office-Umsatz verrät, auf ein vorwiegend weibliches Millionenpublikum, das sich nach dem weichen Kern hinter dem harten Kämpfer sehnt, nach dem Mann mit Herz. Und so wird Süleyman bereits bei der Überfahrt seiner Truppe über den Indischen Ozean als ein Mann dargestellt, der zum Töten nicht fähig ist – selbst die Ameisen in der Kajüte des Leutnants killt er nicht mit Benzin, sondern lockt sie mit einem Haufen Zucker in die Lebendfalle. Nach dem geglückten Bonding mit Ayla wird er vor allem als Vater dargestellt, hält Händchen, füttert seine Ziehtochter, lehrt sie Schreiben und Lesen, sorgt für eine menschliche Nähe, mit der sie das Trauma, ihre Eltern verloren zu haben, langsam überwindet.

Das ist Kitsch und doch wieder nicht: schließlich gab es diesen Süleyman, der am 7. Dezember 2017 verstarb, und diese Ayla ja. Und es ist durchaus sympathisch, in einem Kriegsfilm einmal Vaterliebe und Kindchen-Schema gefeiert zu sehen statt Kampfesdisziplin und Märtyrerwesen. Neben all dem Märchenhaften gerät zwar die grausame Realität aus dem Fokus, dafür aber eine schier unglaubliche Geschichte in den Blick. Und, über den Tellerrand der Filmindustrie hinausgeguckt, ein US-amerikanisch-türkischer Schulterschluss, der angesichts der aktuellen politischen Verwerfungen zwischen „dem Westen“ und der Türkei kein Normalfall mehr ist. „Ayla“ wurde vom Türkischen Kulturministerium und von der staatlichen Turkish Airlines maßgeblich co-finanziert – ein Auslands-„Oscar“-Anwärter auch als cinematografisches Mittel, um nach der Konjunktur der Heldenepen aus dem Osmanischen Reich und von Çannakale die Hand per Kriegsfilm light in Richtung Westen auszustrecken?

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