Für sein Spielfilmdebüt hat der Brite William Oldroyd den Stoff von Nikolaj Leskows Novelle „Lady Macbeth aus dem Landkreis Mzensk“ (1865) aus der russischen Provinz in das hyperpatriarchale England des Jahres 1856 verpflanzt. Den im Titel suggerierten Shakespeare-Bezug sollte man allerdings nicht überbewerten, da es sich bei der Vorlage um einen ironischen Kommentar Leskows zum grüblerisch-intellektuellen Figureninventar Turgenjews handelt, dem Leskow vitale Figuren entgegenstellt und dabei auf psychologische Tiefenbohrungen nach Möglichkeit verzichtet.
Wie im Falle der Lady Macbeth in Shakespeares Tragödie ist von wenigen Impulsen auszugehen, um eine Figur holzschnittartig zu entwerfen. Die Inszenierung macht sich diese Vorlage zunutze, um die Geschichte eines „unerhörten Ereignisses“ (Goethe), einer mörderischen Emanzipation, wie ein Uhrwerk ablaufen zu lassen. Die junge Katherine wird auf Geheiß ihres Vaters mit dem deutlich älteren und labilen Alexander verheiratet. Sie soll für einen Stammhalter sorgen, erfährt die Ehe aber als Gefängnis; überdies erweist sich ihr selbstgefälliger Gatte schon in der Hochzeitsnacht als impotent. Das ist eine gefährliche Mischung, zumal Alexander ganz unter der Fuchtel seines Vaters Boris steht, der auch Katherine immer wieder auf ihre Rolle als Ehe- und Hausfrau verpflichtet. Ihr wird sogar verboten, das Haus zu verlassen.
Die von Natur aus rebellische Katherine reagiert auf die Enge ihrer Ehehölle mit ausgestellter Lethargie, was Kameramann Ari Wegner mit präzise gestalteten CinemaScope-Tableaus vermittelt. Als ihre beiden Peiniger unabhängig voneinander längere Reisen antreten, meldet sich Katherines Lebenshunger zurück. Sie unternimmt lange Spaziergänge durch die Natur, findet Luft zum Atmen. Bereit und willens, durch die Erfahrung der Unabhängigkeit die Ordnung umzustürzen, beginnt sie eine hitzige Affäre mit dem attraktiven Gutsarbeiter Sebastian, der ihr ebenbürtig erscheint. Das Paar macht keinerlei Anstalten, die ehebrecherische Beziehung zu verheimlichen, was die Umwelt als provokant und skandalös empfinden muss.
Über die Nebenfigur der farbigen Haushälterin Anna und dem aufsässigen Sebastian macht der Film deutlich, dass er sich, anders als die literarische Vorlage, an einer patriarchal-kolonialistischen Gesellschaft abarbeitet und überdies auch noch Fragen von Rasse und Klasse in den Blick nimmt.
Natürlich ist Katharines neue Freiheit nicht von Dauer. Als der Schwiegervater von der Reise zurückkehrt, herrscht sogleich wieder die alte Lieblosigkeit. Doch Katherine hat sich verändert und ist bereit, für ihr Glück (oder ist es ihre Selbstermächtigung?) zu kämpfen, frei nach dem Motto: Es hilft nur Gewalt, wo Gewalt herrscht. Nachdem sie ihre Unabhängigkeit einmal gespürt hat, überlässt Katherine sich den Konsequenzen ihrer Tat – und scheint damit sogar Erfolg zu haben, obgleich hinter ihrem Rücken böse (also durchaus korrekte) Gerüchte kursieren, die auch die Behörden auf den Plan rufen.
Während die ersten Befreiungsakte gewissermaßen auf der Hand liegen, verkompliziert sich die Angelegenheit, als plötzlich ein Gegenspieler auf der Bühne erscheint, mit dem gerade im Rückblick auf die Hochzeitsnacht nicht zu rechnen war. Während die Haushälterin bereits als Reaktion auf ihre Anwesenheit beim ersten Mord „verstummt“, wird Katherines rücksichtslose Konsequenz irgendwann auch Sebastian unheimlich.
Fürs Finale haben sich Drehbuchautorin Alice Birch und der Regisseur William Oldroyd dann von der literarischen Vorlage so weit emanzipiert, dass auch informierte Leskow-LeserInnen noch mit einer faustdicken Überraschung rechnen dürfen.