„Kann Käse aufregend sein?“, fragt sich die Elster Louis, als sie von dem legendären Käserennen hört. Anno 1245 wurde es zu Ehren des Königs erstmals zwischen Flåklypa und dem benachbarten Slidre ausgetragen. Seither geht es zwischen den beiden norwegischen Dörfern stets darum, wer den größeren Chor, den einfallsreicheren Erfinder, die längere Parade hat.
Oder eben welches Team schneller einen Laib Käse von einem Ort in den anderen bringen kann, und zwar ohne motorisierten Untersatz. Das letzte große Käserennen vor 68 Jahren fiel allerdings unentschieden aus, und vielleicht ist dieser Wettkampf auch deshalb fast in Vergessenheit geraten. Doch nun sind die Bewohner der beiden Dörfer in heller Aufregung. Denn die übermütige Elster Louis aus Flåklypa, die sich ständig mit anderen messen muss, hat sich auf ein Rennen gegen den reichen Molkereibesitzer Clifford aus Slidre eingelassen.
In totaler männlicher Selbstüberschätzung ist Louis davon überzeugt, dass er ein geborener Champion ist und nur gewinnen kann. Deshalb geht er aufs Ganze: Sollte er verlieren, verkündigt er großmundig, soll sein Rivale Clifford Haus und Werkstatt seines Freundes Alfie bekommen, bei dem Louis und der ängstliche Igel Luca schon lange leben. Fortan ist Käse die aufregendste Sache der Welt, denn der komische Vogel kämpft nicht nur für seine Ehre, sondern auch für das Ansehen seines Heimatdorfes und für Alfie, der seinen Freund tatkräftig unterstützt, aber nichts von dem hohen Wetteinsatz auf seine Kosten weiß.
Dass das Wettrennen über den Stolperpfad, durch den Bärenwald und über das Gebirge kein Kinderspiel ist, merken Louis und seine beiden Freunde schneller, als ihnen lieb ist. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Clifford den Gorilla Emanuel Desperados, „das einzige Lebewesen auf der Welt, das auf der Richterskala geführt wird“, in sein Team geholt hat, und er zudem mit fiesen Tricks versucht, als erster die Zielgerade zu erreichen.
Skurrile Typen gibt es also auch in Norwegen. Wie bei „Wallace & Gromit“
(fd 31 035) oder „Pettersson und Findus“
(fd 34 653) agieren auch in „Louis & Luca – Das große Käserennen“ Menschen und Tiere gleichberechtigt mit- und nebeneinander, wobei die Elster für allerlei Unruhe sorgt. Der Vogel und all die anderen Dorfbewohner gehören seit den 1950er-Jahren zum Kulturgut in Norwegen, zunächst als Cartoon-Figuren, ab 1975 aber auch als Protagonisten im Kino. Regisseur Rasmus A. Sivertsen verfilmt schon zum zweiten Mal eine Geschichte aus den fiktiven Dörfern Slidre und Flåklypa und präsentiert in klassischer Stop-Motion ein liebevoll gestaltetes Universum mit ganz verschiedenen Typen, die ihr beschauliches Leben genießen, aber auch nicht frei von Macken und Spleens sind.
Fast schon altmodisch wirkt diese kleine Welt. Niemand besitzt ein Handy; Fernsehen und ein selbstgemachter Roboter sind hier noch die größten technischen Errungenschaften. Alles ist überschaubar, die Dörfer mit ihren wenigen Bewohnern genauso wie die Konflikte, die allesamt menschlich und nachvollziehbar sind. Das korrespondiert wunderbar mit der Machart des Films, der auf Puppentrick und nicht auf 3D setzt und in ruhigem Tempo sehr kindgerecht erzählt, ohne Spannung und Wortwitz zu kurz kommen zu lassen. Dass Freundschaft und Zusammenhalt wichtiger sind als jeder Sieg, lautet die Botschaft des Films, der ganz ohne pädagogischen Zeigefinger auskommt. „Louis & Luca – Das große Käserennen“ ist ein Kinder- und Familienfilm im besten Sinne, wenngleich einem die Elster, der Igel und der Erfinder lange nicht so ans Herz wachsen wie etwa der nordenglische Querkopf Wallace und sein überaus weiser Hund Gromit. Dazu mangelt es den norwegischen Figuren einfach zu sehr an Mimik und Understatement. Louis quasselt einfach zu viel. Eine hochgezogene Hundeaugenbraue aber sagt mehr als tausend Worte.