Ein junger Mann hat den einsamen Bauernhof seiner Eltern in den Bergen Südtirols verlassen, um im Tal in einem Steinbruch zu arbeiten und in der Stadt zu leben. Seine Mutter verschweigt ihm zunächst den Tod des Vaters, der bei einem Unfall ums Leben kam, doch wird die Entscheidung über seine berufliche und private Zukunft dadurch unausweichlich. Das packende, weitgehend wortlose Drama bezieht seinen hohen Reiz aus den Gegensätzen von Berg und Tal, Natur und Stadt sowie den damit verbundenen Arbeitswelten. In der Hauptrolle beeindruckend gespielt, sorgfältig und ausdrucksstark fotografiert.
- Sehenswert ab 16.
Die Einsiedler
Drama | Deutschland/Österreich 2016 | 115 Minuten
Regie: Ronny Trocker
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Filmdaten
- Originaltitel
- DIE EINSIEDLER
- Produktionsland
- Deutschland/Österreich
- Produktionsjahr
- 2016
- Produktionsfirma
- Zischlermann Filmprod./EchoFilm/Golden Girls Filmprod.
- Regie
- Ronny Trocker
- Buch
- Ronny Trocker · Rolando Grumt Suárez
- Kamera
- Klemens Hufnagl
- Schnitt
- Julia Drack
- Darsteller
- Andreas Lust (Albert) · Ingrid Burkhard (Marianne) · Orsi Tóth (Paola) · Hannes Perkmann (Gruber) · Peter Mitterrutzner (Rudl)
- Länge
- 115 Minuten
- Kinostart
- 12.10.2017
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 16.
- Genre
- Drama
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Grandioses Drama um Einsamkeit und Entscheidung
Diskussion
Man kann Albert verstehen, dass er hier nicht mehr leben will. Der Bauernhof seiner Eltern liegt einsam und abgelegen in den Südtiroler Bergen und ist nur zu Fuß zu erreichen. Eigentlich gibt es auch eine Art Seilbahn, die aber nur aus einer Wanne mit Platz für eine Person besteht. Ausgerechnet jetzt streikt mal wieder der Motor; die von Menschen ersonnene Technik bedeutet hier oben wenig. Zwei Kühe, ein namenloser Hund und eine Katze, deren Junge umstandslos in der Regentonne ertränkt werden – die Zivilisation ist weit entfernt. Darum arbeitet Albert im Tal in einem Steinbruch. Der weiße Staub steht im Kontrast zum Schlamm in den Bergen, die ausgehobenen Gewölbe und Tunnel signalisieren Enge, ein Riss im Gestein birgt Gefahr.
Eigentlich hatte Albert auch der Verhärmtheit, der Rohheit und der Schweigsamkeit seines Elternhauses entfliehen wollen. Doch die Kollegen sind nicht viel besser, vom Mobbing in der Kantine bis zum unwilligen Chef. Wortlosigkeit dominiert auch hier, die Kommunikation beschränkt sich aufs Nötigste. Eine Liebesgeschichte zwischen Albert und Paola, der ungarischen Kantinenköchin, könnte beginnen, doch sie bleiben sich fremd. Plötzlich ist Alberts Vater tot; er hatte das Dach reparieren wollen und ist in die Tiefe gestürzt. Die Mutter verscharrt ihren Ehemann kurzerhand im Garten und sagt Albert nichts. Sie will nicht, dass ihr Sohn das Leben im Tal ihretwegen aufgibt. Doch lange kann sie ihm den Tod des Vaters nicht verheimlichen.
„Die Einsiedler“ spielt in den Bergen und könnte darum auch ein Bergfilm sein; doch man tut dem Drama von Ronny Trocker mit dieser Zuweisung keinen Gefallen. Denn kaum ein anderes Genre ist so sehr mit Bedeutung und Vorurteilen aufgeladen und belastet. „Ein antizivilisatorischer Geist weht durch diese Filme – die unberührte, wilde Natur erscheint als Refugium dessen, der vor der Gesellschaft flieht und seine Machtlosigkeit als Tugend verklärt“, notiert Anton Kaes in einem Essay über das Kino der „Weimarer Republik“ und beschreibt die „Unterwerfung des Subjekts unter die Gewalt der Elemente“. Zumindest der letzte Gedanke hilft weiter. Die Unwirtlichkeit der Natur und die Abhängigkeit vom Wetter prägen diese Menschen. Sie sind hart gegen sich und andere, unfähig sich zu öffnen. Aus diesem Grund zeigt Trocker seine Protagonisten häufig mit Großaufnahmen der verhärmten Gesichter, die keine Empathie wecken. Oder man sieht sie aus der Ferne, etwa bei einer Beerdigungsprozession über eine Aue, so, als würde die Natur die Menschen verschlucken.
Kameramann Klemens Hufnagl hat die Bilder sorgsam komponiert. Immer wieder fängt er die Weite der Landschaft ein und deckt trotz Regen und Schlamm ihre Schönheit auf. Schön, wenn auch auf ganz andere, fast schon surreale Weise, ist auch der Steinbruch in seiner weißen Reinheit. Nicht von ungefähr finden sich zwei Lawinen im Film, eine aus Schnee und eine aus Staub, so als wolle der Film Naturgewalt und die Folgen menschlicher Arbeit gegenüberstellen. In den Innenräumen verweilt die Kamera auch dann noch lange, wenn die Figuren das Zimmer verlassen haben. Ihre Präsenz wirkt nach, hinterlässt Spuren, vor allem bei Andreas Lust. Er verkörpert ernsthaft und zurückgenommen einen Mann, der sowohl von den Bergen als auch der Stadt angezogen ist. Er liebt seine Eltern und muss trotzdem auch an sich selbst denken. Er sitzt buchstäblich zwischen den Stühlen. Irgendwann wird er eine Entscheidung treffen müssen.
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