Zweite Staffel der BBC-Verfilmung von Shakespeares Historiendramen über die Geschichte des britischen Königshauses im 14. und 15. Jahrhundert. Nach "Richard II.", "Henry IV" und "Heinrich V." (Staffel 1) widmet sie sich den Stücken "Heinrich VI." und "Richard III.", als die Rosenkriege zwischen den Häusern York und Lancaster tobten. Unter der Regentschaft des jungen, schwachen Königs Heinrich VI. flammt der Konflikt der konkurrierenden Peers auf und macht sich in blutigen Taten Luft. Das Haus York kann den Thron erringen, doch der Machthunger und die Skrupellosigkeit Richards III. drohen seine Familie in den Untergang zu stürzen. Die filmisch schlicht gehaltenen, in Schlachtszenen sehr bescheiden inszenierten Adaptionen setzen auf die hervorragenden Darsteller, die Shakespeares Texte mit Herzblut füllen und die historischen Ereignisse ans Menschlich-Allzumenschliche anbinden.
- Ab 16.
The Hollow Crown - The War of the Roses
Drama | Großbritannien 2016 | 364 (112/123/129) Minuten
Regie: Dominic Cooke
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Filmdaten
- Originaltitel
- THE HOLLOW CROWN - SERIES 2
- Produktionsland
- Großbritannien
- Produktionsjahr
- 2016
- Produktionsfirma
- BBC/NBC Universal Television/Neal Street Prod./WNET Thirteen
- Regie
- Dominic Cooke
- Buch
- Ben Power
- Kamera
- Zac Nicholson
- Musik
- Dan Jones
- Schnitt
- Gareth C. Scales
- Darsteller
- Benedict Cumberbatch (Richard Plantagenet / Richard III.) · Sophie Okonedo (Königin Margaret) · Tom Sturridge (Heinrich VI.) · Keeley Hawes (Königin Elisabeth) · Hugh Bonneville (Gloucester)
- Länge
- 364 (112
123
129) Minuten - Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Drama | Historienfilm | Literaturverfilmung
Heimkino
Shakespeares "House of cards" als schauspielersicher Höhenflug. Am Ende windet sich Richard III. (Benedict Cumberbatch) mit seinem Gegner, dem zukünftigen König Heinrich VII. (Luke Treadaway), im Dreck des Schlachtfelds, schmutzverkrustet, als Menschen kaum mehr kenntlich. Diese Szene fasst anschaulich zusammenfasst, wie in »The Hollow Crown« der Blick auf die durch Shakespeare vermittelte britische Geschichte des 14. und 15. Jahrhunderts, von der Herrschaft Richard II. bis zur Inthronisierung Heinrichs VII., ausfällt: eine riesige Schlammschlacht, in der Helden und Schurken nur noch schwer voneinander unterscheidbar sind.
Diskussion
Am Ende windet sich Richard III. (Benedict Cumberbatch) mit seinem Gegner, dem zukünftigen König Heinrich VII. (Luke Treadaway), im Dreck des Schlachtfelds, schmutzverkrustet, als Menschen kaum mehr kenntlich. Diese Szene fasst anschaulich zusammenfasst, wie in »The Hollow Crown« der Blick auf die durch Shakespeare vermittelte britische Geschichte des 14. und 15. Jahrhunderts, von der Herrschaft Richard II. bis zur Inthronisierung Heinrichs VII., ausfällt: eine riesige Schlammschlacht, in der Helden und Schurken nur noch schwer voneinander unterscheidbar sind.
Mit Shakespeare wird man nie fertig, seine Dramen packen einen immer wieder, egal, wie oft man sie schon gelesen oder wie viele Inszenierungen man schon gesehen hat. Eine provozierend aktualisierende Lesweise, wie sie jüngst das New Yorker Public Theatre mit der Assoziation zwischen Donald Trump und Shakespeares »Julius Caesar« lieferte, belegt das auf besondere Weise; doch auch eine historisierende Umsetzung kann ihre Meriten haben, wenn sie nicht zur Geschichtsstunde gerät, sondern Shakespeares zeitlose Themen herausarbeitet.
Die BBC versuchte das mit einer Adaption der Historienstücke von Shakespeare, wobei die Qualität der einzelnen Teile auch dadurch gewinnt, dass man sie als Serie wahrnehmen und die Figurenentwicklungen und Handlungsketten verfolgen kann. So revidiert sich beispielsweise die Perspektive auf Richard III., Shakespeares wohl charismatischste Schurkenfigur, wenn man präsent hat, was seine Familie, das Haus York, in den Jahren vor der Machtübernahme seines Bruders Edward IV. (1461) durchgemacht hat. Im diesem Kontext betrachtet, wirkt Richard nicht mehr wie ein Teufel in hinkender Menschengestalt, sondern wie das Kind einer Epoche eskalierender Verrohung.
Das wird in der Fernsehadaption des Stoffes durch dezente Drehbuch-Modifikationen noch forciert, etwa in Teil 2 von »Heinrich VI.«, wenn die grausige Ermordung von Richards minderjährigem Bruder gezeigt wird, die Richard hilflos mitansehen muss, was seiner Rachlust am Ende von »Heinrich VI.« , der ersten Eskalationsstufe seiner Mörder-Laufbahn, ein starkes Motiv verleiht. Womit er ironischerweise einen ähnlichen Weg beschreitet wie der Mann, der seinem kleinen Bruder die Kehle durchtrennt: Auch Clifford (Kyle Soller), ein Parteigänger des Hauses Lancaster, wurde zunächst Zeuge des Abschlachtens seiner Angehörigen, ehe er selbst zum Schwert griff – ein endloser Teufelskreis.
Nachdem die erste Staffel von »The Hollow Crown« die Entthronung des glücklosen Monarchen Richard II., die davon überschattete Herrschaft Heinrichs IV. und die viel zu kurze Herrschaft Heinrichs V. schilderte, taucht die zweite Staffel in die Phase des Rosenkriegs ein. Shakespeares drei Stücke um den tragischen »Heinrich VI.«, der schon als Kind zum König wurde und als junger Regent nicht die Kraft und die Klugheit besitzt, die widerstreitenden Interessen der Häuser York und Lancaster zu bändigen, werden zu zwei Filmen verdichtet. Diese verfügen zwar nicht wie »Richard III.« über eine dominante Hauptfigur, wirken als Ensemblestück aber um so fesselnder und moderner, wenn sich Partikularinteressen, Egoismen und Opportunismen der zahlreichen Figuren peu à peu zu einer staatserschütternden Gemengelage summieren: die moralische »Missgeburt« Richard hat viele Eltern.
Die zweite Staffel wurde komplett von dem Theaterregisseur Dominic Cooke inszeniert. Obwohl sie filmsprachlich schlicht ausfällt und bei den Schlachtenszenarien viele Abstriche machen muss, was das Inszenieren kämpfender Massen angeht, glänzt sie bei der Besetzung durch eine betörende Kulmination an Talenten. Die Kamera bleibt oft nah bei den Figuren, um ihre Regungen und Interaktionen zu erfassen, und trägt damit dazu bei, dass die historischen Entwicklungen an die moralischen Entscheidungen der Individuen rückgekoppelt werden. Neben Benedict Cumberbatch brillieren unter anderem Hugh Bonneville als Gloucester, der als Protektor des jungen Königs Heinrich VI. so lange versucht, die machtgierigen Lords in Schach zu halten, bis er über die Ambitionen seiner eigenen Ehefrau (Sally Hawkins) stolpert; Sophie Okonedo als Königin Margaret, die durch Willensstärke und Mut ebenso fesselt wie sie durch ihre Skrupellosigkeit und Grausamkeit verstört; sowie in einer kleinen Rolle Judi Dench als alte Herzogin von York, die am Ende den eigenen Sohn verflucht. Sie alle verwandeln Shakespeares Dramen in eine Art mittelalterliches »House of Cards« mit phänomenaler Sogwirkung.
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