Legion (2017)

Action | USA 2017 | Staffel 1: 410 (acht Folgen) Minuten

Regie: Noah Hawley

Ein junger Mann wird seit seiner Jugend von Stimmen gequält und hat wegen dieser scheinbaren schizophrenen Erkrankung den überwiegenden Teil seines Lebens in psychiatrischen Kliniken verbracht. Durch die Begegnung mit einer Mitpatientin beginnt er, die Diagnose sowie seine Wahrnehmungen zu hinterfragen, und erkennt, dass er ein mächtiger Mutant ist, der seine mentale "Gefangenschaft" begreift und verarbeitet. Narrativ eigenständiger Serien-Beitrag zum „X-Men“-Kosmos, der in seiner eigenwilligen Ästhetik und seiner fantasiereich mäandernden Erzählweise erstaunliche Fabulierlust beweist. Anfangs heiter, dann zusehends düsterer präsentieren sich die acht Folgen der ersten Staffel als visueller Bewusstseinsstrom, was die Seherfahrung ebenso erschöpfend wie faszinierend macht. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
LEGION
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2017
Produktionsfirma
26 Keys Prod./The Donners' Co./Bad Hat Harry Prod./Kinberg Genre/Marvel Television/FX Prod.
Regie
Noah Hawley · Michael Uppendahl · Larysa Kondracki · Tim Mielants · Hiro Murai
Buch
Noah Hawley · Peter Calloway · Nathaniel Halpern · Jennifer Yale
Kamera
Dana Gonzales · Craig Wrobleski
Musik
Jeff Russo
Schnitt
Regis Kimble · Curtis Thurber · Chris A. Peterson
Darsteller
Dan Stevens (David Haller) · Rachel Keller (Syd Barrett) · Aubrey Plaza (Lenny Busker) · Bill Irwin (Cary Loudermilk) · Jeremie Harris (Ptonomy Wallace)
Länge
Staffel 1: 410 (acht Folgen) Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Action | Comicverfilmung | Science-Fiction

Heimkino

Die Extras enthalten u.a. ein Feature mit im Film nicht verwendeten Szenen (54 Min.).

Verleih DVD
Fox (16:9, 1.78:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Fox (16:9, 1.78:1, dts-HDMA engl., dts dt.)
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Man ist einiges von den Marvel-Comic-Verfilmungen gewohnt, aber auf »Legion« konnte man einfach nicht vorbereitet sein. Während die Serien bislang fabulierfreudig den Avengers-Kosmos ausbauten, ist »Legion« (wie der Kinofilm »Logan«) dem Umfeld der »X-Men«-Comics zuzuordnen, kommt aber narrativ und ästhetisch so selbstbewusst und eigenständig daher, dass die Serie sich nur mit wenigen Anspielungen darauf begnügt.

Diskussion
Man ist einiges von den Marvel-Comic-Verfilmungen gewohnt, aber auf »Legion« konnte man einfach nicht vorbereitet sein. Während die Serien bislang fabulierfreudig den Avengers-Kosmos ausbauten, ist »Legion« (wie der Kinofilm »Logan«) dem Umfeld der »X-Men«-Comics zuzuordnen, kommt aber narrativ und ästhetisch so selbstbewusst und eigenständig daher, dass die Serie sich nur mit wenigen Anspielungen darauf begnügt. So wird einmal sehr kurz der markante Rollstuhl von »X-Men«-Gründer Charles F. Xavier eingeblendet, sodass man gerade mal erahnen kann, dass es sich bei dem jungen Mutanten David Haller (»Downton Abbey«-Star Dan Stevens) um Xaviers Sohn handelt. Seit seine ihm unbekannten Eltern David im Babyalter bei Verwandten abgegeben haben, schleppt er sich mit einer schweren Schizophrenie durch sein Leben, das er vorrangig in Zwangsjacken, Psychiatrien und Therapiepraxen verbrachte, gejagt von inneren Stimmen, gequält von mentalen Kräften, die er nicht kontrollieren kann. In einer dieser Kliniken für Geisteskranke wird ihm allmählich ein neuer Gedanke immer vertrauter: Was, wenn er gar nicht geisteskrank ist, wenn all die Stimmen vielmehr Identitäten seiner vielen eigenen Persönlichkeiten sind, deren Fähigkeiten er »nur« richtig verstehen muss, um der mächtigste aller Mutanten zu werden? Permanent kreist die Serie um diese zentrale Frage, deutet sie aus allen nur erdenklichen Blickwinkeln, sucht Erkenntnisse und verwirft sie, setzt nahezu jede narrative Konvention außer Kraft, um Logik, Raum und (Erzähl-)Zeit immer wieder in Frage zu stellen. Existiert die Klinik, in die David eingeliefert wurde, denn überhaupt? Oder ist sie nur ein kraft seiner Imagination konkret gewordener, in Wahrheit aber doch virtueller Ort, mit dem David seine rationale und seine irrationale Seite »ordnen« will? Welche der Personen, denen er begegnet, sind dann »echt«? Ist Melanie Bird tatsächlich eine Therapeutin, die mit ungewöhnlichen Methoden und noch ungewöhnlicherem Team Davids besondere Veranlagung heilen will? Mit welchen Absichten und welchen Plänen? Wer ist Davids kumpelhafte Mitinsassin Lenny wirklich, die wie eine düstere, tief zynische und zerstörerische Seite seines Wesens erscheint? Und wer ist die junge, schöne Syd Barrett, in die sich David verliebt: eine weitere Mutantin, die bei Berührung mit anderen den Körper tauscht? In »Legion« ist nichts sicher, zumindest nichts eindeutig, die mäandernde Geschichte ist ein serienlanger Psychotrip, getragen von erstaunlicher Fabulierlust, die mit heiteren Musical- und Tanzeinlagen beginnt, um immer schwärzer, verzweifelter und düsterer zu werden. Nicht mehr bloß »Fantasy«, sondern Bild- und Tongedicht über ein Leben in existenzieller Schwebe, ohne Anfang und Ende, gespeist aus verdrängten Ängsten, getränkt mit sehr viel Musik zwischen »Bolero« und Pink Floyd, angesiedelt in ineinander geschachtelten Räumen des Unterbewussten. Mal scheint David Gegenstand des Erzählens, mal muss man sich die Hauptfigur einer Folge erst erarbeiten, bis man halbwegs versteht, dass genau dies die Methode der Serie ist: Es gibt handelnde Personen, passive Beobachter und Chronisten des Geschehens, alle sind Teile der Erzählwelt und haben doch auch einen Platz außerhalb von ihr inne. So ist »Legion« über weite Passagen ein purer Bewusstseinsstrom, ein überbordender innerer Monolog – und ein faszinierend kreativer Kraftakt, dem zu folgen ebenso erschöpft wie inspiriert.
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