Marie und die Schiffbrüchigen

Komödie | Frankreich 2016 | 104 Minuten

Regie: Sébastien Betbeder

Ein von seiner Geliebten verlassener Franzose verliebt sich in eine Zufallsbekanntschaft, obwohl deren Ex-Freund ihn davor gewarnt hat. Dieser verfolgt das Paar und nimmt es als Vorlage für einen Roman, begleitet von seinem DJ-WG-Genossen, der die Welt mit düster-rhythmischen Klängen zum Tanzen bringen will. Der verspielte, leichtfüßig erzählte Film landet schließlich auf einer kleinen Insel vor der französischen Küste, wo er in surreale Gefilde abhebt. Eine cinephile Kapriole auf den Spuren der Nouvelle Vague mit liebenswerten Figuren und einer reizenden „Femme fatale“. (O.m.d.U.) - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
MARIE ET LES NAUFRAGÉS
Produktionsland
Frankreich
Produktionsjahr
2016
Produktionsfirma
Envie de Tempête Prod./Canal+/Ciné+
Regie
Sébastien Betbeder
Buch
Sébastien Betbeder
Kamera
Sylvain Verdet
Musik
Sebastien Tellier
Schnitt
François Quiqueré
Darsteller
Pierre Rochefort (Siméon Forest) · Vimala Pons (Marie Andrieu) · Eric Cantona (Antoine) · Damien Chapelle (Oscar) · André Wilms (Cosmo)
Länge
104 Minuten
Kinostart
08.06.2017
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie
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IMDb | TMDB

Cinephiler Liebesfilm auf den Spuren der Nouvelle Vague von Sébastien Betbeder

Diskussion
Siméon war gewarnt. Marie sei gefährlich, hatte ihm Antoine ihm am Telefon gesagt, Maries Ex-Freund. Aber Siméon wollte nicht hören. Ganz im Gegenteil. Vielmehr hatte ihn das nur darin bestärkt, dieser jungen Frau zu folgen, deren Portemonnaie er auf der Straße gefunden und es ihr in einem Café wiedergegeben hatte. Da hatte sie ihm gegenübergesessen, mit großen Schlucken Bier getrunken und unter ihren dunklen Ponyfransen hervorgelugt. Natürlich hatte es ihn sofort erwischt. So, wie es zuvor schon Antoine ereilt hatte. Das ist wohl das Gefährliche an Marie: Man kann sich schnell in sie verlieben. In den Filmen von Sébastien Betbeder fällt die Liebe aus heiterem Himmel auf die Erde hinab. Das war in „2 automnes 3 hivers“ (fd 42 449) schon so und ist auch in „Marie und die Schiffbrüchigen“ nicht anders. Was soll schon dabei sein? Man sieht sich, erkennt sich, ergibt sich. Nicht immer gleich sofort, aber irgendwann. Und da Siméon es liebt, verliebt zu sein, bleibt ihm nichts anderes übrig, als Marie heimlich zu folgen. Natürlich glaubt er, sich in Herzensangelegenheiten auszukennen. Er ist schließlich Anfang 30. Es gab schon Laure, Clarisse, Patricia, Béatrice und Martha. Mit Béatrice, von der er sich rechtzeitig trennte (oder umgekehrt), hat er eine Tochter, mit der er über den Friedhof Père Lachaise spaziert oder ins Kino geht, um koreanische Filme zu sehen, die eigentlich nichts für Kinder sind. Zeit hat er auch, seit er seinen Job als Kulturredakteur los ist, weil das Magazin eingestellt wurde. Wie ein Student lebt er mit seinem besten Freund Oscar in einer WG, wo schon vor dem Einzug der Standort des Plattenspielers festgelegt wurde. Oscar ist DJ und arbeitet schwer daran, das „traurigste Stück, nach dem man tanzen kann“, zu sampeln. Nachts schlafwandelt er und überwacht sich dabei selbst mit einer Kamera. Und dann ist da eben noch Antoine (gespielt vom ehemaligen Fußballer Eric Cantona), der eine Zeitlang elektrosensibel war und Romane schreibt, aktuell über einen jungen Mann, der einem Mädchen begegnet, das Marie heißt und dem er von Paris bis in die Bretagne auf die Île de Groix folgt. Eine Geschichte, die merkwürdig viel Ähnlichkeiten mit dem hat, was Siméon erlebt. Was kein Wunder ist, denn so wie Siméon Marie folgt, heftet sich Antoine den beiden auf den Fersen und hat dabei Oscar im Schlepptau. Wodurch der Film ständig danach fragt, wessen Geschichte da eigentlich entfaltet wird. Ist es womöglich das verfilmte Buch von Antoine? Oder ist die Geschichte nur Inspiration für den Roman, an dem er schreibt? Regisseur und Drehbuchautor Sébastien Betbeder erzählt von verliebten Männern, die im Herzen immer noch Jungen sind, und hat dafür lauter schräge, durchaus liebenswerte Typen und die putzigste Femme fatale der Filmgeschichte erdacht. Siméon, Oscar und Marie stehen für die Generation derjenigen, die irgendwann in den 1980er-Jahren geboren wurden und offenbar ziemlich haltlos durchs Leben schlittern. In der Redaktion, in der Siméon früher gearbeitet hat, waren seine Kollegen „jung, ehrgeizig, adrett, links, aber nicht zu sehr“. Doch Siméon passt nicht in dieses Schema; vielleicht lässt er sich auch deshalb auf diese Amour fou ein, denn zu zweit ist man besser verrückt als allein. Das alles ist leichtfüßig erzählt und verspielt, mit kleinen charmanten Nebenhandlungen. Ein Film wie eine Meeresbrise, bei dem man sich über ein kurzes Wiedersehen mit der jüngst verstorbenen Emmanuelle Riva freuen darf oder über André Wilms als durchgeknallten Popstar Cosmo. Ein Tanz zu Oscars Musik wirkt wie eine Reminiszenz an die legendäre Tanzszene in Jean-Luc Godards „Die Außenseiterbande“ (fd 13 450). Warum auch nicht? Man kann seinen Spaß haben an all dem, sich in den etwas beliebigen Kapriolen verirren und wie der Film selbst ein wenig den Boden unter den Füßen verlieren.
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