Im Oktober 2001 begann der Krieg in Afghanistan; 2016 sind dort, so resümiert ein UN-Bericht, mehr Zivilisten als je zuvor verletzt worden oder gestorben. Aber nicht nur diese Daten machen »Kandahar Journals« so aktuell. Louie Palu, der Regisseur, Produzent, Erzähler und Bildgestalter, ist seit 24 Jahren als Dokumentarfilmer tätig und wurde wiederholt für seine Arbeit ausgezeichnet. Als Kriegsfotograf begleitete er NATO-Einsatzkräfte und afghanische Truppen. Gleich bei seinem ersten Besuch in Kandahar im April 2006 findet sich der kanadische Fotograf mitten in einem Selbstmordanschlag wieder. Er versucht, die fragmentierten Körper mit der Kamera einzufangen – ein brutales, erschreckendes Puzzle: »Die Erfahrung liegt jenseits der Fotos«, sagt er. Sein 76-minütiger Essayfilm handelt von der Unmöglichkeit, den Krieg in Bildern zu erzählen, die Kriegserlebnisse in einen einheitlichen Rahmen zu setzen. Palu interviewt Zivilisten, Soldaten und Traumata-Patienten; in erster Linie zeigt sein Film aber die persönliche Sicht des Kriegsfotografen auf seine Arbeit. Eine beeindruckende audiovisuelle Collage über fünf Jahre in Afghanistan, aber auch über die zwischenzeitliche Rückkehr in seine Heimatstadt Toronto, deren harmloses Leben mit den Kriegserlebnissen in größtmöglichem Kontrast steht. Auf der Grundlage seiner Tagebücher entsteht so eine Annäherung an eine Realität, die Palu selbst immer unverständlicher wird: »Je mehr ich sehe, umso weniger begreife ich.«
Als Bonusmaterial umfasst die Heimkinoveröffentlichung ein dreißigminütiges Interview mit Palu über seine Entwicklung und seine Ethik als Kriegsfotograf, über seine Erfahrungen in Afghanistan und über die Entstehung des Films.