Ob er wüsste, wer der Böse sei und wer der Gute, fragt der Killer sein potenzielles Opfer. Das ist keine rhetorische Frage, auch wenn sie eigentlich überflüssig sein müsste: ein unbescholtener Bürger trifft auf einen psychopathischen Hinterwäldler, der bereits mehrere Leben auf dem Gewissen hat – da sollten die Rollen doch klar verteilt sein. Oder nicht? Die ersten Ausbrüche physischer Gewalt, die man in dem Film von William Monahan zu sehen bekommt, gehen aufs Konto von Thomas, einem erfolgreichen Filmemacher, der eingangs seine Residenz in Hollywood verlässt und einen Trip in die Mojave-Wüste unternimmt. Nachdem er seinen Geländewagen zu Schrott gefahren hat und sich zu Fuß auf den Heimweg macht, begegnet ihm nachts am Lagerfeuer der leutselige, aber irgendwie dubiose Jack, der ihn in ein befremdliches philosophisches Gespräch verwickelt. Darin geht es um Jesus, der in der Wüste vom Teufel in Versuchung geführt wird, und um Sinn oder Unsinn der existenziellen Suche nach sich selbst. Halb spielerisch, aber irgendwie doch bedrohlich, kokettiert Jack damit, sich selbst als diabolisch darzustellen, spricht von seinem Interesse an „sinnloser Gewalt“. Dass Thomas alamiert ist, den Fremden brutal zusammenschlägt und das Weite sucht, kann man noch nachvollziehen. Dass er kurz danach vorschnell einen Polizisten erschießt, den er für seinen Verfolger hält, schon weniger. Vor allem deshalb, weil Thomas keinerlei Reue über die Tötung an den Tag legt. Doch so einfach wie den Wüstenstaub, den er nach seiner Rückkehr in die Hollywood Hills beim Duschen abspült, wird Thomas das Erlebte nicht los. Als Jack in Thomas’ Unfallwagen dessen Papiere findet, macht er sich auf die Suche.
Was eigentlich eine klassische Ausgangssituation für einen Horrorfilm ist, wie man sie aus Hinterwäldler-Slasher-Movies von „The Hills Have Eyes“ bis „Wolf Creek“ kennt, inszeniert Regisseur Monahan als weitgehend unblutiges, sinistres Psychoduell zwischen zwei äußerst spröden, aber sehr faszinierenden Charakteren, die Garrett Hedlund und Oscar Isaac dank spannungsvoller Dialoge zu gleichermaßen unheimlichen Kontrahenten aufbauen. Jacks latente Aggressivität, die er hinter seiner zur Schau gestellten Jovialität durchblitzen lässt, wirkt so beklemmend wie die Gefühlskälte und Verächtlichkeit, die der Filmemacher Thomas allem und jedem entgegen bringt: den Menschen in seinem Bekanntenkreis, dem toten Polizisten, seiner eigenen Existenz, die er bei seinem Wüstenausflug mutwillig aufs Spiel setzt. Ein gesunder Bezug zur Welt scheint beiden Figuren längst abhanden gekommen zu sein. Neben den Künsten der Schauspieler nutzt Monahan auch den filmischen Raum suggestiv: Die Mojave-Wüste, Jacks Territorium, und die noblen Villen in Hollywood, in denen Thomas zu Hause ist, lässt er gleichermaßen als Ödnis erscheinen, als schöne, aber Menschen gegenüber gleichgültige Orte, an denen keinerlei soziale Wärme zu finden ist. Die wenigen Szenen, in denen es zur direkten Konfrontation zwischen Thomas und Jack kommt, haben unterschwellig fast etwas morbid Romantisches: Sie sind Treffen zweier verwandter Seelen, deren Clash auf beiden Seiten ein Versuch zu sein scheint, überhaupt wieder etwas zu fühlen.