Seitdem der Mondkönig seinem Enkel ein Auge raubte, darf sich dieser nach Einbruch der Dämmerung nicht mehr draußen aufhalten. Als der aufgeweckte Junge, der sich und seine Mutter mit öffentlichen magischen Origami-Geschichten durchbringt, diese Regel bricht, bleibt ihm nur die Flucht. Mit einem insektenartigen Samurai und einem sprechenden Affen macht er sich auf die Suche nach der mysteriösen Rüstung seines Vaters. Mitreißender Abenteuerfilm, der souverän den Charme traditioneller Puppenanimationen mit digitalen Effekten verbindet und sich dabei respektvoll vor der japanischen Kultur verneigt. Einfühlsam erzählt er über die Beziehung eines Teenagers zu seinen Eltern auch von der Notwendigkeit und Möglichkeit der Vergebung sowie der Kraft der Erinnerung.
- Sehenswert ab 10.
Kubo - Der tapfere Samurai
Abenteuer | USA 2016 | 102 Minuten
Regie: Travis Knight
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Filmdaten
- Originaltitel
- KUBO AND THE TWO STRINGS
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2016
- Produktionsfirma
- Laika Ent.
- Regie
- Travis Knight
- Buch
- Marc Haimes · Chris Butler
- Kamera
- Frank Passingham
- Musik
- Dario Marianelli
- Schnitt
- Christopher Murrie
- Länge
- 102 Minuten
- Kinostart
- 27.10.2016
- Fsk
- ab 6; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 10.
- Genre
- Abenteuer | Animation
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Die Extras umfassen u.a. eine Einführung und ein Nachwort des Regisseur Travis Knight (1 Min. & 2 Min.). Die BD Editionen enthalten zudem einen dt. untertitelbaren Audiokommentar des Regisseurs.
Mitreißender Abenteuer-Animationsfilm
Diskussion
Schon in „Coraline“ (fd 39 420) spielten die Augen eine besondere Rolle. Hier traf die zehnjährige Titelheldin in einer Wunschwelt auf eine wahnwitzig perfekte Mutter mit nur einem Makel: Dort, wo eigentlich Augen sein sollten, befanden sich leblose Knöpfe. Um in dieser Traumwelt bleiben zu dürfen, sollte auch Coraline ihre Augen opfern. Kubo, Held des mittlerweile vierten Animationsfilms aus dem US-amerikanischen Studio Laika, das sich vor allem der Stop-Motion-Technik verschrieben hat, ist dagegen schon von Anfang an gezeichnet: Seine linke Gesichtshälfte wird von einer Haarschippe verdeckt, unter der sich eine Augenbinde befindet. Sein linkes Auge wurde ihm genommen – von seinem Großvater, dem Mondkönig, und dessen Zwillingstöchtern.
Seit jenem tragischen Vorfall verfällt Kubos Mutter oft in einen geradezu katatonischen Zustand und hat in ihren wachen Momenten große Angst um ihren Sohn. Auf keinen Fall dürfe er nach Einbruch der Dämmerung noch draußen sein, weil man ihm auch nach dem zweiten Auge trachte. Kubo aber hält sich nicht an diese Anweisung. Als er beim traditionellen Obon-Fest sehnsüchtig darauf wartet, von seinem verstorbenen Vater Hanzo ein Zeichen zu bekommen, vergisst er die Zeit. Und schon heften sich die bösartigen Tanten in der heraufziehenden Dämmerung an seine Fersen. Mit letzter Kraft entfesselt Kubos Mutter einen magischen Sturm, der ihren Sohn rettet, und trägt ihm auf, die Rüstung seines Vaters zu suchen, die ihn schützen soll.
Im Grunde folgt „Kubo – De tapfere Samurai“ über weite Strecken einer recht einfachen Dramaturgie, die an Computerspiele erinnert: Finde das Schwert (das sich im Kopf eines riesigen lebendigen Skeletts befindet), finde die Rüstung, finde den Helm! Und doch weiß Travis Knight, Laika-Geschäftsführer, Animator und Regiedebütant von „Kubo“, diese geradlinige Erzählweise geschickt zu kaschieren. Die prächtigen Schauwerte überspielen das Bekannte. Sensibel zitiert das Fantasy-Road-Movie visuell und akustisch Einflüsse der japanischen Kultur und verweist auf Künstler wie Hokusai oder Filmemacher wie Kurosawa, nimmt sich dabei aber ebenso viele Freiheiten wie Miyazaki, wenn dieser auf Europa Bezug nimmt. Zudem beschränkt sich Knight keineswegs nur auf eine Hommage. Das Authentische und das Fiktive gehen Hand in Hand, ebenso wie die Grenzen zwischen traditionellem Stopptrick und moderner CGI-Animation ineinanderfließen und mit bloßem Auge nicht mehr erkennbar sind. Dem haptischen Charme des Handgemachten stellt der Film die Freiheiten des Digitalen gegenüber. Kantig sind indes die Figuren, ungewöhnlich und nicht notwendig schön. Die Gesichtszüge von Kubos Mutter erinnern an eine Kabuki-Maske, ein in ein menschengroßes Insekt verwandelter Samurai wird zum Vater-, ein sprechender Affe zum Mutter-Ersatz. Und doch ist es gerade dieser Mut der Darstellung, durch den sich „Kubo“ auszeichnet und von den oftmals süßlichen Figurendesigns anderer Animationsfilme abhebt.
Von einem jungen Kinopublikum fordert „Kubo“ eine Menge, konfrontiert es mit augenraubenden Verwandten, dem Tod sympathischer Figuren, riesigen kämpfenden Skeletten und dunklen Unterwasserwelten. Dabei ist er mehr an differenzierten Gefühlen als an einem klassischen Happy End interessiert. Wie bei „ParaNorman“ (fd 41 209), der an der Oberfläche von einer animierten Zombie-Invasion erzählt, wird auch bei „Kubo“ die emotionale Tiefe der Geschichte auf wunderbare Weise zur Geltung gebracht. Das epische Abenteuer wird auf die Liebe eines Kindes zu seinen Eltern zurückgeführt und die Möglichkeit der Vergebung aufgezeigt. Das Sehen und die Wahrhaftigkeit sind eng verbunden. Wer jedoch blind ist, der verschließt sich vor dem Mitgefühl und vor der Schönheit des Lebens. „Wenn du blinzeln musst, tu es jetzt“, heißt es deshalb programmatisch, noch bevor der ebenso phänomenal animierte wie berührende Film die Tür zu seiner fantastischen Welt öffnet.
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