Drama | Deutschland 2016 | 99 Minuten

Regie: Piotr J. Lewandowski

Ein 23-jähriger Halbwaise pflegt seinen schwerkranken Vater und hält mit Hilfe seiner Tante den Bauernhof im Schwarzwald am Leben. In sein freudloses Dasein kommt Bewegung, als eine junge Helferin die erstarrten Verhältnisse durcheinanderwirbelt und auch noch ein Jugendfreund seines Vaters auftaucht, der an verdrängte Familiengeheimnisse rührt und die schwierige Vater-Sohn-Beziehung einer Zerreißprobe unterwirft. Das einfühlsame Spielfilmdebüt trumpft mit einem ambitionierten Stilwillen auf, dessen überwältigende Bildebene aber nicht so recht zur geballten Ladung an deprimierenden Schicksalsschlägen passen will. Die parallel erzählte Geschichte über ein verspätetes Erwachsenwerden büßt in Konkurrenz zum Sterbemotiv ebenfalls an Kontur ein. - Ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2016
Produktionsfirma
Kordes & Kordes Film/SWR/hr/WDR
Regie
Piotr J. Lewandowski
Buch
Piotr J. Lewandowski
Kamera
Jeremy Rouse
Musik
Lenny Mockridge
Schnitt
Dan Olteanu
Darsteller
Jannis Niewöhner (Jonathan) · André M. Hennicke (Burghardt) · Julia Koschitz (Anka) · Thomas Sarbacher (Ron) · Barbara Auer (Martha)
Länge
99 Minuten
Kinostart
06.10.2016
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
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Bildgewaltiges Seelendrama auf einem Bauernhof im Schwarzwald

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Der 23-jährige Jonathan kann von einer unbeschwerten Kindheit nur träumen. Erst stirbt die Mutter viel zu früh, dann erkrankt der Vater an Hautkrebs. Obwohl ihm eine mit dem Vater zerstrittene Tante seit Jahren beisteht, ist er doch ungefragt in die Elternrolle hineingeglitten und hat seine eigenen Bedürfnisse zurückgestellt. Das Abitur hat er trotzdem geschafft, dann aber aufs Studium verzichtet. Wenn er auf dem Bauernhof seiner Familie im Schwarzwald nicht gerade die Tiere versorgt, pflegt er den wortkargen, abweisenden Vater, der immer weniger Bereitschaft zeigt, die mit vielen Nebenwirkungen belasteten Medikamente zu nehmen. Eine unkomplizierte Pflegerin, die den sich verschlechternden Zustand lindern soll, löst mit ihrem erfrischenden Umschiffen von Tabuzonen zunächst die Spannungen. Vor allem Jonathan fühlt sich zu ihr hingezogen und entdeckt, dass es noch mehr in seinem Leben geben könnte außer Geheimnissen, Streit und Tod. Als dann auch noch ein Fremder auftaucht und sich als Ex-Geliebter des offenbar bisexuellen Vaters offenbart, kommt der irritierte Sohn nach anfänglicher Eifersucht nicht umhin, sich klarzumachen, dass er nun seine eigene Zukunft planen sollte, zumal er auch herausfindet, dass hinter dem vermeintlichen Unfalltod der Mutter ein viel schwerwiegenderes Drama steckt. Der 1975 in Warschau geborene Regisseur Pjotr J. Lewandowski nutzt den zurückhaltend erzählten Vater-Sohn-Konflikt, um in sepiafarbenen Bildern zu schwelgen, den athletischen Jonathan-Darsteller Jannis Niewöhner in verzweifelt-wütenden Posen eines James Dean zu inszenieren und auf den Spuren von Krzysztof Kieslowski das weltentrückte Treiben von Insekten in Großaufnahme zu verfolgen. Die überwältigende Bildebene will allerdings nicht so recht mit der geballten Ladung an deprimierenden Schicksalsschlägen harmonieren. Dass André Hennicke in der Rolle eines an seiner Liebe zu einem Mann gehinderten Bauern wegen seiner Physiognomie und Sprechweise schlicht fehlbesetzt ist, stört die Chemie innerhalb des Ensembles beträchtlich. Hinzu kommt, dass die parallele Coming-of-Age-Geschichte in Konkurrenz zu dem Sterbemotiv keine über bekannte Muster hinausweisende Kontur entwickelt. Das mitunter zwar durchaus einfühlsame Debüt verfügt über mutige Ansätze und trumpft mit einem ambitionierten Stilwillen auf, entfernt sich dabei aber zu sehr von den Nöten seiner Figuren und hat zwischen Andreas Dresens „Halt auf freier Strecke“ (fd 40 750), François Ozons „Die Zeit die bleibt“ (fd 37 575) oder Patrice Chéreaus „Sein Bruder“ (fd 35 941) keine eigene Sicht auf die Zerbrechlichkeit der menschlichen Existenz zu bieten.

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